Kieferorthopädie 10.11.2014
So geht perfektes Finishing
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Im Interview mit der KN gibt Prof. Dr. José Nelson Mucha zehn praktische Tipps für die Realisierung eines perfekten kieferorthopädischen Finishings.
Verfügen Sie über eine Checkliste zur Bewertung von Problemen in der Finishingphase?
Ja, ich habe eine Checkliste, die ich allen Kollegen empfehle, hierbei insbesondere den Anfängern in der klinischen Kieferorthopädie. Diese Checkliste (Abb. 1) umfasst eine hierarchische Abfolge von sieben wichtigen Punkten: 1. Mundgesundheit, 2. Ästhetik, 3. Okklusion, 4. Funktion, 5. Stabilität, 6. Allgemeine Betrachtungen zur Behandlung, und 7. Schlussfolgerungen zum Fall. Bezüglich der Mundgesundheit versuchen wir die folgenden Probleme zu verhindern: 1. Karies, 2. Zahnentkalkung, 3. Parodontale Resektion, 4. Wurzelresorption, mit trotzdem guter 5. Wurzelparallelität.
Obwohl einige der Punkte in Bezug auf die Mundgesundheit als irreversibel erachtet werden, z.B. Zahnentkalkung und Wurzelresorption, stellen Beobachtung, Indikation und Wahrnehmung dieser Punkte ein wichtiges Element für den entsprechenden Fall dar und dienen als Anzeige dafür, dass damit in Zusammenhang stehende Probleme in der Zukunft vermieden werden.
Was ist für ein exzellentes kieferorthopädisches Finishing von grundlegender Bedeutung?
Für ein exzellentes kieferorthopädisches Finishing sind zwei Punkte besonders wichtig. Der erste Punkt umfasst eine sehr klare Vorstellung davon, wie eine perfekte Okklusion aussehen muss. Diese perfekte Okklusion umfasst die folgenden Punkte:
- 1. Optimale Mundgesundheit: Dies bedeutet eine Aufrechterhaltung der Zahngesundheit, der unterstützenden Strukturen und der sonstigen Komponenten des Kauapparats.1
- 2. Zufriedenstellende Ästhetik: Im Gesicht, in Bezug auf die Zähne, und insbesondere in Bezug auf das Lachen (Abb. 2).
- 3. Anatomische Harmonie: Dies bedeutet, dass die miteinander in Zusammenhang stehenden Teile des Kauapparats auch in Einklang stehen. Dies erfordert eine Harmonie der Form zwischen: a) den Zähnen und dem Gesicht: angemessene Zahnpositionen für ein ästhetisch ansprechendes Gesicht, Zähne und Lachen; b) der unteren Zahnreihe und der oberen Zahnreihe; c) den posterioren Zähnen, den Wangen und der Zunge; d) den anterioren Zähnen, den Lippen und der Zunge; e) Kondylus, Diskus, Muskulatur und den Zähnen.1
- 4. Funktionale Harmonie: Der bevorzugte Typ der funktionalen Okklusion wird als „wechselseitige Schutzokklusion“ bezeichnet. Hierbei sorgen die posterioren Zähne während der zentrischen Okklusion für einen Schutz, und die anterioren Zähne schützen die exzentrische Okklusion (anteriore Führung), ohne die posterioren Zähne bei der mandibulären Bewegung zu behindern. Hierfür ist es notwendig, dass sich diese Dentition in einer neutralen Zone zwischen Zunge und den perioralen Muskeln befindet (Abb. 3).2
- 5. Okklusale Stabilität: Wenn jeder Zahn fest sitzen bleibt, keinen übermäßigen Verschleiß zeigt und an seiner perfekten Position verbleibt, ist auch die Okklusion stabil. Die klinischen Anzeichen für eine Instabilität sind Hypermobilität, übermäßiger Verschleiß und eine Migration oder ein Rezidiv (Abb. 4).1
Der zweite Punkt ist nicht weniger wichtig und bezieht sich auf die Fähigkeit, Details zu erkennen, die nicht in den Bereich einer perfekten Okklusion fallen. Der Kieferorthopäde muss seine Wahrnehmung so umfassend schulen, dass sie genauso akkurat wie bei William von Baskerville, dem Detektiv aus Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ ist. Oder der Kieferorthopäde muss zu einem solch scharfsinnigen Beobachter werden, sodass seine Fähigkeiten zur Schlussfolgerung denen von Sherlock Holmes und Auguste Dupin ebenbürtig sind. Die Wahrnehmung muss so umfassend trainiert werden, dass alle Details erkannt und auch verstanden werden. Ohne die Fähigkeit zum Ziehen von Schlussfolgerungen für ein perfektes Finishing und ohne die Fähigkeit zum Erkennen von kleinsten Details ist es nicht möglich, perfekte Ergebnisse zu gewährleisten. In Bezug auf die wahrgenommenen Details, die eine perfekte Okklusion verhindern, muss der Kieferorthopäde über die Mittel und Ressourcen verfügen, um diese Details zu verbessern. Diese Ressourcen werden zusammen mit der Fähigkeit, die noch weiter trainiert werden kann und sollte, im Folgenden besprochen.
