Praxismanagement 06.02.2013
Rentabilitätssteigerung in der Mehrbehandlerpraxis
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Wer als Praxisinhaber einen Mehrbehandlerbetrieb aufbauen und wirtschaftlich erfolgreich führen will, steht vor komplexen unternehmerischen Herausforderungen. Denn groß bedeutet nicht automatisch profitabel. Und ein sattes Umsatzplus garantiert nicht zwingend eine Gewinnsteigerung. Ein zentraler Schlüssel für angemessene Rentabilität liegt in der praxisinternen Organisationsentwicklung. Dieser Fachbeitrag schließt an die Ausführungen des Artikels „Der zahnärztliche Spezialist im Anstellungsverhältnis“ (ZWP 11/2012) an.
Gute Zahnmedizin und bedarfsgerechte (nicht profitoptimierte) Patientenversorgung sind die Basis jedes nachhaltigen Praxiserfolges; das ist unmittelbar einsichtig. Diese zwei Aspekte haben allerdings nur den Charakter eines Bodenfundamentes – nicht mehr und nicht weniger. Für eine betriebswirtschaftlich angemessene Praxisrendite braucht es zwei weitere Handlungsziele:
– stetig hohe Auslastung der Behandlungskapazitäten (siehe dazu Zahlenbeispiel in Fachbeitrag ZWP 11/ 2012)
– und bewusst gestaltete Effizienz in den Praxisabläufen.
Marketing
Ein Wachstumsprozess ist mit steigenden Fixkosten verbunden. Insofern wird ein flankierendes professionelles Marketingkonzept benötigt, das – ergänzend zur klassischen persönlichen Empfehlung zufriedener Patienten – einen Zustrom von Neupatienten bewirkt, der die schrittweise Erweiterung des Patientenstammes und damit die Auslastung der zusätzlichen Behandler ermöglicht. Das Marketing ist auch dafür verantwortlich, dass „Spirit“ und Leistungsspektrum der Praxis ebenso wie die fachlichen Profile der Behandler angemessen wahrgenommen werden; sowohl praxisintern als auch von potenziellen Neupatienten. Im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Planungen sollte ein Zielwert für die angestrebte Neupatientenzahl pro Monat festgelegt werden. Wie hoch dieser Wert festzusetzen ist, hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere auch von der Qualität der Patientenbindung. Die Anzahl der tatsächlich generierten Neupatienten ist ein Frühindikator für die zukünftige Praxisentwicklung und sollte als relevanter Parameter (ebenso wie die Quartals-Patientenfallzahlen der Praxis, also der behandelte Patientenstamm) im Rahmen des Praxiscontrollings (= Soll/Ist-Abgleich) regelmäßig verfolgt werden. Abhängig von der individuellen Situation empfiehlt sich für das Praxiscontrolling entweder ein vierteljährlicher oder monatlicher Modus.
Organisationsstrukturen
Neben stetig hoher Auslastung der Kapazitäten (dazu mehr im weiteren Text) geht es darum, den gesamten Prozessablauf möglichst effizient, also ressourcenschonend zu bewältigen, damit die Praxis wirtschaftlich funktionieren kann. Der Praxiserfolg wird durch die Organisationsstrukturen maßgeblich beeinflusst. Ein QM-System ist in vielen Praxen installiert und leistet oft gute Dienste. Allerdings ist das existenzielle Praxisziel „Erreichung angemessener Gewinne“ dabei häufig nicht im Fokus. Insofern macht es Sinn, über Ergänzungen nachzudenken.
Organigramm
Von zentraler Bedeutung ist ein bewusstes Konzept von Regeln, das die Teamkräfte in dieser Gedankenlinie zielgerichtet bündelt. In der Kategorie „Aufbauorganisation“ empfiehlt sich die Entwicklung eines Organigramms, das die formellen Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Weisungsbefugnisse für alle Teammitglieder übersichtlich darstellt und klärt. Abhängig von der Größe und der individuellen Praxissituation kann es Sinn machen, für die einzelnen „Abteilungen“ Teamleiter zu entwickeln und zielwirksam zu positionieren. Üblich ist die Bildung von fünf Teams (Zahnärzte, Empfang, Verwaltung-Abrechnung, Assistenz, Prophylaxe). Die Installation von Teamleitern gibt dem Praxisinhaber einerseits die Chance, seine Führungsspanne (= das ist die Anzahl der direkt zu führenden Mitarbeiter) auf einen zu bewältigenden Umfang zu beschränken. Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit, aus dem zentralen Zukunftsziel der Praxis imgemeinsamen strukturierten Austausch Teilziele abzuleiten, auf die sich die jeweiligen Teams dann konzentrieren können. Essenzielle Tragweite hat auch das Wachstumsprinzip. Häufig werden zusätzliche Zahnärzte eingestellt, ohne die Potenziale der Prophylaxe ausgeschöpft zu haben. Bei hoch qualifizierter Besetzung braucht eine Prophylaxeabteilung nur vergleichsweise geringe Strukturvorgaben und kann bei fokussierter Entwicklung auf Dauer durchaus einen Anteil von rund 25 bis 30 Prozent vom gesamten Honorarumsatz der Praxis erwirtschaften. Die fachliche Leitung des Zahnärzteteams obliegt naturgemäß dem Praxis-inhaber. Von ihm ist die grundlegende Entscheidung zu treffen, mit welchem Leistungsspektrum er seine Praxis am Standort positionieren möchte und welche Behandler mit welchen Spezialkenntnissen er dafür einstellt. Fer-ner ist im Zusammenspiel mit dem Zahnärzteteam festzulegen:
– welche Honorargrößen (daraus ergeben sich auch die Stundensätze) auf den einzelnen Arbeitsplätzen angestrebt werden, welche Rahmen-bedingungen für deren Erreichung geschaffen werden und wie die gemeinsame Reflexion (Chef – angestellter Zahnarzt) der tatsächlichen Entwicklung stattfindet (Soll/Ist-Abgleich aller einzelnen Behandlerhonorare ist der wichtigste Baustein des Praxiscontrollings)
– welches Spektrum an Selbstzahler-/Zuzahlerleistungen zu welchem Preis angeboten wird (Sprachregelungen entwickeln für einheitliche Patientenkommunikation – Assistenz- und Prophylaxekräfte einbinden, Schnittstelle definieren)
– wie der Modus der praxisinternen Überweisungen für die einzelnen Spezialgebiete konkret aussehen soll und miteinander realisiert wird
– auf welche Weise ausreichende Kommunikation und Abstimmung innerhalb des Zahnärzteteams und mit den einzelnen Abteilungen gewährleistet wird, und zwar als verbindlicher wiederkehrender Termin (insbesondere im Bereich der regelmäßigen Besprechungszeiten beim Chef und strukturierten Treffen des Zahnärzteteams liegen in vielen Praxen Defizite)
– wie darüber hinaus Entwicklung und Führung stattfindet.
