Praxismanagement 04.04.2014
Datenschutz in der kieferorthopädischen Praxis
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Teil 3: 3-D – Wo geht die Reise hin?
Der Einzug von 3-D-Komponenten in die kieferorthopädische Praxis ist in den nächsten Jahren nicht mehr aufzuhalten bzw. hat vereinzelt bereits stattgefunden. Doch wo genau geht die Reise hin? Nachfolgend möchte ich einen Überblick über Chancen und auch Risiken geben, die mit dieser Technologie verbunden sind und auf jeden Praxisinhaber zukommen können.
Schlagwörter wie Intraoralscanner, Modellscanner, digitales Set-up und digitale Archivierung von Datenbeständen sind mittlerweile wohl jedem Praxisinhaber insbesondere im Rahmen der letztjährigen Fachmessen sowie KFO-Veranstaltungen ins Auge gefallen und wurden entsprechend diskutiert. So preisen nicht wenige Hersteller von „3-D-fähigen Geräten“ fertige Technologien mit enormen Vorteilen und Kosteneinsparungen für die Praxis an. Doch wie sieht hier die Wirklichkeit aus?
Schauen wir uns einmal eine Praxis an, die bereits in diese Technologie investiert hat und den geäußerten Herstellerangaben vertraut. Der Praxisinhaber hat einen Intraoralscanner, einen Modellscanner sowie einen 3-D-Drucker erworben – und das verbunden mit enormen Erwartungen an diese Investition. Leider stellt sich im Alltag mitunter bereits nach kurzer Zeit Ernüchterung ein.
Ein Beispiel: Nach einem Intraoralscan bei einem Patienten können die Daten zwar – wie die Hersteller versprechen – mit der eigenen Software weiterverarbeitet werden, jedoch kann ein Ausdruck auf einem 3-D-Printer im Haus oder bei einem externen Dienstleister durchaus scheitern. Warum?
Die am Markt befindlichen Geräte geben sehr oft Daten im Standard-STL-Dateiformat aus, die theoretisch in anderen Softwareprodukten weiterverarbeitet werden können. Die Realität zeigt jedoch ganz deutlich, dass vor einem Ausdruck auf einem 3-D-Drucker der Scan (die Datei) nachgearbeitet werden muss. Die gleiche Situation kann entstehen, wenn ein Gipsmodell mithilfe eines Modellscanners digitalisiert wird, um diese Daten dann anschließend mit einer anderen Software zu Diagnostikzwecken weiter zu bearbeiten. Noch härter trifft es dann diejenigen, die sich bei der Auswahl der 3-D-Geräte an einen einzigen Hersteller gebunden haben, der kein Standarddateiformat abspeichert bzw. erzeugt. Dies stellen Insellösungen dar, die dadurch einen gravierenden Nachteil haben. Auch Angebote von Herstellern, die gegen Bezahlung später eine Datei im STL-Format bereitstellen, sind hierbei kritisch zu bewerten.
Schauen wir nun einmal auf das Personal in der Praxis, welches diese Daten verarbeiten muss. Hier wird recht schnell klar, welche Anforderungen bestehen. Nicht nur der Scanvorgang muss beherrscht werden, sondern auch diverse Softwareanwendungen, die dann mehr oder weniger miteinander harmonieren. Überforderung oder hoher Schulungsaufwand sind vorprogrammiert. Anrufe bei der Hotline des Herstellers, zum Beispiel eines Scanners, werden schnell unbeantwortet bleiben, da nie alle Produkte aus einer Hand sind. Also könnte es so sein, dass man sich bei einer „Fehlfunktion“ munter den „schwarzen Peter“ gegenseitig in die Schuhe schiebt.
Selbst wenn diese ersten großen Hürden genommen wurden, bleibt die Frage offen, wie ich mit den recht großen Datenbeständen umzugehen habe. So können 3-D-Scans um ein Hundertfaches größer sein, als ein 2-D-Röntgenbild.
Nach dem oben beschriebenen 3-D-Alltag wird also Folgendes benötigt. Es wird ein IT-Systemhaus oder ein Hersteller benötigt, der das Prinzip des Tragens „einer Krawatte für alle Fragen“ mit folgenden Qualifikationen bietet:
- Know-how im Bereich der Praxisberatung, und zwar herstellerübergreifend
- Know-how im Bereich von IT-Infrastrukturen
- Know-how im zahnärztlichen und fachzahnärztlichen Bereich
- Verantwortungsübernahme für das Zusammenspiel verschiedener 3-D-Komponenten
- Know-how im Bereich Abrechnungssoftware
- Know-how im Bereich Organisation und Beratung für die Praxis.
Sollte es also einen Hersteller oder ein IT-Systemhaus geben, welches diese Anforderungen erfüllt, wird der Wunsch des Anwenders Wirklichkeit.
