Praxismanagement 28.02.2011

Konfliktmanagement: „Nein, ich hab recht!“



Konfliktmanagement: „Nein, ich hab recht!“

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Kein Zahntechniker wünscht sich diese Situation herbei, aber jeder hat sie bestimmt schon einmal erlebt: Ein Patient/Zahnarzt ist verärgert und beschwert sich beim Zahnarzt/Zahntechniker. Im günstigsten Fall erläutern beide das Problem auf ruhige, sachliche Weise, im schlimms­ten Fall geht der Patient/Zahnarzt mit lauter Stimme und aggressivem, drohenden Tonfall direkt auf den Zahntechniker los und streitet manchmal auf persönlich verletzender, unsachlicher Ebene um „sein Recht“.

Dass aggressive Patienten dem Harmoniebedürfnis von Menschen alles andere als entgegenkommen, versteht sich von selbst. Zahntechniker sollten diese Patienten/ Zahnärzte jedoch nicht als lästige Störenfriede ansehen, denn sie lassen sich wenigstens noch auf eine Form der Kommunikation ein. Zwar ist diese Kommunikation mit „hitzigen“ Patienten/Zahnärzten nicht ganz einfach zu bewältigen, aber eine Herausforderung, die gemeistert werden kann. Vorausgesetzt, das Labor nutzt die Chance auf Verbesserung und ihm steht ein aus­reichendes Wissen im Umgang mit aggressiven Patienten/Zahnärzten bzw. der Lösung von Konfliktsituationen zur Verfügung.

Denn die persönliche Einstellung zu Konflikten ist oft so, dass Labore/ Unternehmen Beschwerden als Störung betrachten, anstatt als Chance zur Weiterentwicklung. Labore/Unternehmen und deren Mitarbeiter neigen deshalb dazu, Auseinandersetzungen zu vermeiden, zu ignorieren und so lange zu „flüchten“, bis es eskaliert.

Gründe für Unzufriedenheit

Damit Dentallabore Richtlinien für ein wertvolles Konfliktmanagement entwerfen können, müssen sie wissen, was ihre Patienten/Zahnärzte verstimmt. Im (Einzel-)Handel sind uns die häufigsten Motive für die Verärgerung von Kunden bekannt: Mitarbeiter, die an Freundlichkeit und Fachkenntnis zu wünschen übrig lassen. Lange Wartezeiten drücken auf das Ge­müt – ob im Geschäft an der Kasse oder in der Praxis. Die Kauflust schmälert ebenso, wenn das gewünschte Produkt nicht im Regal steht, und noch mehr empört Kunden, wenn sie dann ein Produkt kaufen, das sich außerdem als mangelhaft herausstellt. Auch bei den Ausgaben der Kunden gibt es Schmerzgrenzen: Ist ein Produkt zu teuer, verärgert das den Kunden. Genauso empfinden manche Käufer, wenn sie keine oder nur marginale Preis­nachlässe erhalten. Teilweise trifft dies natürlich auch auf Dentallabore zu.

Ungenießbar allerdings können Patienten/Zahnärzte werden, wenn sie sich gering geschätzt fühlen oder den Eindruck haben, übertölpelt worden zu sein. Der Patient z.B. will ausreichend über die Behandlungsmethoden informiert werden, dann aber selbst entscheiden, und er will vor allem mit seinem Anliegen und seinen ganz individuellen Bedürfnissen ernst genommen werden. Und Achtung: Verärgerte Patienten/Zahnärzte sind nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen.

Typische Konfliktsignale

Erste Signale sendet der Patient/Zahnarzt durch einen veränderten Tonfall in der Stimme oder durch seine Körpersprache. Einzelne Signale müssen nicht eindeutig auf einen verstimmten Kunden hinweisen, aber meist tritt ein Anzeichen nicht alleine auf. Im Bündel wird der verärgerte Patient/Zahnarzt deutlicher. Bevor er seinen Ärger artikuliert und kommuniziert, drückt er ihn meist schon durch nonverbale Signale aus: Im Gesicht tritt eine gerunzelte Stirn auf, er rümpft die Nase oder zieht die Augenbraue hoch und er presst die Lippen zusammen (damit die Wut nicht von selbst in Form von Worten herausdringt). Ein Tipp am Rande: Wenn es Konflikte gibt, lassen sich diese an einem neutralen Ort, sprich einem normalen Schreibtisch, vielleicht manchmal besser besprechen als im Behandlungs- oder Laborraum. Mit an­gespannten Schultern und halb abgewandtem Körper droht er vielleicht noch mit dem Zeigefinger, den er wie eine Pistole auf Sie richtet. Verschränkt er seine Arme vor dem Körper und schüttelt den Kopf – sind die Anzeichen eindeutig. Manche Patienten/Zahnärzte gehen dann sehr schnell und aggressiv auf den Zahntechniker zu und vergessen jegliche Distanz, indem sie ihr Gegenüber berühren. Gleichzeitig wird die Stimme lauter, der Tonfall aufmüpfig, rechthaberisch und dickköpfig. Der Patient/Zahnarzt kann sich in der Wortwahl vergreifen, er wird unsachlich und nimmt keine Argumente mehr wahr.



