Parodontologie 15.03.2016

Gezielte Biofilmkontrolle bei periimplantärer Mukositis



Gezielte Biofilmkontrolle bei periimplantärer Mukositis

Foto: @ Autor/Prof. Dr. S. Twetman

Eine periimplantäre Mukositis kommt bei Trägern dentaler Implantate relativ häufig vor (Abb.1) und birgt, in dessen Folge, auch immer die Gefahr einer Periimplantitis. Daher ist einer Mukositis am besten von vornherein vorzubeugen.

Hat sich bereits eine Entzündung ausgebildet, so ist sie unbedingt zum Abklingen zu bringen, damit es nicht nachfolgend zu einer schwerwiegenderen Schädigung kommt.1, 2 Zu den effektiven Therapiemaßnahmen gehört das konsequente mechanische Entfernen bakterieller Beläge. Der zusätzliche gezielte Einsatz ausgewählter Präparate zur Keimkontrolle kann hier den Behandlungserfolg fördern.3

Systematische Übersichtsarbeiten zeigen, dass eine periimplantäre Mukositis keine ungewöhnliche Diagnose darstellt. Mehr als die Hälfte der erfassten Implantatpatienten, nämlich 63,4 Prozent, sind davon betroffen. Zu den besonders gefährdeten Personen gehört die Gruppe der Raucher.1 Im Weiteren beherbergen Patienten mit implantat- getragenen Totalprothesen tendenziell mehr Plaque an ihren Trageelementen als Patienten mit Teilprothesen.4  

Bevorzugte Nischen für bakteriellen Biofilm

Bakterieller Biofilm vermehrt sich vor allem dort, wo er ungestört haftet und seine Matrix sich ungehindert vernetzen und verstärken kann.5 Besonders betroffen sind Stellen, die schwierig zu putzen sind und kaum bis gar nicht von Speichel umspült werden. Die Oberflächenbeschaffenheit natürlicher Zahnsubstanz von Restaurationen und Prothesen beeinflusst das Geschehen ebenfalls. 

Im Vergleich zu glatten bieten raue Oberflächen günstigere Voraussetzungen für die Haftung. Bakterielle Beläge lassen sich hierbei schwieriger vollständig entfernen, und trotz intensiver Reinigungsbemühungen können Keime zurückbleiben. Diese vermehren sich schnell und fördern die Anlagerung weiterer Mikroorganismen. 

Regelmäßige Kontrolle

Regelmäßige Recall-Sitzungen sind unverzichtbar. Dabei wird das periimplantäre Gewebe auf Entzündungsanzeichen und eine etwaige Rezession hin untersucht. Dem Plaque-Aufkommen an der Implantatversorgung gilt besonderes Augenmerk.6, 7 Die Beibehaltung des gewählten Plaque-Indexes ermöglicht die langfristige Verfolgbarkeit und Einordnung  der Befunde. 

Angefärbten Biofilm können auch Patienten problemlos erkennen. Zum Sichtbarmachen empfiehlt sich zum Beispiel, die Indikatorflüssigkeit Plaque Test (Ivoclar Vivadent). Der enthaltene Farbstoff Fluorescein markiert vor allem lebende Bakterien und leuchtet unter Blaulicht gelb. Damit ergibt sich ein deutlicher Kontrast zu dunkelblauem Weichgewebe und blauer Zahnhartsubstanz (Abb. 2). Im Gegensatz zu rot-violetten Farbstoffen eignet sich Fluorescein für die quantitative digitale Erfassung und Bewertung des Plaque-Index, da ein klarer Farbunterschied zur Gingiva besteht.8 Das Visualisieren der Beläge unterstützt die ursachenorientierte Patientenberatung. Risikostellen, die beim Zähneputzen besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, sind so zweifelsfrei erkennbar. Motivierende Erfolge der Mundhygiene lassen sich einfach un nachvollziehbar demonstrieren. 