Welches sind die häufigsten klinischen Verfahren zur Verbesserung des kieferorthopädischen Finishings?
Ich denke, dass die zehn Punkte, die auf der AAO-Jahrestagung Ende April 2014 in New Orleans vorgestellt wurden („Top ten tips for excellence in orthodontic finishing“) – Ihre Frage umfassend beantworten werden. Die ersten zwei Punkte (1. Die eigenen Ziele definieren, und 2. Eine Checkliste anfertigen) habe ich bereits in den vorhergehenden Fragen besprochen. Es fehlen jedoch noch acht Punkte, die ich nachfolgend beschreiben möchte:
3. Verbesserung der Bracketpositionierung
4. Repositionierung von Brackets
5. Ausführung von Bogenanpassungen
6. Blick auf die Zähne, nicht auf die Apparatur
7. Verbesserung der funktionalen Okklusion
8. Anatomisches Reshaping der Zähne
9. Planung der Retention
10. Planung der Entfernung der Apparatur
3. Verbesserung der Bracketpositionierung
Meiner Meinung nach sind einige Bereiche für die Befestigung der Apparatur von einer größeren Bedeutung. Hierzu gehören beispielsweise: a) die oberen zweiten Molaren, b) die unteren ersten Prämolaren, c) die oberen zweiten Prämolaren und ersten Molaren, d) die dritten Molaren, und e) gemäß Malokklusion.
a) Die oberen zweiten Molaren
Normalerweise tritt zwischen dem ersten und zweiten Molaren eine Stufe auf (Abb. 5). Um diese Stufe zu vermeiden, ist es wichtig zu wissen, wie sich diese Zähne in einer normalen Situation verhalten. Durch die Analyse von Position und Neigung der zweiten Molaren bei einer Reihe von Fällen mit normaler Okklusion wurde festgestellt, dass sich diese Zähne in einer höheren Position im Verhältnis zur okklusalen Ebene und in einem leichten distalen Winkel befinden (Abb. 6).
Es scheint, dass die Position dieser Zähne leicht davon abweicht, wie wir unsere kieferorthopädischen Apparaturen normalerweise befestigt haben. Die klinischen Kronen der zweiten Molaren sind immer nach distozervikal abgewinkelt.3 Identische Situationen können wir auch in den Darstellungen von Angle als normale Okklusion erkennen (Abb. 7).4 Klonts5 betont diesen Zustand auch sehr deutlich in seinem Artikel „Readout“. Um Probleme bei der Positionierung der Brackets und Tubes an den oberen zweiten Molaren zu vermeiden, müssen daher die folgenden Schritte durchgeführt werden: den Zahn in seiner normalen Position halten, das Bracket so okklusal wie möglich positionieren und Kontrolle des Torques.
