Praxismanagement 05.09.2013

Aligner richtig abrechnen



Aligner richtig abrechnen

Foto: © Heike Herrmann

Die Behandlung mit Alignern erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit, sodass ich Ihnen im folgenden Beitrag verschiedene Abrechnungsmöglichkeiten aufweisen möchte.

In der ersten Sitzung wird anhand der klinischen Untersuchung ei­ne medizinische Notwendigkeit zur kieferorthopädischen Behandlung festgestellt. Bei einem Privatpatienten können hier selbstverständlich folgende Leistungen anfallen (Tabelle 1).


Tabelle 1.

Bevor es losgeht…

Der Patient ist grundsätzlich gewillt, die Behandlung durchzuführen? Dann brauchen Sie diagnostische Unterlagen. Wer aber übernimmt die Kosten für die diagnostischen Unterlagen? Weiß der Patient, ob er die Behandlung bezahlt bekommt? Sichern Sie sich lieber mit einem Vorvertrag ab (siehe Abb. 1). Nachdem der Patient nun diesen Vorvertrag unterschrieben und ein Exemplar dieses Vertrages erhalten hat, kann ein Termin für die Herstellung der diagnostischen Unterlagen vereinbart werden.


Abb. 1: Muster eines Vorvertrags.

Der Beihilfepatient

Sie wissen, dass Beihilfeberechtigte und auch Patienten, die bei der Postbeamtenkasse versichert sind, in der Regel nur Anspruch auf die Erstattung kieferorthopädischer Leistungen ab dem 18. Lebensjahr haben, wenn eine kombiniert kieferorthopädisch/kiefer­chirurgische Behandlung durchgeführt wird. Hierzu gibt es zwei Ausnahmeurteile, und zwar vom VG Minden 4. Kammer vom 28.05.2009 AZ 4 K 833/07 und VGH Baden-Württemberg vom 02.05.2012 AZ 2 S 2904/10. Den Inhalt bei­der Urteile finden Sie hier.

Auch wenn die Beihilfe sich nicht beteiligen sollte, besteht die Möglichkeit, dass der Patient zu 50% bei einer reinen Privatversicherung (je nach Beihilfestatus) versichert ist. Diese Versicherung (je nach Vertrag) würde sich somit mit 50% an der Behandlung beteiligen. Bei allen Beihilfeberechtigten empfiehlt es sich daher, einen kleinen Heil- und Kostenplan für die diagnostischen Leistungen mitzugeben mit dem Verweis: „Heil- und Kostenplan für die diagnostischen Leistungen zur Erstellung eines kieferorthopädischen Behandlungsplanes. Es handelt sich NICHT um eine kombiniert kieferorthopädisch/chi­rurgische Behandlung ODER Erst nach Erstellung der dia­gnostischen Unterlagen kann bestimmt werden, ob es sich um eine kombiniert kieferorthopädisch/chi­rurgische Behandlung handelt.“

Spätestens, wenn der Patient diesen Plan bei seiner Versicherung/Beihilfe vorlegt, wird klar, ob sich die Versicherung/Beihilfe an den Kosten beteiligt. Nachfolgend ein Beschluss für Patienten, die bei der Postbeamtenkasse versichert sind. Diese muss auch im Falle einer Indikation eine Behandlung mit Alignern übernehmen, wenn die Kosten für die Behandlung nicht stark abweichend sind als eine Standardbehandlung. Wei­ter­hin ist zu berücksichtigen, dass auch hier die 18-Jahre-Grenze gilt.

Invisalign® nur für reine Private?

Die Anwendung transparenter Schienen zur kieferorthopädischen Behandlung erhielten bisher nur rein privat Versicherte – nach entsprechender Einzelfallprüfung regelmäßig erstattet. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat nun (Beschluss vom 31.05.2011 AZ 2 S 191/11) bestätigt, dass auch Versicherte der Postbeamtenkrankenkasse und auch damit Beamte des Bundes, der Länder und der Kommunen einen Anspruch auf tarifliche Erstattung der Kosten dieses Behandlungsansatzes haben können.

Nach der einschlägigen Satzung der Postbeamtenkrankenkasse ha­ben Mitglieder und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf Aufwendungen, wenn es sich um notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen (beihilfefähig) handelt bzw. bei kieferorthopädischen Leistungen, wenn der Patient bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder bei schweren Kieferanomalien eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfolgt (Ausnahme der Ausnahme – Link zu den Urteilen siehe hier).

Das Gericht sah im vorliegenden Fall beide Alternativen als gegeben an und verurteilte die PBeaKK zur Erstattung. Dabei hielt das Gericht allerdings fest, dass die konkret geplante Invisalign®-Behandlung nicht teurer sein dürfte als eine herkömmliche Multibandbehandlung. Dieser Nachweis wird dadurch gegeben, dass der Kiefer­orthopäde einen Alternativplan Multibracket erstellt.

In dem Heil- und Kostenplan für die Alignerbehandlung ist aus­zuweisen, wie viele Schienen der Patient voraussichtlich unter Berücksichtung von Rabatten erhalten wird. Aufgrund der Bun­des­beihilfeverordnung besteht bei Bewilligung von Leistungen durch die PBeaKK eine Bindung der Beihilfeträger, ebenfalls entsprechen­de Bewilligungen im Rahmen der Beihilfe auszusprechen.