Bakterielle Beläge entfernen

Das regelmäßige professionelle Reinigen muss die Oberflächenqualität unterschiedlicher mehr oder weniger  widerstandsfähiger Werkstoffe und Zahnhartgewebe schonen und langfristig erhalten.9 Das gilt sowohl für die Implantatversorgung als auch für weitere vorhandene Restaurationen sowie die natürliche Zahnsubstanz. Ein irreversibles Zerkratzen durch zu aggressive, nicht adäquate Reinigungsmittel, seien es herkömmliche Prophylaxepasten oder Reinigungspulver, ist unbedingt zu vermeiden. Zum einen bieten raue Oberflächen ideale Voraussetzungen für die Ansiedelung von Mikroorganismen, zum anderen verlieren Restaurationen aus Kunststoff oder Keramik ihren ästhetischen Glanz und neigen stärker zu Verfärbungen.9–12  Besonders schonend erfolgt die Behandlung zum Beispiel mit einem weichen Kelch und der feinen Proxyt-Prophy-Paste (Ivoclar Vivadent). Diese Paste enthält keinen Bimsstein, sondern andere Reinigungspartikel. Sie reinigt Kunststoff- und Keramikoberflächen sehr schonend und erhält ihren natürlichen Glanz.10,11 Im Anschluss an die professionelle Zahnreinigung kann die Applikation eines antibakteriellen Präparates angezeigt sein. Ein Lacksystem wie Cervitec Plus (Ivoclar Vivadent) mit 1% Chlorhexidin und 1% Thymol schützt Risikostellen und unterstützt die Keimkontrolle.13–16 Das liquide Präparat lässt sich einfach und schnell aufbringen und fließt auch in schwer zugängliche Bereiche der Suprastrukturen ein. Der farblose Lack überzieht die Oberfläche in einer dünnen farblosen Schicht, trocknet innerhalb weniger Sekunden ab und erhält die Ästhetik im Frontzahnbereich. Da die feine Lackschicht nicht stört, sitzt auch implantatgetragener abnehmbarer Zahnersatz weiterhin perfekt. Gefährdete Stellen an natürlichen Restzähnen oder Restaurationen werden direkt mitversorgt. Auf diese Weise lässt sich die von bakteriellen Retentionsnischen ausgehende potenzielle Gefährdung verringern.

Persönliche Mundpflege entscheidend

Eine wichtige Rolle für den langfristigen Erhalt der Versorgungen spielt die persönliche Mundpflege. Diese wird umso wichtiger, wenn sich schon eine Mukositis ausgebildet hat. Eine erfolgreiche Behandlungsstrategie beschreibt eine aktuelle klinische Studie aus Schweden.3 An der kontrollierten Doppelblindstudie nahmen 38 Patienten mit einer periimplantären Mukositis an mindestens einem Implantat teil. Nach Untersuchung, Mundhygieneinstruktion und professioneller mechanischer Belagsentfernung wurden die Patienten einer Testgruppe bzw. einer Kontrollgruppe zugeteilt. Über einen Zeitraum von zwölf Wochen putzte die Testgruppe abends anstelle der Zahnpasta mit Cervitec Gel (Ivoclar Vivadent).  Es enthält 0,2 % Chlorhexidin und 900 ppm Fluorid (Abb. 3).17 Die Kontrollgruppe verwendete ein Placebo-Gel mit 900ppm Fluorid ohne Chlorhexidin. Der zusätzliche Gebrauch des Mundpflege-Gels resultierte in einem statistisch signifikanten Effekt auf Bleeding on Probing (BOP) im Vergleich zum Placebo (Abb. 4 und 5). Darüber hinaus verringerten sich in der Testgruppe die Taschentiefen. Während des gesamten Anwendungszeitraumes wurden keine Verfärbungen oder Geschmacksirritationen beobachtet. Die Compliance, das mild schmeckende Gel zu benutzen, fiel hoch aus. Alle Probanden, darunter auch Raucher, hatten eine Vorgeschichte mit einer fortgeschrittenen Parodontitis. Sie waren motiviert, ihr Implantat zu erhalten. Ein Schlüssel zum Erfolg besteht darin, dass Cervitec Gel sehr einfach anzuwenden ist. Zähneputzen ist eine fest etablierte Routine und problemlos täglich durchzuführen. Da fällt es leicht, das Mundpflege-Gel  einzubinden.3 Außerdem hat sich gezeigt, dass Zähneputzen mit einem chlorhexidinhaltigen Gel das Risiko von Verfärbungen im Vergleich zum Gebrauch von Mundspüllösungen mit Chlorhexidin deutlich reduziert.18

Eine vollständige Literaturliste finden Sie hier

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