b) Der untere erste Prämolar
Eine sehr häufige Situation ist die Klasse II-Malokklusion mit ausgeprägtem Überbiss. Dies ist nicht nur einfach eine scharfe Spee’sche Kurve, sondern es tritt hierbei normalerweise auch eine Stufe zwischen Eckzahn und erstem Prämolaren auf (Abb. 8). Wenn das Ziel in einer ausgezeichneten Interkuspidation zwischen diesen Zähnen liegt (Abb. 9), dann liegt die Lösung darin, das Bracket des ersten Prämolars leicht zervikal zu positionieren. Dies ist ein technischer Ansatz zur Verbesserung der okklusalen Kontakte in diesem Bereich und verhindert erforderliche Neugestaltungen oder Bending der Bögen. In einem klinischen Fall, bei dem der erste Prämolar mit einem Bracket so zervikal wie beim Eckzahn befestigt wurde, konnte eine ausgezeichnete Interkuspidation in diesem Bereich erzielt werden (Abb. 10).
c) Die oberen zweiten Prämolaren und ersten Molaren
Die Höhe der mesialen bukkalen Höcker des ersten Molaren ist immer um bis zu 1 mm geringer als die Höhe der bukkalen Höcker des zweiten Prämolaren (Abb. 11, 12). Somit kann festgestellt werden, dass es nicht möglich ist, eine korrekte Befestigung von einem höheren Höcker vorzunehmen, wobei jedoch die Randleisten berücksichtigt werden müssen.
d) Die dritten Molaren
Insbesondere bei erwachsenen Patienten erachte ich es als erforderlich, die kieferorthopädische Apparatur an allen Zähnen zu befestigen. Das bedeutet, dass immer die zweiten Molaren und entsprechende Zähne enthalten sein müssen. Wenn die dritten Molaren noch vorhanden sind (ohne Extraktionen), müssen sie ebenfalls mit der Apparatur verbunden sein. Nach meiner Ansicht müssen sie entweder extrahiert oder in die Behandlung mit eingeschlossen werden (Abb. 13).
e) Gemäß der Malokklusion
Die Fälle mit offenem Biss oder tiefem Überbiss profitieren von der Effektivität der Behandlung, wenn die Brackets bei einem starken Überbiss inzisaler bzw. bei einem offenen Biss zervikaler an den anterioren Zähnen befestigt werden.6
Auf die gleiche Weise können auch andere Malokklusionen von diesem Ansatz profitieren. Die Abbildungen 14 und 15 zeigen einen Fall mit leichter Gesichtsasymmetrie und einem asymmetrischen Lachen mit einer starken Änderung der okklusalen Ebene und der Frontzahnlinie auf einer Seite im Vergleich zur gegenüber liegenden Seite, was für die Patientin das größte Problem darstellt. Die Lösung lag in der Zusammenstellung der Apparatur entsprechend der Malokklusion, wobei sich die Höhe des Eckzahnbrackets auf der einen Seite von der entsprechenden anderen Seite unterscheidet. In diesem Fall stellte die Ausrichtung eine wesentliche Verbesserung dar.