Bei auftretenden Problemen im Zusammenspiel mit verschiedenen Softwarelösungen in einer Praxis ist es wünschenswert, nur einen Ansprechpartner zu haben. Der Anwender wird nicht mehr mit Hersteller A, Hersteller B oder mit dem Administrator telefonieren müssen und keine Nerven mehr beim Weiterreichen des „schwarzen Peter“ oder bei der Lösung der Schuldfrage bei Fehlfunktionen verlieren.
Diese Anforderungen – insbesondere bei der Anschaffung von Geräten – machen deutlich, dass hier von neutraler Seite eine Beratung benötigt wird. Schließlich stellt der Einstieg in die dreidimensionale Welt immer ein individuelles Projekt und nicht nur eine einmalige Investition dar. Nach dem beschriebenen Szenario möchte ich einmal einen Blick darauf werfen, wie Ihre Zukunft in der 3-D-Welt aussehen sollte: Mit jeder 2-D- (z. B. digitales Röntgen) sowie auch mit jeder 3-D-Anwendung werden Patientendaten erzeugt. Niemand möchte verschiedene Datenbestände mit unterschiedlichen Softwareanwendungen in der Praxis aufbauen, sondern der Anspruch muss vielmehr lauten: Alle Daten werden von der „führenden“ Abrechnungssoftware verwaltet. Diese ist immer der Ausgangspunkt, in der alle Patientendaten bzw. Datenverweise gespeichert werden.
Es ist wichtig – egal, welche Daten erzeugt werden, ob es sich um 2-D- oder 3-D-Daten handelt, bis hin zur druckfähigen Vorlage für einen 3-D-Drucker – diese zentral zu verwalten.
Diese Vorgehensweise erleichtert nicht nur die Bedienung der Software ungemein, sondern stellt sicher, dass die Patientendaten auch wieder gefunden werden.
Bei getrennt aufgebauten Datenbeständen kann dies sonst für eine Praxis zur Herausforderung werden.
Da die Investitionen im 3-D-Bereich mitunter erheblich sein können, stellt sich auch die Frage nach dem Mehrwert, welcher mit Einzug dieser Technologie Einzug verbunden ist. Ein möglicher Mehrwert sollte sein, dass die Aufbewahrung der 3-D-Daten rechtssicher durchgeführt wird. Warum noch Gipsmodelle aufbewahren, wenn qualitativ hochwertige 3-D-Daten vorliegen? Leider hat der Praxisinhaber hier auch diverse Gesetze in Deutschland zu beachten.
Aufgrund der augenblicklichen allgemeinen Empfehlung, alle Modelle zehn Jahre nach Vollendung des 18. Lebensjahres eines Patienten aufzubewahren, produziert die Praxis also nicht nur eine erhebliche Menge an Gipsmodellen, sondern in Zukunft auch große Mengen an zusätzlichen 3-D-Daten. Sinnvoll? Ein klares Nein!
Also stellen sich bei der Einführung von 3-D-Technologien in die Praxis folgende Fragen, um den Mehrwert letztlich auch ausnutzen zu können. Wer garantiert dafür, dass die digitale Ablage der 3-D-Daten die Praxis tatsächlich in die Lage versetzt, Gipsmodelle zu entsorgen? Wird die Speicherung der 3-D-Daten bei einem Gerichtsprozess anerkannt oder wird dem Beklagten dadurch ein Dokumentationsfehler vorgeworfen? Leider gibt es (noch) keine verbindliche Aussage hierzu, ob die digitale Ablage der Patientendaten ausreichend ist, um der Dokumentationspflicht nachzukommen.
Folgender Hersteller bzw. Anbieter wird gesucht, der die nachfolgenden Anforderungen erfüllt:
- Know-how im Bereich Abrechnungs- und Verwaltungssoftware
- Know-how im Workflow für 3-D-Daten
- Rechtssichere Ablage von 2-D- und 3-D-Daten unter Berücksichtigung folgender Gesetze: Berufsrecht, Röntgenverordnung, Arzthaftungsrecht, Patientenrechtegesetz, GDPdU (revisionssichere Datenarchivierung), SigG (Signaturgesetz)
- Übernahme der Haftung, falls ein Prozess mangels falscher Datenarchivierung verloren geht
- einfach zu bedienende Software
- Datenexport für externe Gutachter und Krankenkassen
- Datenexport für den Patienten ohne langes Suchen von Einzeldateien
- alle Daten zu einem Patienten, überall an jedem Ort verfügbar.
Die aufgeführten Punkte stellen an den Anbieter von Hard- und Softwarelösungen enorme Herausforderungen dar. Nationale wie internationale Fachmessen werden solche Lösungen dem interessierten Messepublikum vorstellen. Die Praxis stellt also schon jetzt die Weichen (z. B. mit der Entscheidung zur Abrechnungssoftware), ob ein reibungsloser Ablauf mit späteren 3-D- Anwendungen möglich ist. Auch die anzuschaffende IT-Struktur sowie die Auswahl der ersten 3-D-Komponenten beeinflussen maßgeblich, ob wirklich alles vollumfänglich genutzt werden kann.
Wann beginnt also die 3-D-Zukunft? Jetzt. Hier und heute.