Strategien zur Deeskalation

Hilfreich ist, wenn im Labor ein roter Faden für Konfliktgespräche erarbeitet wird. Meist hat sich schon Wut aufgestaut, wenn sich ein Patient/Zahnarzt beschwert. Ein wichtiges Ventil ist, wenn er seine Luft erst mal ablassen kann. Lassen Sie ihn reden – und hören Sie genau zu. Fragen Sie nach und wiederholen Sie seine Vorwürfe in eigenen Worten: Erstens können Sie sich damit sicher sein, ihn richtig verstanden zu haben, zweitens soll er aussprechen dürfen, was ihn aufregt. Übernehmen Sie als Empfänger Verantwortung, auch wenn Sie nicht der Verursacher waren. Verweisen Sie nicht auf dritte Personen, wie Industrie, Kollege o.ä., die an allem Schuld sind (oder sein sollen). Sie re­präsentieren in diesem Moment für den Beschwerdeführer das Labor und sollten sich sofort darum kümmern.

Versetzen Sie sich in die Situation des Patienten/Zahnarztes

Die emotionale Seite einer Auseinandersetzung ist nicht zu unterschätzen. Deshalb: Bringen Sie Verständnis für seine Lage auf. Er fühlt sich dann nicht so alleine ge­lassen. Bleiben Sie ruhig und beachten Sie: Besser ist, das Problem zu lösen als die Schuldfrage klären zu wollen. Das trägt nur zur weiteren Eskalation bei. Der nächste Schritt ist, eine gemeinsame Lösung zu finden, die für alle Beteiligten annehmbar ist. Wird neben der Behebung der sachlichen Mängel dem Patienten/Zahnarzt vor allem auf der emotionalen Ebene gezeigt, dass man sein Anliegen ernst nimmt und ihn wertschätzt, so können aus unzufriedenen sogar begeisterte Patienten/Zahnärzte werden.

Eigene Einstellung ist ein Teil der Lösung

Wenn eine Situation kurz vor der Eskalation steht und der Patient/Zahnarzt „barsch“ wird, ist es menschlich verständlich, in Abwehrhaltung zu gehen. Wie sich Zahntechniker dann verhalten, hängt von ihrer Persönlichkeit ab. Selbstbewusste Menschen verteidigen die eigene Position, harmoniebedürftige versuchen, sich aus der Affäre zu ziehen und Gesprächspartner ohne Selbstvertrauen schieben die Gründe für den Ärger auf andere. Diese Reaktionen beruhen auf der Vorstellung, dass Konflikte grundsätzlich negativ und damit überflüssig sind. Konflikte sind aber naturgegeben und sollten deshalb offen angegangen werden, damit eine Lösung erreicht werden kann.

Grundsätzlich ist Konfliktmanagement auf der Ebene der Führungskräfte an­gesiedelt. Laborinhaber sind in diesem Zusammenhang für ihre Zahntechniker und das Laborteam verantwortlich – als Ansprechpartner im Krisenfall und als Vorbild im Alltag. Eine gute Konfliktkultur kann also nicht nur verordnet werden, Mitarbeiter können und sollten sie lernen – vom Inhaber des Dentallabors ebenso wie von eventuell vorhandenen Teamleitern. Beschwerden zu vermeiden oder unter den Teppich kehren zu wollen, ist illusorisch, denn selbst wenn die Patienten- und Zahnarztzufriedenheit insgesamt hoch ist, kann es vorkommen, dass dies in Einzelfällen anders ist. Patienten und Zahnärzte müssen sich beschweren können. Ein Dentallabor gibt dem Patient/Zahnarzt so zu ver­stehen, dass es deren Wünsche ernst nimmt.

Autor: Ralf R. Strupat


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