4. Repositionierung der Brackets
Die Frage, die diesbezüglich gestellt werden kann, lautet: Warum ist es erforderlich, die Apparatur neu zusammenzustellen? Wir müssen hierbei auf einige Artikel in Bezug auf dieses Thema verweisen. Gemäß Polling werden die Ergebnisse, die durch die voreingestellte Apparatur erzielt werden, durch die Fähigkeiten des Kieferorthopäden bezüglich der korrekten Platzierung der Apparatur und durch die Anpassbarkeit der gewählten Apparatur an den jeweiligen Patienten bestimmt. Ein Kieferorthopäde muss möglicherweise Brackets repositionieren oder Anpassungen am Bögen vornehmen, um ein perfektes Finishingergebnis zu gewährleisten.7
Koo et al. vergleichen die Genauigkeit der Bracketpositionierung bei direkter und indirekter Klebetechnik und schlussfolgerten, dass keine der Techniken eine ideale Positionierung des Brackets erzielt.8
Hodge et al. haben in einer randomisierten klinischen Studie die Genauigkeit von direkter und indirekter Bracketpositionierung untersucht und ebenfalls geschlussfolgert, dass in Bezug auf die mittlere Fehlerrate bei der Bracketpositionierung zwischen direkter und indirekter Methode keine Unterschiede bestanden.9 Redmont et al. haben bei der Bewertung der OrthoCAD-Bracketpositionierung festgestellt, das diese (nur) dabei behilflich sein können, die Häufigkeit und Anzahl von Bogenanpassungen und Terminen für eine Repositionierung zu reduzieren (aber nicht zu eliminieren).10
Armstrong et al. haben eine Untersuchung zumVergleich der Genauigkeit der Bracketpositionierung bei zwei unterschiedlichen Techniken durchgeführt, d.h. per Lokalisierung der Mitte der klinischen Krone und per Messung des Abstands von der Inzisalkante. Dabei haben sie geschlussfolgert, dass das Fehlerausmaß bei der Bracketpositionierung unabhängig von der verwendeten Technik zeigt, dass eine Bogenanpassung oder eine Repositionierung der Brackets erforderlich ist, um annehmbare Behandlungsergebnisse zu erzielen.11
Suárez et al. haben unter Verwendung von digitalen Modellen die Auswirkungen der Positionierung von Brackets auf konstanter Höhe auf die Ausrichtung der Randleiste untersucht und dabei festgestellt, dass die Protokolle mit vertikaler Positionierung der Brackets, die die individuellen labialen Kronenkonvexitäten und Kronenlängen ignorieren, für einen anfänglichen Bracketpositionierungsfehler sorgen können, der am Ende der Behandlung zu einer schlechten Anpassung der Randleiste führen kann.12 Die Frage lautet: Ist ein Bonding an der optimalen Position eine Garantie für ein perfektes Alignment und Nivellieren? Bei nicht nivellierten Zähnen lautet die Antwort NEIN. Warum? Die Gründe werde ich detaillierter in der vierten Frage dieses Interviews darlegen.
5. Ausführen von Bogenanpassungen
Die Frage in Bezug auf diesen Punkt kann erneut lauten: Warum sollte man Anpassungen an den Bögen vornehmen? Lassen Sie uns die Literatur hierzu betrachten, in der Folgendes dargelegt wird: Ein Kieferorthopäde muss möglicherweise Brackets repositionieren oder Anpassungen an den kieferorthopädischen Bögen vornehmen, um ein ausgezeichnetes Behandlungsergebnis zu erzielen.7 Meiner Meinung nach muss man beide Verfahren durchführen, d.h. Repositionierung der Brackets und Ausführen von Anpassungen der Bögen. Lossdörfer et al. haben bei einer Analyse der Torquekapazität einer vollständig individualisierten lingualen Apparatur der nächsten Generation festgestellt, dass eine sorgfältige Behandlungsplanung erforderlich ist, um unerwünschte Nebenwirkungen in Bezug auf die parodontale Architektur zu vermeiden.13 Selbst bei SureSmile ist es erforderlich, die Drähte zu biegen. Der Artikel „Interview with the innovator: SureSmile’s Chief Dr. Sachdeva“ bestätigt und zeigt, dass Modifizierungen des Bogens erforderlich sind, um die gewünschte Anpassung zu erreichen.14 Johnson schlägt vor, bei der Straight-Wire-Apparatur individualisierte Torqueprescriptions zu nutzen, wobei hervorgehoben wird, dass bei Finishingbögen aus Edelstahl weniger Zeitaufwand für die finale Torqueanpassung erforderlich sei.15 Ich bestätige hierbei, dass er sich auf weniger Anpassungen und nicht auf die Eliminierung dieser Verfahren bezieht. Eine weitere wichtige Frage betrifft die Lücke zwischen Bogen und Slot. Hat ein Bracket wirklich die von den Herstellern angegebenen Abmessungen? Cash et al. stellen bei einer Bewertung der Schlossgröße bei kieferorthopädischen Brackets die Frage: Sind die Standards so wie erwartet? Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass kieferorthopädische Bracketslots allesamt größer sind als von den Herstellern angegeben.16
Bei einer Bewertung der Abmessungen von Slots bei Metallbrackets durch Assad-Loss et al.17 wurde festgestellt, dass deren wahren Abmessungen größer sind. Joch et al. bewerten die Abmessungen von Bracketslots und Bogendimensionen in Bezug auf die Fertigungsgenauigkeit und das Abstandsmaß dritter Ordnung. Sie schlussfolgern, dass die Genauigkeit der von den Herstellern angegebenen Abmessungen nicht als gegeben erachtet werden sollte. Eine perfekte Behandlung erfordert trotzdem noch Korrekturbiegungen durch den Kieferorthopäden.18
Zur Verbesserung der okklusalen Kontakte stehen dem Kieferorthopäden nur zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Repositionierung der Brackets oder Vornahme von Anpassungen der kieferorthopädischen Bögen. In einigen Fällen ist es erforderlich, das Bending der Bögen zu erhöhen oder zu verringern, um ein Alignment zu erhalten wie in Abbildung 16 dargestellt. Um perfekte okklusale Kontakte mit einer perfekten Interkuspidation der ersten und zweiten Molaren zu erreichen, ist es erforderlich, Biegungen mit einzubringen, um diese Art von Okklusion bei dieser Art von dentaler Anatomie zu kompensieren oder zu erhalten.
Um hinreichende Kontaktpunkte zwischen den seitlichen Schneidezähnen und den unteren Eckzähnen zu erhalten, ist es häufig notwendig, die Offsets der Eckzähne in die Bögen mit einzubeziehen oder zu vergrößern (Abb. 17). Aufgrund der Beschränkungen der Apparatur in jedem Einzelfall, d.h. für eine perfekte Überbrückung der Lücke zwischen Bogen und Slot, ist es erforderlich, die Apparatur einzeln anzupassen oder Bögen zu biegen. Es ist weiterhin auch wichtig, diese Aspekte bei der nächsten Antwort zu berücksichtigen.
Dougherty hat Folgendes in einem Gasteditorial erwähnt: „Wendell Wylie, einer meiner besten Lehrer, hat einmal gesagt: Ein guter Kieferorthopäde, der die Grundlagen kennt, kann eine Behandlung selbst mit Stacheldraht vornehmen, wenn dies erforderlich ist. Ein schlecht ausgebildeter Kieferorthopäde wird selbst mit den modernsten Apparaturen niemals eine gute Behandlung erzielen.“19
6. Blick auf das Gesicht und die Zähne, nicht auf die Apparatur
Für ein besseres Verständnis dieses Punktes müssen wir erneut den zweiten und dritten Aspekt auf der Checkliste, die sich auf die Ästhetik und die Okklusion beziehen, betrachten.
a. Gesicht in Frontalansicht mit Symmetrie und ausgewogenen Proportionen.
b. Gesicht in Profilansicht mit vollständig orthognatem Profil. Für die Analyse der unteren Gesichtshälfte im Profil mit entsprechender Bezugnahme und Kontur für Nase, Oberlippe, Unterlippe und Kinn möchte ich die S-Line nach Steiner als Referenz verwenden.20
c. Dentale Ästhetik: Lippen in Ruhezustand. Im Alter von 15 bis 30 Jahren sollten Lippen im Ruhezustand 3 bis 5 mm hervorstehen.21
d. Lachen:
- i. Parallele Oberkanten formen die Unterlippe. Müssen parallel zur Kontur der Unterlippe sein, die unteren Zähne müssen der gleichen Linie folgen.
- ii. Zahnfleisch und Zahnfleischverlauf: symmetrisch und parallel zur Kontur der Oberlippe. Bis zu 1 bis 2 mm freiliegend.
- iii. Darstellung der Schneidezähne beim Lachen: 10 bis 12 mm
- iv. Proportionale Formen, Positionen und Größen (Abb. 18).