An diesen Beispielen wird deutlich, dass Organisationsstrukturen auch als Führungsinstrument dienen. Natürlich sind auch Assistenz und Verwaltungsbereiche Gegenstand der zielorientierten Organisationsentwicklung. Wer hier einfach weitermacht mit der Regelungsdichte einer Einzelpraxis, läuft schnell Gefahr, im Chaos zu versinken oder in die Zahlungsunfähigkeit zu rutschen.
Zur Erreichung hoher Auslastung und Effizienz kann für die Verwaltungsabläufe zum Beispiel geregelt werden:
– Empfangsmitarbeiter tragen die Verantwortung für volle Terminkalender. Sie sind entsprechend fokussiert auf Sicherstellung eines engen Recalls, konsequente Patientenfolgeterminierung und umgehende Neubesetzung bei kurzfristigen Terminabsagen (mit einheitlichen Vorgehensstandards)
– Um das Fundament für die Patientenfolgeterminierung zu schaffen, ist es die Aufgabe der Zahnärzte, konsequent mit langfristiger Therapieplanung zu arbeiten und diese natürlich auch in der Praxissoftware zu erfassen.
– Der Modus rund um die Erstellung von Heil- und Kostenplänen ist so fixiert (Preisgefüge, Kommunikationsabläufe, Formalien kleinteilig festlegen), dass eine möglichst hohe Quote von Therapieempfehlungen zeitnah umgesetzt wird. Das Ziel wird einvernehmlich definiert, z.B. 75 Prozent, ferner gibt es Regeln für korrekte Datenerfassung, damit die Praxisstatistik aussagefähig ist. Soll/Ist-Abgleich wird ins Praxis-controlling aufgenommen.
– Die EDV-Konfiguration wird so „gefüttert“, dass sich aus dem Therapieschritt die Länge des Patiententermins zuverlässig ergibt
– Die Zimmerbelegung ist so zu steuern, dass die Chancen der zimmerübergreifenden Terminierung ausgeschöpft werden (= Effizienz), aber keine Hektik ausgelöst wird, also: Kleinteilig behandlerindividuell erheben und festlegen.
Häufig besteht ein Engpass in Form einer zu geringen Zahl von Stuhlassistenzkräften oder in einem optimierbaren Delegationsgrad. Ferner ist in den Praxen zu beobachten, dass viele angestellte Zahnärzte ihre Produktivität allein deshalb nicht voll ausschöpfen können, weil sie nur ein Zimmer zur Verfügung haben und/oder zu lückenhaft terminiert sind. Daran entzündet sich regelmäßig Unzufriedenheit. In diesem Zusammenhang wird auch verwiesen auf den Fachbeitrag „Praxisführung mit angestellten Zahnärzten“ Teil 1, ZWP 1+2/2011.
Fazit
Der wirtschaftliche Erfolg des wachsenden Praxisbetriebes steht und fällt mit einer klaren Zielstellung, kompetenter Führung (= Stimulierung hoher Leistungsstandards) und einer ausreichenden Organisationsdichte. Dort liegen Schätze verborgen. Es empfiehlt sich, die systematische Auseinandersetzung mit den Organisationsfragen jeder einzelnen Abteilung und
des Zusammenspiels untereinander. Für einen solchen Entwicklungsprozess hat es sich methodisch bewährt, die Mitarbeiter im Rahmen von Workshops oder Arbeitsgruppen frühzeitig gezielt einzubinden. Die Workshop-Technik hat nicht nur den Vorteil, dass im kollektiven Brainstorming Ideenreichtum und Gedankenketten entstehen, zu denen der Einzelne gar nicht fähig wäre, sondern sorgt auch dafür, dass die Mitarbeiter an dem Gesamtprozess aktiv beteiligt werden und sich deshalb wesentlich besser mit den gemeinsam erarbeiteten Ergebnissen identifizieren. Die anfänglich erhöhte Investition wird durch die anschließenden Effizienzvorteile schnell überkompensiert.