Labormanagement 01.03.2023

Dentallabor: Nachfolgersuche nicht um jeden Preis



Dentallabor: Nachfolgersuche nicht um jeden Preis

Foto: © ZTM Udo Heymanns

Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger ist keine leichte Aufgabe – vor allem dann, wenn man das eigene Labor und den Job mit Leidenschaft macht. So ging es auch dem ZTM Udo Heymanns aus Krefeld. Das Labor war sein Baby, deshalb war es ihm wichtig, dieses auch in gute Hände zu übergeben. Im Interview spricht Heymanns über seinen Weg in die Selbstständigkeit sowie seine lange und am Ende erfolgreiche Suche nach einem Nachfolger.

Herr Heymanns, Sie waren knapp 37 Jahre selbstständig. Wie kam es damals zu Ihrer Selbstständigkeit?

Geplant war diese ehrlich gesagt überhaupt nicht, es war damals mehr eine Notlösung. Mein Vater, seit 1956 selbstständiger ZTM, verstarb 1985 ziemlich plötzlich, was meine eigentlichen Zukunftspläne pulverisierte. Ich war damals mitten in der Meisterschule und habe dann ganz pragmatisch zusammen mit meiner Schwester entschieden, dass es ja irgendwie weitergehen muss. Aber es war ein wirklicher Kampf: Das angeschlagene Labor konnten wir nicht mehr retten, aber zusammen mit dem ehemaligen Betriebsleiter meines Vaters Ernst Märtens sowie unserem langjährigen Kunden Dr. Gerd Steiner gründeten meine Schwester und ich die Heymanns und Märtens Dental GmbH. Daraus entwickelte sich 1998 das Labor MUNDWERK, in welchem ich bis Mai 2022 Geschäftsführer war und das ich nach langer Nachfolgersuche schlussendlich an Tim Schwingenheuer abgegeben habe.

Viele Laborbesitzer finden nur schwer einen Nachfolger. Hatten Sie auch mit diesem Problem zu kämpfen?

Ich würde es mal so sagen: Einen x-beliebigen Nachfolger zu finden, ist wahrscheinlich nicht die schwerste Aufgabe. Aber jemanden zu finden, bei dem die Chemie stimmt, sich die Einstellung zum Beruf ähnelt oder vielleicht sogar die Bereitschaft da ist, die Philosophie des Labors weiterzuführen, ist eine ganz andere Aufgabe. Als Mensch, der mit Herz und Bauch entscheidet und dem Emotionen wichtig sind, war mir klar, dass eine erfolgreiche Übergabe – bei der Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen behutsam mitgenommen werden – ein Prozess ist, der nicht von heute auf morgen funktionieren kann. Man sollte eine gemeinsame Ebene finden. Ich denke, dass uns das Gott sei Dank gut gelungen ist.

Mit Tim Schwingenheuer gelang Ihnen scheinbar ein wahrer Glücksgriff. Wie lief denn der Prozess der Nachfolgersuche konkret ab?

Jeder Selbstständige sieht sich irgendwann mit dem Thema Nachfolge konfrontiert. Mein Labor war irgendwie schon immer mein Baby, deshalb war es mir wichtig, es zum Ende meiner beruflichen Laufbahn in die richtigen Hände zu übergeben und nicht einfach nur abschließen zu müssen – schließlich hängen an einer solchen Entscheidung auch immer die Existenzen der Mitarbeiter und der Fortbestand langjähriger Geschäftsbeziehungen. Setzt man sich mit dieser Frage auseinander, gibt es verschiedene Möglichkeiten: familiäre Nachfolge, laborinterne Übernahme, ein Investor oder auch ein externer ZTM, der sich selbstständig machen möchte oder sein Geschäft erweitern will. Auch wenn eines meiner Kinder – mein Sohn Bastian als Zahntechnikermeister  – in der Dentalindustrie arbeitet, kam für ihn eine Selbstständigkeit von Anfang an nicht infrage. Und auch die Rekrutierung aus den eigenen Reihen, die am Anfang Erfolg versprechend schien, sollte leider erfolglos bleiben. Für den einen war eine Selbstständigkeit nichts und bei einem anderen potenziellen Kandidaten kamen unseren Plänen private Veränderungen in die Quere. Ich hatte zwar auch das Angebot eines Investors, aber ich wollte und konnte mein Labor nicht an jemanden abgeben, für den ausschließlich Zahlen wichtig sind. Um mehr über mögliche Alternativen zu erfahren, besuchte ich einige Veranstaltungen von Handwerkskammer und Innung und landete schlussendlich bei Michael Knittel von der Zahntechniker-Innung Düsseldorf. Über die Laborbörse – ein Art Speeddating für Laborinhaber – wurde mir ein möglicher Kandidat vorgeschlagen. Dieser Jemand war dann Tim Schwingenheuer, Laborinhaber aus Kleve. Innerhalb einer Woche hatten wir bereits mehrfach telefoniert, und auch sein erster Besuch in Krefeld dauerte nicht lange. Damit haben wir den Grundstein unserer Geschäftsbeziehung gelegt und auch der einer guten Freundschaft.

Nachdem Sie nun einen Nachfolger gefunden hatten, folgte die Vorbereitung einer erfolgreichen Laborüber gabe. Wie sind Sie diese angegangen?