- v. Ansicht in ästhetischen Proportionen: abnehmend von anterior nach posterior. vertikal.100 : 60 %.22,23
e. Okklusion: Diese Analyse muss in drei Ansichten durchgeführt werden:
- i. Okklusale Ansicht: korrekte Kontaktpunkte, Nichtvorhandensein von Rotationen und Ausrichtung von Randleisten. Selbst bei Fällen mit und ohne Extraktionen. Korrekte Ausrichtung der lingualen Oberflächen der vorderen Zähne im Oberkiefer und der Inzisalkanten der vorderen Zähne im Unterkiefer. Das Ziel sind korrekte Okklusionslinien (Abb. 19, 20).24
- ii. Laterale Ansicht: von posterior
nach anterior.
1. Molare Beziehung. Der distale bukkale Höcker des oberen ersten Molars muss sich zwischen dem ersten und zweiten Molaren befinden (Abb. 21).24 Selbst in Fällen von Extraktionen (Abb. 22);
2. Okklusale Beziehung;
3. Okklusale Kontakte;
4. Anteriorer Torque;
5. Okklusale Ebene (Abb. 23);24 - iii.
Anteriore Ansicht
1. Mesial-distale Inklinationen der oberen anterioren Zähne;
2. Untere Schneidezähne, mesial-distal in einer vertikalen Beziehung (Abb. 24);
3. Mittellinie, eine Abweichung von 0 bis 2,5 mm zum Gesicht wird akzeptiert;
4. Posteriorer oberer Torque en masse;
5. Posteriorer unterer Torque progressiv (Abb. 25).25
7. Verbesserung der funktionalen Okklusion
Die Ziele lauten (Abb. 3):
a) Zentrische Relation = Maximale Interkuspidation (kein Verschieben).
b) Anteriore Führung,
protrusiv. (Overjet und Überbiss: 2–3 mm).
c)
Eckzahnführung: (nicht-posteriore Interferenz)
d)
Gesundes Kiefergelenk: (frei von Symptomen)
8. Anatomisches Reshaping der Zähne
Inzisalkanten und Zahnzwischenräume: Leicht konvex mit gut definierten Zwischenräumen. Um dieses Verfahren durchzuführen, müssen die folgenden Schritte befolgt werden: Beschreibung für den Patienten, Vermeidung von Überhitzung, niedrige Drehzahl, Verwendung eines Diamantbohrers, direkte Draufsicht, Polieren mit dünnen Scheiben (bei Frauen sind sie abgerundeter) (Abb. 26).
Die Reihenfolge der Verfahren sollte wie folgt sein: Zuerst bei Frontalsicht die Kanten und dann die Zahnzwischenräume. Anatomisches Reshaping der Randleisten und sonstige anatomische Veränderungen.
9. Planung der Retention
Es existieren drei Situationen für die Planung der Retention im unteren Zahnbogen: keine Retention, temporäre Retention und permanente Retention.
a) Fälle, die keine Retention erfordern, sind Fälle mit anteriorem Kreuzbiss, korrigiert durch entsprechenden Overjet und Überbiss (Abb. 27).26
b) Temporäre Retention: Oben: Halteplatte mit umlaufender Klemme oder Umrundung mit Edelstahldraht .036''. Niedrige Retention in normalen oder regulären Fällen, ein von Eckzahn zu Eckzahn geklebter Edelstahldraht 0.028''; und in komplexen Fällen, z.B. bei Erwachsenen oder Neubehandlung bei Rotation, Kleben multipler Drähte 0.020'' an allen sechs unteren Zähnen oder sogar erweitert auf die ersten Prämolaren (Abb. 28, 29).
c) Permanente Retention: Bei normaler Mundpflege kann ein fixer Retainer für viele Jahre genutzt werden, z. B. wie bei gezeigtem Fall mit einem im UK von 3-3 geklebten Retainer über einen Nachsorgezeitraum von 32 Jahren (Abb. 30).
10. Planung der Entfernung der Apparatur
Vor dem Entfernen der Apparatur können die folgenden Schritte erforderlich werden:
- 1. Kleben der unteren Retention einen Termin vor dem Entfernen der Apparatur, um das Bondingmaterial zu testen (Abb. 31a).
