Psychologie 23.03.2015
Zahnarztphobie – So werden Patienten die Angst los
Die Angst vor dem nächsten Besuch beim Zahnarzt ist ein Alltagsphänomen. Gerade dann, wenn Eingriffe wie die Füllungstherapie an empfindlichen Zähnen oder gar Zahnextraktionen drohen, nehmen Patienten mit einem unguten Gefühl im Wartezimmer Platz. Selbst wenn nur ein Routinecheck ansteht – viele suchen ihren Zahnarzt nur ungern auf. Wie tief die Angst vorm Zahnarzt in der Bevölkerung verwurzelt ist, zeigen Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde.
Laut DGZMK leiden mehr als zwei Drittel der Patienten unter Angst vor dem Zahnarzt. Etwa ein Fünftel wird von einer hochgradigen Zahnarztangst und bei circa fünf Prozent ist im Verlauf der Jahre sogar eine Angststörung entstanden.
Damit sind Patienten, die völlig angstfrei und ohne flaues Gefühl in der Magengegend zum Zahnarzt gehen, eher eine Minderheit. Die Angst vor dem Arzt bzw. vor der Behandlung erschwert letztlich allen Beteiligten den Alltag. Patienten gehen nur zum Zahnarzt, wenn sie dauerhaft Schmerzen haben, die Krankenkassen müssen höhere Kosten stemmen, da auf erfolgreiche Therapie in der Krankheitsfrühphase verzichtet wird. Und der Zahnarzt steht nicht selten einem komplizierten und inzwischen multifaktoriellen Krankheitsgeschehen gegenüber.
Angst vor dem Zahnarzt: Adäquate Betreuung durch Fortbildung
Unterm Strich führt die Angst vorm Zahnarztbesuch zu:
- höheren Kosten für das Gesundheitswesen
- komplexen Befundsituationen
- einem hohen Leidensdruck beim Patienten
- und zu einer schleichenden Gesundheitsgefährdung.
Jede Entzündung oder Infektion im Mund- und Kieferbereich bildet eine Pforte, über welche Keime in den Körper ein- und vordringen können. Zu den Folgen gehört nicht nur der Zahnverlust, auch eine Sepsis tritt regelmäßig auf. Zahnärzte müssen daher letztlich nicht nur das eigentliche Zahnproblem behandeln.
Gerade bei Patienten mit ausgeprägtem Angstgefühl muss der Behandler auf die daraus resultierenden individuellen Rahmenbedingungen der Therapie eingehen. Wie kann die erfolgreiche Behandlung, die auch auf das Thema Zahnarztangst eingeht, in der Praxis aussehen? Leider zeigen Studien, dass viele Ärzte sich dieses Problems zwar bewusst sind. Ein aktives Arbeiten gegen die Angst durch adäquate Weiterbildungen findet aber nur selten in Zahnarztpraxen statt.
Nur wenige Prozent der Zahnmediziner bilden sich entsprechend fort. Die Folge: Als Mittel zur Behandlung der Angstpatienten wird zu konservativen Methoden, wie eine Therapiestaffelung mit Informationsgesprächen, gegriffen. Viele Behandler machen damit aber nicht unbedingt die besten Erfahrungen. Auf der anderen Seite stehen psychotherapeutische zur Angstreduzierung, die Arbeit mit gezielten Entspannungstechniken sowie das Arbeitsfeld der Hypnose – Elemente, die in der Behandlung immer wieder positiv abschneiden, sich aber nur durch gezielte Fortbildungen erlernen lassen. Daher kann eine angemessene Betreuung und Behandlung in der Zahnarztpraxis nur erfolgreich sein, wenn die fachliche Basis stimmt und sich Ärzte wie Praxispersonal in entsprechender Weise weiterbilden.
Einfühlungsvermögen: Mit dem Patienten auf Augenhöhe
Die Arbeit der Zahnärzte wird im Praxisalltag gern auf die konservierend-chirurgische Therapie, die Kieferorthopädie und den Zahnersatz reduziert. Ein guter Zahnarzt leistet heute aber wesentlich mehr. Gerade im Zusammenhang mit Beklemmungs- und Angstgefühlen muss ein Behandler auf seinen Patienten eingehen. Dazu gehört nicht einfach das Wissen um die Tragweite der Angststörungen oder welche grundlegenden Behandlungskonzepte heute zur Verfügung stehen.
