Praxismanagement 05.11.2018

Der Zahnarzt als Heilpraktiker

Der Zahnarzt als Heilpraktiker

Foto: Monet – stock.adobe.com

Seit mehr als sieben Jahren bietet das Institut für Akademische Bildung und Wissenschaft Fernkurse für Zahnärzte zur Vorbereitung auf die amtsärztliche Heilpraktikerprüfung an. Warum dies eine sinnvolle Erweiterung des zahnärztlichen Spektrums darstellen kann und so viel Interesse findet, fragten wir Dr. Markus Lehmann vom Institut ABW.

Dr. Torsten Hartmann: Herr Dr. Lehmann, das Institut für Akademische Bildung und Wissenschaft, deren akademischer Direktor Sie sind, bietet seit 2011 einen Intensivfernkurs für Zahnärzte zur Vorbereitung auf die amtsärztliche Heilpraktikerprüfung an. Wie kam es zu diesem Konzept?

Interessanterweise kam diese Idee von den Zahnärzten selbst. Wir haben in der Vergangenheit mit einer ganzen Reihe von zahnärztlichen Verbänden und Institutionen zusammengearbeitet, so kamen wir ins Gespräch und erfuhren, dass einer innovativen Weiterentwicklung innerhalb der Zahnmedizin rechtliche Grenzen gesetzt sind. Auch existieren in unserem Land aufgrund der föderalen Struktur unterschiedliche Rechtsbegrifflichkeiten.

Wo liegen diese Grenzen?

Im Zahnheilkundegesetz ist klar geregelt, was ein Zahnarzt darf und eben auch, was nicht. Das ist gut so und verhindert dementsprechend auch, dass fachübergreifend Tätigkeiten ausgeübt werden, die ein Zahnarzt nicht darf – andersrum aber auch, dass ein Humanmediziner oder eine andere Berufsgruppe nicht in die Zahnheilkunde eingreifen darf. Nun ist aber der Bedarf an ganzheitlich medizinischen und auch medizinisch-ästhetischen Behandlungen unter den Patienten sehr stark angewachsen und wird entsprechend nachgefragt. Gerade im Bereich des Gesichts hat der Zahnarzt eine hohe Kompetenz aufgrund seines Studiums und seiner täglichen Arbeit am Patienten, darf aber hier aus rechtlichen Gründen in vielen Regionen nicht tätig werden.

Und da hilft eine Ausbildung zum Heilpraktiker?

Die Ausbildung allein reicht nicht, der Zahnarzt muss wie jeder andere auch die amtsärztliche Heilpraktikerprüfung bestehen. Erst danach darf er sich dann als Heilpraktiker niederlassen. Des Weiteren sollte er vor Anwendung erlaubter Therapien als Heilpraktiker entsprechende fundierte Kenntnisse in der Therapieform erworben haben, um eine hohe Behandlungs- und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Das erfordert in jedem Fall stetige berufliche Fort- und Weiterbildung. Nicht alles, was man darf, kann man auch von Beginn an.

Auch wenn er schon eine Kassenzulassung als Zahnarzt hat?

Ja, absolut. In räumlicher Trennung zum Behandlungsstuhl und innerhalb der Möglichkeiten, die eine Kassenzulassung durchaus erlaubt, ist das möglich. Einige Zahnärzte nutzen diese Möglichkeit schon heute und arbeiten in den umfangreichen Bereichen, die der Heilpraktiker darf, sehr erfolgreich.

Welche Behandlungen darf denn ein Heilpraktiker durchführen?

Detaillierte Ausführungen würden den Rahmen des Interviews sprengen, aber Sie wären überrascht, wie vielfältig und weitreichend ein Heilpraktiker medizinisch am gesamten Körper behandeln darf. Abgesehen von den bekannten ganzheitlichen und naturkundlichen Aspekten darf der Heilpraktiker bestimmte Infusionen geben, intramuskulär spritzen, umfangreiche Laseranwendungen vornehmen und sogar ästhetische Filler im Gesicht unterspritzen. Natürlich sind auch Akupunktur, Homöopathie und Kinesiologie weitere interessante Aspekte, insbesondere auch in Hinblick auf eine ganzheitliche Zahnheilkunde. Was der Heilpraktiker nicht darf, ist unter anderem die Anwendung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wie Antibiotika.

Welches didaktische Konzept verfolgen Sie?

Wir haben uns intensiv mit Zahnärzten, Professoren und Verbänden ausgetauscht und uns eingehend juristisch beraten lassen. Danach haben wir uns das zahnmedizinische Studium angeschaut und mit der Ausbildung zum Heilpraktiker verglichen. Das Ergebnis war, dass Zahnmediziner aufgrund des hohen akademischen Niveaus mit entsprechendem engagierten Selbststudium und einer guten Studiensoftware das notwendige medizinische Wissen in relativ kurzer Zeit erwerben bzw. wiedererlernen können. Um dieses hohe akademische Niveau zu halten, lassen wir auch, obgleich vieler Anfragen von Menschen aus anderen Berufsgruppen, nur Zahnärzte für diese Ausbildung zu.

Heilpraktiker müssen doch aber auch eine umfangreiche praktische Prüfung ablegen und dieses Wissen auch nachweisen?

Darauf wollte ich gerade eingehen. Fleißiges Lernen und die Kenntnisse aus dem Zahnmedizinstudium sind hervorragende Möglichkeiten, um die theoretischen Grundlagen zu erlangen. Die sichert im Übrigen auch unsere Lernsoftware und die Kompendien, die jeder Teilnehmer des Kurses erhält.

Das Interview führte Dr. Torsten Hartmann.

Der Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

 

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