- 2. Verwendung eines Gummizugs zur Einstellung der Okklusion. Ich bevorzuge die Einstellung der posterioren Okklusion durch Neupositionierung der Brackets und Anpassungen des Bogens. Wenn dann noch eine okklusale Anpassung im anterioren Bereich erforderlich ist, wird für den Patienten ein vertikaler Gummizug in viereckiger Form an Haken der Bögen, jedoch niemals an den Zähnen, befestigt (Abb. 31b).
- 3. Entfernung der gesamten Apparatur in einer Sitzung. Wenn Sie beschließen, einen Bogen (oben oder unten) bis zum nächsten Termin zu belassen, verlieren Sie die natürliche Einstellung der auftretenden okklusalen Kontakte aufgrund der Ausnutzung der Verdickung des Parodontalligaments.
- 4. Okklusale Einstellung. Zahnreshaping, das aufgrund der folgenden Punkte erforderlich ist: präorthodontische Kontakte, fehlende Kontakte während der kieferorthopädischen Behandlung und genetische Faktoren mit Änderung der anatomischen Form der Okklusion zu diesem Zeitpunktsowie Verhinderung von adäquaten okklusalen Kontakten. Dies mit Kohlepapier prüfen und die ersten Kontaktpunkte entfernen (Abb. 31c).
Empfehlen Sie Techniken wie Insignia™ oder SureSmile®, um den Aufwand für eine kieferorthopädische Behandlung zu reduzieren?
Die Antwort lautet ganz einfach nein. Ich verstehe aber auch, dass diese Arten von Techniken die Zwischenschritte reduzieren, da viele Bracketbehandlungen auf durchschnittlichen Maßnahmen basieren, allerdings keine Garantie für eine hinreichende Beendigung darstellen.
Eine weitere Frage, die sich von Ihrer Frage ableitet, lautet: Ist ein Bonding an der optimalen Position eine Garantie für ein perfektes Alignment oder eine perfekte Nivellierung? In Bezug auf unnivellierte und rotierte Zähne lautet die Antwort hier NEIN! Es bestehen viele Gründe dafür, dass InsigniaTM bzw. SureSmile® allein für eine perfekte Behandlung nicht ausreichend sind. Dies zeigt sich auch dadurch, dass Techniken wie SureSmile® und Invisalign® kostenlos einige weitere Sets an Bögen oder Endanpassungsformen für das kieferorthopädische Finishing anbieten.
Es bestehen viele Gründe dafür, dass ein perfektes Bonding bei unnivellierten und rotierten Zähnen nicht ausreichend ist, z.B. (Abb. 32):
- 1. Der häufigste Grund ist eine ungenaue Positionierung der Brackets. Da die faziale Oberfläche des Zahns mesiodistal und okklusogingival gewölbt ist, führen falsch positionierte Brackets in der mesiodistalen Ebene zu Rotationsunregelmäßigkeiten (in der okklusogingivalen Ebene zu Torque und zu Fehlern in der Höhe). Brackets, die nicht entlang der Längsachse des Zahns ausgerichtet sind, führen zu Kippvariationen. 27,28
- 2. Spiel zwischen Bogen und Slot, was erforderlich ist, wenn Bögen entfernt und neu eingesetzt werden müssen.27
- 3. Verringerung der Kraft. Dies ist die Reduzierung der Kraft, die auftritt, wenn ein Bogen, der innerhalb seiner elastischen Grenzen deflektiert wird, wie- der zu seiner ursprünglichen Form zurückkehrt. Es ist ein minimaler Kraftwert erforderlich, um eine Zahnbewegung zu erzielen. Die Kraft, die durch einen deflektierten Bogen für die Ausrichtung eines fehlerhaft positionierten Zahns produziert wird, sinkt mit der Bewegung der Zahns und stoppt, bis der minimale Kraftwert erreicht ist. An diesem Punkt stoppt die Zahnbewegung, bevor der Bogen wieder vollständig in seine ursprüngliche Form zurückgekehrt ist. Der gerade Bogen wird niemals vollkommen gerade. Eine Verringerung der Kraft tritt in alle Richtungen der Zahnbewegung auf. Beim Nivellieren entspricht dies meist einer überhöhten Spee’schen Kurve.27
- 4. Brackets weg vom Widerstandszentrum. Brackets können zwangsläufig nicht am Widerstandszentrum eines Zahns positioniert werden. Somit erzeugt das Applizieren einer Kraft auf einen Zahn mittels Bogen auch zusätzliche Kräfte auf den Zahn.27
- 5. Aktion und Reaktion. Bei unnivellierten und nicht ausgerichteten Zähnen stellt eine extrudierende Kraft auf den Zahn gleichzeitig auch eine Neigungskraft an der lingualen Seite dar, und für die anderen Zähne eine Druckkraft nach innen, sodass diese an der labialen Seite gekippt werden.