Tim war bereits lange vor unserem Kennenlernen Geschäftsführer in seinem Labor Ergolab und suchte nach einem weiteren Standort auf der Niederrhein-Achse, um logistisch günstiger aufgestellt zu sein. Wichtig waren uns deshalb vor allem die Synergieeffekte: Wir wollten sehen, ob beide Labore und die Art und Weise der Laborführung zusammenpassen. Unserer Meinung nach hätte es – gerade auch für die Mitarbeiter und Kunden – wenig Sinn gehabt, ein funktionierendes Konzept komplett einzustampfen. Wir haben uns deshalb bewusst dafür entschieden, ein Jahr als eine Art Laborgemeinschaft zusammenzuarbeiten und in dieser Zeit Schritt für Schritt ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, bevor wir dann den Verkauf und damit auch die Übergabe vorbereitet haben. Zur Firmenbewertung und Vorbereitung des Kaufvertrages haben wir uns die Unterstützung des Düsseldorfer Unternehmensberaters Tobias Polka geholt, den ich eher durch Zufall in einem Krefelder Stadtmagazin entdeckt habe. Auch hier stimmte die Chemie vom ersten Moment an und wir haben in entspannter Dreierkonstellation die Übergabe vorbereitet. Tim und ich waren uns dann sehr schnell einig und haben den Vertrag per Handschlag besiegelt. Schlussendlich habe ich das Labor zum 31.12.2019 abgegeben, war aber bis zum 31.05.2022 noch als Geschäftsführer involviert. So konnte ich mich zweieinhalb Jahre Schritt für Schritt zurückziehen und den neuen Geschäftsführer Arne Jacob mit einer erweiterten Führungscrew einarbeiten. Für mich war am Ende so der Ausstieg leichter, und auch den Mitarbeitenden und Kunden konnten wir so einen fließenden Übergang ermöglichen.

Haben Sie vielleicht auch noch Kontakt zum jetzigen Besitzer? Stehen Sie im Austausch?

Aber klar. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis und tauschen uns regelmäßig aus. Trotzdem habe ich mir nach meinem Ausscheiden im Mai 2022 eine Auszeit genommen und bin für einen Monat nach Holland gefahren. Ich wollte bewusst Abstand gewinnen, um in meinem neuen Alltag anzukommen. Natürlich war es gerade am Anfang komisch, nicht regelmäßig Nachrichten aus dem Labor zu bekommen – aber genau darum hatte ich ja auch gebeten. Ich habe es aber nie bereut, das Labor abgegeben zu haben, bin gerne im Ruhestand und genieße die Dinge, für die ich vor Jahren nur wenig Zeit erübrigen konnte. Trotzdem ist es anders, denn gerade die Arbeit im Labor hat einen großen Teil meiner täglichen sozialen Kontakte ausgemacht. Da muss man sich erst mal dran gewöhnen. Ich bin aber weiterhin an beiden Standorten in beratender Funktion tätig. Dabei geht es in erster Linie um Teambuilding, Motivation und Coaching. Als ehemaliger Mannschaftssportler macht es mir großen Spaß, mich auf dieser Ebene mit den Mitarbeitern auszutauschen. Aber das ist alles nichts Verpflichtendes. Sollte ich irgendwann keine Lust mehr haben, kann ich mich jederzeit zurückziehen. Tim Schwingenheuer hat mittlerweile die Standorte in Kleve und Krefeld zur MUNDWERK-Dentalgruppe zusammengefasst – das ehrt mich natürlich und ist auch eine deutliche Wertschätzung unserer Zusammenarbeit.

Welche Tipps können Sie Laborinhabern geben, die auch zeitnah die Abgabe ihres Labors anstreben?

Am wichtigsten ist, dass man sich mit dem Thema Nachfolge frühzeitig auseinandersetzen sollte. Das Finden eines geeigneten Nachfolgers funktioniert in der Regel nicht von heute auf morgen und ist ein Prozess, der sich Monate oder auch Jahre hinziehen kann. Ich denke, man sollte sich spätestens mit Mitte 50 Gedanken machen, wo die Reise hingehen soll. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich auch Angebote und Veranstaltungen der Handwerkskammer und der Innungen empfehlen. Verlieren kann man dabei auf jeden Fall nichts – wenn man vielleicht nicht direkt einen Nachfolger findet, kann beispielsweise auch der Austausch mit anderen „Betroffenen“ ein Gewinn sein. So wird man vielleicht auf bestimmte Stellschrauben aufmerksam, die den Prozess vorantreiben können. Hat man dann einen passenden Nachfolger gefunden, sollte man die Dauer der Vertragsverhandlungen und der Übergabe nicht unterschätzen – das braucht einfach seine Zeit. Vom ersten Kontakt bis zum schlussendlichen Verkauf dauerte es bei uns beispielsweise knapp zweieinhalb Jahre. Problematisch kann sein, dass viele Betriebe, die auf das Karriereende der Inhaber zugehen, salopp gesagt, ziemlich abgerockt sind. Oft wurde jahrelang nicht mehr in das Labor investiert, Kunden und Mitarbeiterstruktur stimmen nicht mehr, was schnell dazu führen kann, dass Realität und Wunschvorstellung bei der Kaufpreisgestaltung einfach nicht übereinstimmen können. Ich glaube, dass es wesentlich leichter ist, einen passenden Nachfolger zu finden, wenn das Labor in allen Bereichen noch gut aufgestellt ist, also jung, frisch und aktuell gehalten wird.

Dieser Beitrag ist in der ZWL Zahnarzt Wirtschaft Labor erschienen.

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