Vielmehr braucht der Zahnarzt soziale Kompetenzen – sprich Einfühlungsvermögen –, um das individuelle Ausmaß der Behandlungsangst zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Wie wichtig Patienten dieser eher soziale Aspekt in der Behandlung ist, zeigen Umfragen von Jameda. Hier zeichnet sich ab, dass die moderne Ausstattung und die Möglichkeiten neuester Behandlungsmöglichkeiten vielen Zahnarztpatienten weniger wichtig sind. Am meisten zählen demnach:
- umfassende Beratung
- gründliche Behandlung
- Einfühlungsvermögen und
- das Auftreten des Praxispersonals.
Inzwischen ist der Einfluss dieser Rahmenbedingungen der Behandlung selbst Zahnärzten so wichtig geworden, dass Patienten mit einer entsprechenden Argumentation aktiv umworben werden. Schließlich fühlt sich jeder Praxisbesucher in einem angenehmen und entspannten Umfeld nicht nur aufgehoben. Einfühlungsvermögen erweckt den Eindruck, sich verstanden zu fühlen – und dem Behandler auf Augenhöhe begegnen zu können.
Behandlungsangst: Mit der Betäubung den Schmerz nehmen
Zu den Auslösern und Ursachen der Behandlungsangst beim Zahnarzt gehören in aller Regel traumatische Erfahrungen aus der Kindheit. Das Gefühl, dem Zahnarzt ausgeliefert zu sein, ist hierbei genauso präsent wie die Angst vor Schmerzen. Entspannungstherapien, Hypnose und natürlich viel Einfühlungsvermögen können Patienten dabei helfen, einen Teil der Angst vor einer anstehenden Behandlung abzubauen.
Eine weitere Möglichkeit zur schmerzfreien Arbeit im Mund- und Kieferbereich ist die Betäubung. Im Rahmen einer Wurzelbehandlung oder Zahnextraktion Standard, ist die Lokalanästhesie bei einfachen Behandlungen durchaus nicht selbstverständlich. Patienten, die unter Behandlungsangst wegen der Schmerzen leiden, stehen vor einem zusätzlichen Problem. Gängige Praxis ist heute das Applizieren des Wirkstoffs in die Schleimhaut per Nadelstich – was wiederum zu Schmerzen führt.
Inzwischen lässt sich aber auch dieses Problem lösen. Seitens der Zahnmedizin werden heute verschiedene Verfahren zur Betäubung/Sedierung eingesetzt, die ohne Nadelstich auskommen. So benutzten einige Zahnarztpraxen heute die intraligamentäre Technik oder die Lachgas-Analgesie. Im Prinzip ist derzeit eine lokale Blockade des Schmerzempfindens auch ohne Nadel möglich. In Zukunft wird sich dieses Behandlungsfeld weiterentwickeln – und Patienten eine noch angenehmere Behandlung ermöglichen. Ein Blick in bekannte Jobbörsen wie Stepstone.de zeigt, dass die Pharmaunternehmen auch in diesem Bereich expandieren möchten.
Die Angst vorm Zahnarzt ernst nehmen
Der Besuch beim Zahnarzt löst bei einigen Menschen schon Wochen im Voraus ein unangenehmes Gefühl aus. Die Behandlungsangst oder Dentophobie kann so weit gehen, dass Prophylaxe und Therapie über Jahre stark vernachlässigt werden. Dabei bietet die moderne Zahnmedizin inzwischen Mittel und Wege, um mit diesen Hindernissen umzugehen.
Neben der Unterbindung des Schmerzreizes durch die klassische Betäubung setzen Praxen inzwischen auch auf Methoden für eine schmerzfreie Applikation. Gleichzeitig sind in der Vergangenheit Alternativen zur lokalen Betäubung wieder stärker in den Vordergrund gerückt und bei einer wachsenden Patientenzahl präsent. Die Rede ist von Verfahren der Hypnose oder der Lachgas-Analgesie. Etwas können aber die besten und wirkungsvollsten Methoden nicht ersetzen – das Einfühlungsvermögen und Verständnis der Behandler. Eine Eigenschaft, die viele Patienten an ihren Zahnärzten über die Jahre schätzen gelernt haben und deshalb dem gleichen Arzt lange treu bleiben.