- 6. Variationen der Zahnstruktur. Variationen der Zahnstruktur wie beispielsweise unregelmäßige faziale Oberflächen, Kronen-Wurzel-Angulationen und ungewöhnliche Kronenformen erfordern auch Variationen der Parameter für Tip, Torque, Rotation und Höhe, um so optimale Ergebnisse erzielen zu können.27,28
- 7. Variationen in der OK-/UK-Beziehung. Unterschiede in den vertikalen und antero-posterioren Kieferbeziehungen erfordern Variationen in Bezug auf die Positionen der Schneidezähen in Ober- und Unterkiefer.27
- 8. Gewebeerholung und erforderliche Überkorrektur.29 Techniken wie InsigniaTM oder SureSmile® können den Aufwand reduzieren, eliminieren jedoch nicht das Problem. Meiner Meinung nach muss der Kieferorthopäde über eine grundlegende Ausbildung hinsichtlich des Biegens von Bögen verfügen und diese kleinen Details für jeden Patienten individuell umsetzen.
Kann eine virtuelle Planung der Bracketpositionierung die Probleme in der Finishingphase einer kieferorthopädischen Behandlung reduzieren?
Ja. Ich habe bereits die Verwendung von Daten aus den Set-up-generierten Gipsmodellen, die normalerweise als Teil der Planung einer kieferorthopädischen Behandlung angefertigt werden, vorgeschlagen, da diese wertvolle Informationen für die korrekte Positionierung der Apparatur liefern können. Dieses Verfahren hat sich als sehr fundiert erwiesen und wurde durch praktische Ergebnisse untermauert.30 Dieses Set-up kann auch an digitalen Modellen vorgenommen werden. Sie denken jetzt vielleicht, dass ich hier widersprüchlich auftrete, da dies Techniken wie SureSmile® ebenfalls tun und gebogene Bögen anbieten und außerdem eine umfassende Behandlung in der finalen Phase bereit stellen, um das kieferorthopädische Finishing zu verfeinern. Ich als Professor für Kieferorthopädie möchte hier jedoch hervorheben, dass ein gut ausgebildeter Kieferorthopäde diese Probleme selbst erkennen kann und muss, und zusätzlich selbst über eine angemessene Ausbildung und angemessene Fähigkeiten verfügen muss, um je nach Patient entsprechende Änderungen an der Apparatur und Biegungen der Bögen vornehmen zu können, um so eine hochklassige Behandlung anzubieten. Schlussfolgernd möchte ich festhalten, dass ein guter Kieferorthopäde für eine erfolgreiche kieferorthopädische Behandlung Folgendes berücksichtigen muss: Festlegung des Ziels (und diese Ziele müssen in den Sternen liegen und maximal ausfallen, selbst wenn dann nur die Hälfte des Ziels erreicht wird), Kenntnis der Grundlagen, Ausbildung, Weiterbildung, Wiederholung und Implementierung des Plans. Wenn dies berücksichtigt wird, ist der Erfolg sicher.
Vielen Dank, Professor Axel Bumann, für diese Gelegenheit.
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