Praxismanagement 08.03.2013
Facebook, nein danke!?
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Eine der zurzeit am häufigsten von Zahnärzten diskutierten Fragen lautet: Soll ich mich mit Facebook bzw. Social Media auseinandersetzen? Welchen Nutzen hat das für die Praxis? Kann ich dadurch tatsächlich Neupatienten gewinnen? Prof. Dr.-Ing. Thomas Sander geht in diesem Beitrag auf die wichtigsten Fragen ein.
Viele Zahnärzte – und auch andere Menschen – sagen mir, dass sie Facebook ablehnen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zumeist wird auf den mangelnden Datenschutz verwiesen und darauf, dass man da ja keine wirklichen Freunde hat. Auch sehen einige vielleicht die Gefahr einer ungewollten Einladung zu einer Großveranstaltung im eigenen Haus. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass sich viele noch gar nicht mit Facebook (das soll hier stellvertretend für Social Media stehen, weil es die maßgebliche Bedeutung hat) auseinandergesetzt haben. Und das halte ich für kurzsichtig.
Kurzeinführung in Facebook
Grundsätzlich muss zwischen dem privaten Facebook und dem nichtprivaten Facebook unterschieden werden. Das private Facebook kennen wir von den überwiegend jungen Leuten, die dort Nachrichten und Fotos posten, „Freunde“ sammeln, sich in Gruppen organisieren und sich verabreden.
Unter den nichtprivaten Bereich fallen zum Beispiel Gewerbebetriebe, aber auch Kommunen und Freiberufler wie Zahnärzte. In diesem nichtprivaten Bereich können die Nutzer – also auch die Praxis – eine sogenannte Fanpage schalten. Eine Fanpage muss man sich vorstellen wie eine Website, die eben auf Facebook dargestellt wird. Also zum Beispiel mit Fotos von der Praxis, aber auf dem Hintergrund der Facebook-Optik. Damit ist auch schon der Unterschied zur Website beschrieben: Während sich die Praxis mit der Website nach außen wie mit einer hochwertigen Praxisbroschüre relativ statisch darstellt, wird der Facebook-Hintergrund zum Veröffentlichen (Posten) von Aktuellem genutzt.
Tipp: Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer das zu verstehen ist, wenn man sich noch nie damit befasst hat. Deshalb googeln Sie bitte einfach mal „Facebook Zahnarzt“ und klicken Sie auf eine der angebotenen Zahnarzt-Fanpages. Sie werden zwar zum Registrieren bzw. einloggen in Facebook aufgefordert, das ist jedoch optional. Dort können Sie sich solche Auftritte selbst einmal ansehen.
Warum ist das nun so wichtig?
Um langfristig erfolgreich zu sein, benötigt jede Praxis eine bestimmte Anzahl von neuen Patienten pro Zeiteinheit, auch Neupatientenrate genannt. Die mittlere Neupatientenrate der deutschen Zahnarztpraxis liegt bei zehn bis fünfzehn Neupatienten pro Monat (vergleiche auch Sander/Müller: Meine Zahnarztpraxis – Ökonomie, Springer Verlag 2012). Wenn eine Praxis deutlich weniger Neupatienten hat, muss sie mittel- und langfristig mit Umsatzeinbußen (bzw. Wertverlust) rechnen.
Nun sind 2009 65 Prozent aller Neupatienten aufgrund einer persönlichen Empfehlung in die neue Praxis gekommen (Empfehlungsmarketing), und nur 12 Prozent sind durch Googeln auf die neue Praxis zuerst aufmerksam geworden (Webmarketing). Ausführlich beschrieben sind die Zusammenhänge in Sander/Müller: Meine Zahnarztpraxis – Marketing, Springer Verlag 2011.
In der Zwischenzeit haben sich die Zahlen aber verschoben: Das Webmarketing liegt heute bei über 30 Prozent, das Empfehlungsmarketing bei nur noch knapp über 40 Prozent. Facebook stellt die vollendete Verknüpfung von Empfehlungsmarketing und Webmarketing dar, weil hier der neue Zahnarzt durch persönliche Empfehlung über das Web gefunden wird.
