Abrechnung 28.02.2011
PZR im Fokus – Was, wieviel, wofür?
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Wer schön sein will, muss leiden!? Ein Sprichwort, das vielleicht auch in der Zahnarztpraxis gelegentlich durch die Köpfe der Patienten schwirrt, denn: Prophylaxemaßnahmen wie die professionelle Zahnreinigung müssen immer häufiger als IGel-Leistung aus der eigenen Tasche getragen werden. Bleibt nur die Frage nach der genauen Abrechnung.
„Die Sprechstundenhilfe hat die Zähne gereinigt und jetzt soll ich den 2,3-fachen Satz bezahlen?“ So oder ähnlich klingen Patientenanfragen, wenn ihnen der Preis für die professionelle Zahnreinigung zu hoch erscheint. Inhaltlich verbergen sich drei Problemkreise hinter solchen Anfragen.
Darf die Mitarbeiterin die professionelle Zahnreinigung selbstständig durchführen?
Die Frage der Delegation ist relativ eindeutig im § 1 des Zahnheilkundegesetzes geregelt: „(5) Approbierte Zahnärzte können insbesondere folgende Tätigkeiten an dafür qualifiziertes Prophylaxepersonal mit abgeschlossener Ausbildung, wie zahnmedizinische Fachhelferin, weitergebildete Zahnarzthelferin, Prophylaxehelferin oder Dentalhygienikerin, delegieren: Herstellung von Röntgenaufnahmen, Entfernung von weichen und harten sowie klinisch erreichbaren subgingivalen Belägen, Füllungspolituren, Legen und Entfernen provisorischer Verschlüsse, Herstellung provisorischer Kronen und Brücken, Herstellung von Situationsabdrücken, Trockenlegen des Arbeitsfeldes relativ und absolut, Erklärung der Ursache von Karies und Parodontopathien, Hinweise zu zahngesunder Ernährung, Hinweise zu häuslichen Fluoridierungsmaßnahmen, Motivation zu zweckmäßiger Mundhygiene, Demonstration und praktische Übungen zur Mundhygiene, Remotivation, Einfärben der Zähne, Erstellen von Plaque-Indizes, Erstellung von Blutungs-Indizes, Kariesrisikobestimmung, lokale Fluoridierung zum Beispiel mit Lack oder Gel, Versiegelung von kariesfreien Fissuren.
(6) In der Kieferorthopädie können insbesondere folgende Tätigkeiten an zahnmedizinische Fachhelferinnen, weitergebildete Zahnarzthelferinnen oder Dentalhygienikerinnen delegiert werden: Ausligieren von Bögen, Einligieren von Bögen im ausgeformten Zahnbogen, Auswahl und Anprobe von Bändern an Patienten, Entfernen von Kunststoffresten und Zahnpolitur auch mit rotierenden Instrumenten nach Bracketentfernung durch den Zahnarzt.“
Die im ZHKG aufgeführten Leistungen dürfen nur von einem approbierten Zahnarzt an die Mitarbeiterin delegiert werden, also nicht selbstständig von nicht zahnärztlich approbierten Personen erbracht werden. Dabei ist ein objektiver Qualifikationsnachweis Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Delegation. Grundsätzlich sind nur solche Leistungen an Hilfspersonen delegationsfähig, die nicht von vornherein wegen ihrer Schwierigkeit oder Gefährlichkeit besonderes zahnärztliches Fachwissen voraussetzen. Erforderlich für die ordnungsgemäße Delegation ist zunächst die Aufsicht und fachliche Weisung durch den Zahnarzt. Darüber hinaus muss der Zahnarzt die Ausführung der Leistung durch die Hilfsperson überwachen. Dabei ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass der Zahnarzt die Erbringung der Leistung durch die Mitarbeiterin ständig beobachtet. Damit wäre der Sinn der Delegation ja auch ad absurdum geführt, denn eine Entlastung des Zahnarztes wäre damit nicht mehr gegeben. Bei routinemäßigen Leistungen, die für den Patienten mit keinerlei Gefahren verbunden sind, können daher Stichproben des Zahnarztes ausreichen. Aus der Begründung zum Entwurf des ZHKG (BT Drucks. 12/3608) wird zur Delegation angeführt, dass es unter fachlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht erforderlich sei, alle Leistungen an Patienten nur von approbierten Zahnärzten durchführen zu lassen. Dazu bestehe auch keine rechtliche Notwendigkeit, solange die Tätigkeit nichtapprobierten Personals vom Zahnarzt kontrolliert werde, wobei allerdings die ständige Anwesenheit des Zahnarztes beim Patienten nicht erforderlich sei. Für die Auswahl und die Aufsicht des infrage kommenden Personals sei der Zahnarzt verantwortlich. Nach Auffassung der KZBV zur Delegation der Zahnsteinentfernung muss der Zahnarzt zunächst höchstpersönlich die Indikationsstellung vornehmen, die Leistung konkret anordnen und die entsprechende Hilfsperson hinsichtlich ihrer fachlichen Qualifikation eigenverantwortlich auswählen. Zudem muss er, z.B. durch seine Anwesenheit in der Praxis während der Leistungserbringung, sicherstellen, dass die Leistung lege artis erbracht wird. Das Leistungsergebnis hat er wiederum höchstpersönlich zu überprüfen.
Die Haftung für die fachgemäße Erbringung delegierter Leistungen bleibt in jedem Fall beim Zahnarzt.
Steht für delegierte Leistungen der gesamte Gebührenrahmen (1,0 bis 3,5) zur Verfügung?
