Recht 02.03.2022
Alternativplan Still-Beschäftigungsverbot?!?
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Zwischen all der Freude über den soeben geborenen Nachwuchs mischen sich nicht selten finanzielle Fragen. Elterngeld oder Still-Beschäftigungsverbot? Wir sagen dir, welche Option für dich infrage kommt.
Was ist was?
Mit Bekanntgabe der Schwangerschaft, welche du deiner Praxisleitung unverzüglich mitteilen musst, muss sich diese mit der Gefährdungsbeurteilung deines Arbeitsplatzes neu auseinandersetzen. Als behandelnde ZFA in der Stuhlassistenz, die direkt in Kontakt mit Biostoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 kommt, muss dir eine andere, nicht gefährdete Position zugewiesen werden. Ist dies nicht möglich oder ein Wechsel nicht zumutbar, muss die Praxisleitung das Still-Beschäftigungsverbot (Still-BV) aussprechen. Für ZMVs, die ausnahmslos am Empfang und in der Abrechnung tätig sind, greift diese Möglichkeit entsprechend nicht.
Für alle anderen kann das Still-BV nach Beendigung des Mutterschutzes eine attraktive Alternative zum Elterngeld sein. Letzteres beträgt zwischen 65 und 67 Prozent des vorherigen Nettogehalts und gibt’s vom Bund, beim Still-Beschäftigungsverbot wird das Durchschnittsgehalt des letzten Quartals vor der Schwangerschaft durch die Praxisleitung ausgezahlt. Keine Sorge: Für die Praxisinhaber*innen ist dies mit einem reduzierten Kostenaufwand verbunden, da sie das Geld über das Umlageverfahren von der Krankenkasse nachträglich erstattet bekommen. Die Praxis muss mit dem Gehalt aber zunächst immer in Vorleistung gehen. Damit ist die Beantragung sowie das Still-Beschäftigungsverbot an sich mit einem gewissen Verwaltungsaufwand verbunden. Unangetastet vom Still-BV bleiben die gesetzlichen Urlaubsansprüche, die mit dem durchschnittlichen Gehalt der letzten drei Monate vor dem Beginn des Mutterschutzes zu vergüten sind. Diese für die Praxisleitung anfallenden Kosten sowie Verwaltungskosten werden nicht durch die Krankenkasse erstattet. In der Regel ist der Bezug des Still-BVs nur in den ersten zwölf Monaten nach der Geburt. Danach bzw. auch im Anschluss an das Still-BV hast du die Möglichkeit, Elterngeld zu beantragen, musst aber mit dem 14. Lebensmonat des Kindes in das Elterngeld plus wechseln, womit dir im Vergleich weniger Geld zusteht.
Wie bekomme ich das Still-Beschäftigungsverbot?
Das Beschäftigungsverbot in der Stillzeit muss nach Ablauf des Mutterschutzes (acht Wochen nach der Geburt des Kindes) von der Praxisleitung ausgesprochen werden, wenn …
- die frischgebackene Mutter nach Beendigung des Mutterschutzes ihre Arbeitsbereitschaft anzeigt, gleichzeitig aber mitteilt, dass sie stillt. Notwendig ist in jedem Fall eine formlose Stillbescheinigung durch die Frauenärztin bzw. den Frauenarzt oder die Hebamme.
- die Gefährdungsbeurteilung ihres Arbeitsplatzes eine Gefahr für Mutter und Kind ergibt, der Arbeitnehmerin aber keine alternative Tätigkeit zugewiesen werden kann.
Damit liegt das Still-BV in der Fürsorgepflicht der Praxisleitung, welche nach Prüfung des notwendigen Arbeitsschutzes ein damit zusammenhängendes Beschäftigungsverbot aussprechen muss.
Hürden und Risiken
Wichtig ist, dass das Still-BV rechtssicher verhängt wird, also das Berufsverbot rechtmäßig ausgesprochen wird und alle notwendigen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Sollte dies nicht der Fall sein, kann das für die Praxisleitung finanzielle Folgen haben, weil die ausgezahlten Gehälter an die Krankenkasse zurückgezahlt werden müssen. Aber auch dir als Arbeitnehmerin drohen Konsequenzen: Bei einem nicht gerechtfertigten Beschäftigungsverbot und auch generell im Still-Beschäftigungsverbot steht dir nur im Mutterschutz Kündigungsschutz zu, da dies gemäß § 17 MuSchG nur bis zu vier Monate nach der Entbindung geregelt ist. Zudem hast du mit der Entscheidung für das Still-BV keinen Anspruch auf Elterngeld. Ein zusätzlicher Risikofaktor ist die Dauer des Still-Beschäftigungsverbots. Im Gegensatz zu den Regelungen zur Elternzeit muss im Still-BV nicht vor Beginn der Freistellung geklärt werden, für welche Zeiten du am Arbeitsplatz fehlen wirst. Dies kann aber zu Komplikationen führen, da die meisten gesetzlichen Krankenkassen nur bis zum ersten Geburtstag deines Kindes das Gehalt entsprechend deinem vorherigen Verdienst auszahlen (obwohl unter § 12 MuSchuG explizit eine zeitliche Begrenzung ausgeschlossen wird). Die Praxisleitung ist danach zwar verpflichtet, dich auch weiterhin zum Stillen freizustellen, allerdings nicht mehr vollständig. Die Zeit der bezahlten Freistellung beträgt dabei mindestens zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde.
Fazit
Es ist festzuhalten, dass das Still-Beschäftigungsverbot einige Vorteile bietet, aber auch mit einem Kosten- und Verwaltungsaufwand für die Praxen verbunden ist. Die Risiken kann deine Praxisleitung minimieren, indem bereits während deiner Schwangerschaft die Gefährdungsbeurteilung deines Arbeitsplatzes konkretisiert und aktualisiert wird. Oberste Priorität sollte immer der Schutz deiner Gesundheit und der deines Kindes haben. Es ist deshalb besonders wichtig, dass das Still-Beschäftigungsverbot rechtssicher ist, damit du die Zeit mit deinem Baby in vollen Zügen genießen kannst.
Dieser Beitrag ist in Zahnärztliche Assistenz erschienen.