Personalmanagement 04.07.2016
Beurteilung von Mitarbeitern – überflüssig oder wirklich sinnvoll?
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In der Reihe „Nachhaltige Mitarbeiterführung“ gibt die Autorin Gudrun Mentel Tipps für eine effiziente und erfolgreiche Führung von Personal in einer Zahnarztpraxis. Im folgenden Artikel stellt sie das Beurteilungssystem als zentrales Feedbackinstrument vor und zeigt auf, dass strukturierte und regelmäßige Mitarbeitergespräche unmittelbar den Praxiserfolg beeinflussen.
Eigentlich ist es so wie letztes Jahr: das jährliche Beurteilungsgespräch mit einem Mitarbeiter steht an und man hat gerade nicht die Zeit dafür. Zugegeben, man weiß auch nicht so genau, was man ansprechen soll. Es läuft ja alles ganz gut. Obwohl, da waren ein paar Schnitzer in den letzten Wochen. Man hat aber dem Mitarbeiter sofort und unmissverständlich deutlich gemacht, dass man das in dieser Praxis nicht wünscht. Viel erwidert hat er dann nicht mehr. Eigentlich ist damit doch alles gesagt. Wozu also ein Beurteilungsgespräch? Mitarbeiter benötigen regelmäßig Feedback zu ihrer Leistung, ihrem Verhal ten und ihrem Potenzial, um sich im Sinne der Zahnarztpraxis zu verhalten und weiter zu entwickeln. Erfolgt diese Rückmeldung nach vorher festgelegten Kriterien, so spricht man von einer Beurteilung. Damit kann der Praxisinhaber überprüfen, ob der Mitarbeiter den Anforderungen, die Arbeitsplatz und Praxis an ihn stellen, entspricht und ihm hierzu ein konkretes und wertschätzendes Feedback geben. Für den Beurteilten selbst kann diese Rückmeldung Anlass zur Motivation und Leistungssteigerung sein. Beurteilungen können zu bestimmten Anlässen (z.B. innerhalb und zum Ende der Probezeit; der Beurteilung von Auszubildenden; nach der Rückkehr aus einer Arbeitsunfähigkeit oder vor dem Ausstellen von Zeugnissen) erfolgen. Sinnvoll sind regelmäßige Beurteilungen (z.B. jährlich oder halbjährlich). Worauf kommt es bei Beurteilungen an? Wie kann ein Praxisinhaber dieses Instrument der Mitarbeiterführung optimal gestalten?
Feedback auf zurückliegende Leistungsperiode
Der Mitarbeiter erhält ein umfassendes Feedback über all jene Leistungen, die er innerhalb des Bewertungszeitraumes erbracht hat. Im Gegensatz zu anlassbezogenen Feedbackgesprächen im Alltag steht hier nicht ein einzelnes Ereignis im Fokus des Gesprächs, sondern es wird gemeinsam ein langer Zeitraum betrachtet. Im Fokus stehen also Verhaltenstendenzen. Es ist daher sinnvoll, sich als Praxisinhaber nicht nur die letzten Wochen in Erinnerung zu rufen, sondern sich in regelmäßigen Abständen Notizen zu besonderen Ereignissen zu machen und diese im Beurteilungsgespräch mit dem Mitarbeiter zu besprechen.
Wissen befähigt
Eine Mitarbeiterbeurteilung kann bei demjenigen, der seine Leistung steigern soll, nur dann erfolgreich sein, wenn dieser genau weiß, welches Verhalten von ihm erwartet wird: je konkreter dies beschrieben wird, desto eher kann er dies im Praxisalltag umsetzen. Daher sollten in einem Beurteilungssystem die einzelnen Kompetenzen, die der Praxisinhaber wünscht, möglichst exakt formuliert werden. So kann z.B. die Konfliktfähigkeit konkret beschrieben werden in Formulierungen wie: „weicht Konflikten aus – spricht Konflikte offen an – moderiert Konflikte“. Im gemeinsamen Gespräch können die Sichtweisen beider ausgetauscht werden.
Grundlage für bedarfsgerechte Fortbildungen
Fehlen dem Mitarbeiter nun konkrete Kompetenzen, um z.B. Konflikte zu moderieren und ist dies für diese Stelle von großer Bedeutung, so kann anschließend über eine entsprechende Fortbildungsmaßnahme gesprochen werden. Dies steht dann im konkreten Zusammenhang mit dem (gewünschten) Verhalten des Mitarbeiters, dient den Praxiszielen und motiviert daher den entsprechenden Mitarbeiter.
Faire Beurteilung
aller Mitarbeiter
Strukturierte Beurteilungskonzepte haben den großen Vorteil, dass sie dem Praxisinhaber die Möglichkeit geben, alle Mitarbeiter nach den gleichen
Maßstäben zu beurteilen. Auf diese Weise kann er allen Teammitgliedern
die gleichen Erwartungen transportieren und die Leistungen aller Mitarbeiter miteinander vergleichen.
Mitarbeiter zur eigenen Reflexion anregen
Im Vorfeld des Beurteilungsgesprächs erhält der Mitarbeiter den Beurteilungsbogen mit der Bitte, diesen auszufüllen und sich entsprechend auf das Gespräch vorzubereiten. Im Fokus stehen dabei sinnvollerweise konkrete Kompetenzfelder (wie oben beschrieben) und weitere Einschätzungen zum bisherigen und zukünftigen Verhalten. Indem der Praxisinhaber diesen Bogen ebenfalls ausfüllt und beide im Anschluss über ihre Einschätzungen sprechen, wird der Mitarbeiter dazu veranlasst, sich mit dem Selbstbild und dem Bild, welches sein Praxis inhaber von ihm hat (= Fremdbild) auseinanderzusetzen.
Persönliche Kommunikation zählt
Oft ist es der stressige Praxisalltag, der ein längeres Gespräch über Be findlichkeiten, Erwartungen oder Persönliches im Leben des Mitarbeiters nicht zulässt. In einem solchen Rahmen kann man sich jedoch auch darüber austauschen und den gegenwärtigen Motivationsgrad erfragen. Von den Mitarbeitern selbst wird dies oft als Wertschätzung erlebt und für den Praxis inhaber sind solche Gesprächsinhalte ein wertvoller Seismograf für die Stimmung bei einzelnen Mitarbeitern oder im ganzen Team. Frühzeitig kann damit Spannungen, Konflikten oder gar Fluktuationen vorgebeugt werden.
Innovationen und Bindung steigern
Mitarbeitergespräche sind nur dann für beide Seiten sinnstiftend und effizient, wenn sie beide Sichtweisen – die des Mitarbeiters und die der Praxis – berücksichtigen. Es ist daher sinn voll, die Erwartungen der Praxis deutlich zu kommunizieren und mit den Bedürfnissen und Möglichkeiten des Mitarbeiters in Einklang zu bringen. Von großer Bedeutung kann es hierbei sein, den Mitarbeiter aktiv um Vorschläge und Anregungen zu bitten. Dies steigert dessen Innovationsfähigkeit und erleichtert eine spätere Delegation der entsprechenden Aufgaben.
Fazit
Beurteilungsgespräche, die strukturiert und regelmäßig durchgeführt werden, können entscheidend zum Praxis erfolg beitragen. Mitarbeiter werden damit gleichermaßen gefordert und gefördert. Mit derart klarem und wertschätzendem Feedback können deren Motivation und Engagement deutlich gesteigert werden.