Suchverhalten von Patienten heute
Im Einzugsgebiet jeder Praxis suchen aktuell monatlich 500 bis 1.000 Patienten eine neue Praxis, und davon 100 bis 300 nur über Google (vergleiche auch Sander/Müller: Meine Zahnarztpraxis – Ökonomie, Springer Verlag 2012). Aus diesem Grund ist die Suchmaschinenoptimierung (SEO) essenziell.
Bitte bedenken Sie: Wenn Sie keine, eine schlecht platzierte oder eine unvorteilhafte Website haben, bekommen Sie von diesen suchenden Patienten keinen einzigen. Dabei ist die Platzierung maßgeblich. Nicht unerwähnt soll aber bleiben, dass immer noch die meisten Neupatienten aufgrund einer persönlichen Empfehlung kommen.
Neuigkeiten von Facebook
Wie eben beschrieben, wird die neue Praxis zu einem großen Teil mit Google gesucht. Für die meisten Menschen ist das „Googeln“ heute selbstverständlich. Jetzt hat aber Facebook eine Suchmaschine integriert, „Graph Search“ genannt. Hier kann eben auch z.B. eine Zahnarztpraxis gesucht werden. Und wenn Sie bedenken, dass sich junge Leute überwiegend in Facebook aufhalten, werden sie gerade dann, wenn auch Empfehlungen wichtig sind, ihren Dienstleister über dieses Medium suchen. Denn dort rankt oben, wer viele Likes oder viele Bewertungen hat. Von Freunden. Das ist die oben schon beschriebene Verknüpfung von Web- und Empfehlungsmarketing.
Was ist zu tun?
Ich empfehle grundsätzlich jeder Praxis, so schnell wie möglich eine Fanpage einzurichten. Schnell deshalb, weil es jetzt darauf ankommt, viele Likes und Bewertungen zu erhalten, damit die Praxis nachhaltig gut in Graph Search rankt und somit schnell gefunden werden kann. Hier gilt: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Das Suchen von Dienstleistern wird in naher Zukunft überwiegend über Facebook erfolgen.
Allerdings gibt es zwei Voraussetzungen: Erstens müssen Sie bereit und in der Lage sein, am besten täglich und mindestens wöchentlich in Facebook aktiv zu posten sowie mindestens täglich etwaige Patientenfragen zu beantworten. Dazu empfehle ich, das von einer qualifizierten Helferin machen zu lassen. Für die alternative Vergabe dieser Aufgabe an eine externe Agentur kalkulieren Sie mindestens 300 bis 500 Euro pro Monat. Wenn Sie das nicht leisten können, sollten Sie auf den Auftritt in Facebook besser verzichten, weil Nichtaktualität bzw. das Nichtbeantworten von Fragen Patienten eher davon abhält, bei Ihnen zu bleiben bzw. zu Ihnen zu kommen.
Zweitens sollten Sie die Fanpage von einer qualifizierten Agentur einrichten lassen, weil hier viele administrative und rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten sind, die sich maßgeblich von der Einrichtung einer privaten Facebook-Seite unterscheiden. Rechnen Sie hier mit einmalig zwischen 500 und 800 Euro.
Fazit
Da sich bei der Suche einer neuen Praxis das Empfehlungs- und das Webmarketing immer mehr annähern und die neue Suchfunktion von Facebook die vollendete Verknüpfung dieser beiden Verhaltensweisen darstellt, sollte sich jede Praxis intensiv mit der Frage auseinandersetzen, ob das Einrichten einer Fanpage für die Praxis das Richtige ist. Diese Auseinandersetzung sollte nicht auf die lange Bank geschoben werden, weil sich jede Verzögerung nachteilig auf das zukünftig bedeutsame Ranking in Facebook auswirkt. Die Praxis muss die Betreuung aber leisten können. Dazu sind eine professionell begleitete Einrichtung sowie eine Schulung der die Fanpage betreuenden Helferin sinnvoll.