Um diese Frage zu beantworten, genügt ein Hinweis auf den § 4 Abs. 2 GOZ. Hier heißt es: „(2) Der Zahnarzt kann Gebühren nur für selbstständige zahnärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen).“ Ordnungsgemäß delegierte Leistungen sind damit als zahnärztliche Leistungen anzusehen. Damit steht auch für delegierte Leistungen der gesamte Gebührenrahmen zur Verfügung, d.h. von Faktor 1,0 bis Faktor 3,5 wird auch bei delegierten Leistungen jede erbrachte Leistung nach Zeitaufwand, Schwierigkeit, Umständen bei der Ausführung oder Schwierigkeit des Krankheitsfalles bemessen. Anders als in der Gebührenordnung für Ärzte enthält die GOZ keine Leistungen, die nur innerhalb eines kleinen oder reduzierten Gebührenrahmens berechnet werden können.
Wie kann die professionelle Zahnreinigung berechnet werden?
Zunächst einmal ist festzuhalten, welche Leistungsinhalte bei der professionellen Zahnreinigung erbracht werden. Das sind:
– Erhebung der Indizes ABI, SBI, PBI o. Ä.
– Feststellung des PSI-Codes
– Supragingivale Entfernung von harten Zahnbelägen
– Entfernung klinisch sichtbarer subgingivaler Konkremente
– Supra- und subgingivale Entfernung weicher Zahnbeläge
– Beseitigung exogener Zahnverfärbungen mittels Pulverstrahlgerät
– Politur sämtlicher Zahnoberflächen
– Fluoridierung
– Zungengrundreinigung
– Motivierung des Patienten, Unterweisung in Mundhygiene.
Die Berechnung der professionellen Zahnreinigung ist weder in der GOZ noch in der GOÄ geregelt. Es bieten sich hierfür, auch nach Auffassung der Bundeszahnärztekammer, unterschiedliche Berechnungswege an:
1. Berechnung der Pos. 100, 102 sowie 405 GOZ mit erhöhtem Steigerungsfaktor
2. Berechnung der Pos. 100, 405 für die supragingivale Reinigung, 407 für die Entfernung klinisch erreichbarer subgingivaler Konkremente sowie 102 für die Fluoridierung. Bei dieser Berechnung ist nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Pos. 407 GOZ für die subgingivalen Bereiche nicht von allen Zahnärztekammern unterstützt wird, da die Pos. 407 GOZ eine parodontal-chirurgische Maßnahme beschreibt. Wenn sie zum Ansatz kommen soll, ist hier die Gebühr deutlich unter 2,3 zu bemessen. Die Zähne, an denen subgingival gearbeitet wurde, sind einzeln aufzuführen. Einige Beihilfestellen, z.B. in Nordrhein-Westfalen, erstatten mittlerweile bei der professionellen Zahnreinigung die Pos. 407 GOZ zum Faktor 1,0.
3. Die BZÄK schlägt ebenfalls vor, die professionelle Zahnreinigung analog gemäß § 6 Abs. 2 zu berechnen. Die analoge Berechnung (z.B. nach Pos. 404 GOZ) wird durch die folgenden Gerichtsentscheidungen unterstützt: AG Flensburg vom 16.03.2001, Az. 66 C 164/00, AG Hamburg vom 29.06.00, Az. 20b C 22091/96, AG Jever vom 15.04.99, Az. 5 C 347/98 sowie AG Düsseldorf vom 30.08.94, Az. 39 C 3693/94.
4. Schließlich bleibt als vierte Variante die Berechnung im Sinne des § 2 Abs. 3 GOZ (Leistung auf Verlangen des Patienten, die weder in der GOZ noch in der GOÄ beschrieben ist und über das Maß des medizinisch Notwendigen hinausgeht). Hier muss vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Beschrieben wird die Leistung und der Preis wird genannt – keine Gebührenposition. Auf diese Weise kann für die PZR ein fester Preis mit dem Patienten vereinbart werden, z.B. je Sitzung, je Zahn oder je Zeiteinheit. Wichtig ist dabei jedoch zu wissen, dass für Verlangensleistungen nach § 2 Abs. 3 keine Erstattung gewährt wird, auch nicht beim privat versicherten Patienten.
Alle hier genannten Gebührenpositionen sind delegierbare Leistungen. Mit Vorsicht zu genießen ist die manchmal ausgesprochene Empfehlung, die Pos. 619 GOZ (Beratendes und belehrendes Gespräch mit Anweisungen zur Beseitigung schädlicher Gewohnheiten und Dysfunktionen) zu berechnen, wenn der Leistungsinhalt der Pos. 100 GOZ (Mindestdauer 25 Minuten) nicht erfüllt wird. Zwar kann diese Leistung durchaus auch in anderen Bereichen als der Kieferorthopädie (z.B. auch im Bereich der Prophylaxe) berechnet werden, wenn der Leistungsinhalt erfüllt wird. Es handelt sich dabei jedoch um eine nicht delegierbare Leistung, die vom Zahnarzt zu erbringen ist.
Nach allem fällt die Antwort auf die Frage des Patienten dann wohl wie folgt aus: Bei der Sprechstundenhilfe handelt es sich um eine Fachkraft mit einer qualifizierten Ausbildung. Die von ihr erbrachte professionelle Zahnreinigung war Bestandteil ihrer Ausbildung und durfte vom Zahnarzt an sie delegiert werden. Da eine ordnungsgemäße Delegation stattgefunden hat, ist die PZR als zahnärztliche Leistung anzusehen und daher auch wie jede andere zahnärztliche Leistung im Gebührenrahmen zwischen dem 1-fachen und 3,5-fachen Steigerungsfaktor berechnungsfähig.
Autorin: Christine Baumeister