Muss die Privatversicherung die Behandlung mit Alignern bezahlen?

Grundsätzlich JA, wenn die Indikation für die Behandlung mit Alignern gegeben ist. Bei kontraindizierten Befunden nicht. Aber dann würden Sie ja auch keine Behandlung mit Alignern planen.

Urteile, die die Versicherungspflicht unterstützen

  • Landgericht Lüneburg (5 O 364/07, Urt. v. 13.01.2009)
  • Amtsgericht München (223 C 31469/07, Urt. v. 30.10.2008)
  • Amtsgericht Saarbrücken (5 C 828/07, Urt. v. 20.06.2008)
  • Landgericht Köln (23 O 239/05, Urt. v. 30.01.2008)
  • Amtsgericht Stuttgart (11 C 2023/07, Urt. v. 03.03.2008)
  • Landgericht Koblenz (14 S 388/03, Urt. v. 16.03.2006)

Urteile zur Beihilfe finden Sie zudem auf der hervorragenden Homepage der DGAO (www.dgao.com). Wie kann ein Heil- und Kostenplan für eine Alignerbehandlung aussehen? Grundsätzlich wie ein normaler herausnehmbarer Plan. Wir müssen jedoch zwischen Alignern, die im Eigenlabor hergestellt werden, und Alignern, die im Fremdlabor hergestellt werden, unterscheiden. Verwenden Sie z.B. Invisalign®, dann erfolgt vor der Behandlung der Clin­Check etc., was zusätzlich berechnet werden kann (siehe Tabelle 2 und dort insbesondere die beiden rechten Spalten).


Tabelle 2: Beispiel für einen Heil- und Kostenplan (zur Vollansicht).

6100 a für Attachments

Die Attachments im Zusammenhang mit Alignern sind in der neuen GOZ 2012 nicht berücksichtigt worden. Daher ist eine Analogabrechnung möglich. Alle Leistungen (so im §6 Abs. 1), die im GOZ-Katalog nicht aufgeführt sind, können analog abgerechnet werden. 6100 a Attachment Alignerbehandlung gemäß §6 Abs. 1 der GOZ entsprechend GOZ 6100, je Attachment. Zum Anlegen der neuen Position im GOZ-Katalog in der EDV nehmen Sie bitte die Daten der GOZ 6100.

Versicherung behauptet, Attachments wären Bestandteil der Abschlagszahlunge

Erstens: wären die Attachments integraler Bestandteil der Positionen 6030 – 6090 GOZ, dann hätte der Gesetzgeber dies dort ausdrücklich beschreiben müssen. Dies ist nicht erfolgt. Zweitens ist nicht unbedingt das Aufkleben eines Attachments in jedem Fall erforderlich. Somit stellt das Aufkleben/Positionieren der Attachments eine selbstständige Leistung nach §4 Abs. 2 der GOZ dar.

Was kann noch im Zusammenhang mit der Alignerbehandlung anfallen?

  • Air-Rotor-Stripping – ARS (oder ASR) zur Non-Ex-Therapie
    Hier empfiehlt sich ebenfalls die analoge Berechnungsweise, da ARS mit dem herkömmlichen Strippen (mit Schmirgelstreifen) nicht viel gemein hat – da ARS zur Schmälerung der klinischen Krone mit viel Zeitaufwand, z.B. zur Non-Ex-Therapie, eingesetzt wird.
  • 5000 a ARS zur Non-Ex-Therapie gemäß §6 Abs. 1 der GOZ entsprechend GOZ 5000
    Bitte NICHT je Zahn, sondern bei der Neuaufnahme im Pop-up-Fenster je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich auswählen.



Tabelle 3: Abrechnungsbeispiel BEB für einen Aligner, der im Eigenlabor hergestellt wurde.

Und das zahlt die Versicherung?

Auch hier empfiehlt sich ein Erläuterungsschreiben: „Diese Maßnahme wird häufig bei Erwachsenen durchgeführt, die mit einem Engstand der Frontzähne zu uns kommen. Wenn keine Lücken im Zahnbogen sind, ist eine Ausformung der Frontzähne schwierig. Mit diamantierten Scheiben kann man die Zähne seitlich minimal beschleifen (ca. 0,1mm pro Seite) und dadurch Platz zur Einordnung aller Zähne schaffen. Diese Alternative zum Extrahieren (Ziehen der Zähne) stellt eine neue Behandlungsmethode dar. Gemäß §6 Abs. 1 haben wir auf die vom Gesetzgeber verordnete Analogberechnungsweise der GOZ zurückgegriffen, da ARS in der neuen GOZ 2012 nicht aufgenommen wurde. Der Aufwand pro Kieferhälfte entspricht ungefähr dem einer Tangentialpräparation.“

Bitte beachten Sie gleich, um weiteren Schriftverkehr vorzubeugen, dass es sich nicht um das herkömmliche, im Rahmen der KFO-Behandlung übliche Separieren handelt, sondern um eine Veränderung der Kronenform zur Vermeidung von Extraktionen! Ist also dem­entsprechend nicht in den Abschlägen GOZ 6030 – 6080 enthalten.



Den Inhalt beider Urteile finden Sie hier.

Rechtliche Aspekte der Alignerbehandlung (1)
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