Cosmetic Dentistry 21.03.2025

The Facial Aesthetic Concept: Ein neuer Ansatz in der dentalen Gesamtrehabilitation



Dieser Fallbericht beschreibt eine multidisziplinäre Vorgehensweise bei einer umfassenden Gesamtrehabilitation. Die disruptive Methode integriert funktionelle und ästhetische Parameter nicht nur gleichwertig in die Planung, sondern definiert die Ästhetik als zentralen Ausgangspunkt. Durch digitale Präzisionsdiagnostik, softwaregestützte Simulationen und eine konsequente interdisziplinäre Strategie wird gleichzeitig eine zahnmedizinische Rehabilitation durchgeführt und dabei das gesamte faziale Erscheinungsbild harmonisiert.

 
The Facial Aesthetic Concept: Ein neuer Ansatz in der dentalen Gesamtrehabilitation

Foto: Dr. Felix Zaritzki

Die klassische prothetische Zahnmedizin folgt einem funktionellen Paradigma, in dem Okklusion, Stabilität und Belastbarkeit den Planungsprozess bestimmen, während ästhetische Faktoren oft nachrangig behandelt werden. Diese Herangehensweise kann zu Kompromissen führen, da die Anpassung der Ästhetik an bereits festgelegte funktionelle Parameter oft Einschränkungen unterliegt. Jahrzehntelang galten konventionelle Verfahren wie analoge Abformungen, arbiträre Gesichtsbogenübertragungen und die Bissnahme in Zentrik als Standard. Doch diese Methoden erfassen faziale Proportionen nur unzureichend und erfordern zeitintensive Anpassungen im zahntechnischen Labor und am Patienten. Das Resultat sind funktionell ausgerichtete, aber ästhetisch begrenzte Rekonstruktionen, die sich nicht immer optimal in die individuelle Gesichtsarchitektur integrieren.

Digitale Verfahren haben die ästhetische Behandlungsplanung durch visuelle Simulationen erheblich weiterentwickelt. Allerdings bleiben viele dieser Konzepte auf einer rein virtuellen Ebene und ermöglichen keine direkte intraorale Validierung. The Facial Aesthetic Concept geht darüber hinaus, indem es eine Live-Testung am Patienten integriert, sodass das geplante ästhetische Ergebnis nicht nur simuliert, sondern auch real überprüft und präzise optimiert werden kann. Dies gewährleistet, dass das geplante ästhetische Endergebnis realitätsgetreu im Gesicht umgesetzt wird. Der Patient profitiert von der Präzision und Vorhersagbarkeit des Prozesses, da er sein zukünftiges Lächeln nicht nur als digitale Simulation sieht, sondern es direkt erleben kann.

Von Zaritzki Fine Dentistry vor fünf Jahren als Behandlungsstrategie entwickelt, wurde mit diesem Konzept ein neues Paradigma geschaffen: Zum ersten Mal wird eine Gesamtrehabilitation nicht ausgehend von technischen Rahmenbedingungen geplant, sondern von einem klar definierten ästhetischen Endergebnis aus rückwärts entwickelt. Die Zähne werden nicht als isolierte Strukturen betrachtet, sondern als integraler Bestandteil der Gesichtsdynamik, Mimik und Proportionen. Die gesamte Behandlung – von der Bisslage über die Implantatposition bis zur Weichgewebsintegration – wird von dieser ästhetischen Vision geleitet.

Fallbericht

Ausgangssituation

Der 56-jährige Patient stellte sich aufgrund von Unzufriedenheit mit seinem Lächeln und einem sich stetig verschlimmerndem CMD-Beschwerdebild bei uns in der Praxis vor (Abb. 4a–4c). Der linke obere Eckzahn war nicht angelegt und die Zahnlücke bestand zeitlebens (Abb. 3a), während die Molaren 17, 36 und 46 im Laufe der Zeit entfernt und nicht ersetzt wurden (Abb. 5a+5b). Diese Zahnlücken führten zu Mesialkippungen der Nachbarzähne und einer Elongation der Antagonisten in die Lücken (Abb. 3c). Es lag eine Angle-Klasse II2 und eine schiefe Kauebene im Ober- sowie im Unterkiefer vor (Abb. 2a). Ubiquitär fanden sich teils keilförmige Defekte sowie Erosionsdefekte und antagonistische Abnutzungserscheinungen als Ursache für Attritionsdefekte der Zähne. Der Grad der Abnutzung wurde mithilfe des Tooth Wear Evaluation System 2.0 als Grad 3 (TWES 2.0) definiert. Die Zähne 16 und 17 waren mit insuffizienten Amalgamfüllungen restauriert. Die Vertikaldimension war signifikant reduziert, was sich fazial in einem eingefallenen unteren Gesichtsdrittel äußerte. Darüber hinaus beeinträchtigte eine ungünstige dentolabiale Ästhetik die sichtbare Zahnpräsenz beim Lächeln des Patienten erheblich (Abb. 1a). Zu Beginn erfolgten eine intraorale Befundung, eine extra- und intraorale Fotodokumentation, eine umfassende Röntgendiagnostik mit Panoramaschicht- und Bissflügelaufnahmen (Abb. 6), die Erhebung des parodontalen Status, eine detaillierte funktionelle Analyse sowie die Anfertigung eines intraoralen Scans. Nach einer umfassenden Aufklärung entschied sich der Patient für eine vollumfängliche Gesamtrehabilitation inklusive Begradigung der horizontalen Bisslage in Kombination mit einer Erhöhung der vertikalen Dimension. Die Therapieplanung erfolgte interdisziplinär und umfasste folgende Schritte:

  1. Zahnform- und Ästhetikplanung unter Berücksichtigung des diagnostischen Wax-ups und Mock-ups.
  2. Vorbehandlung und Aligner-Therapie zur Ausformung der Zahnbögen.
  3. Chirurgische Phase: Ersatz der fehlenden Zähne durch Implantate.
  4. Restaurative Phase.
  5. Recall/Retentionsphase mit Schienentherapie.

Planung der Ästhetik

Ein zentraler Aspekt ist die präzise Steuerung des ästhetischen Endergebnisses. Dies beginnt mit einer detaillierten Analyse der individuellen Gesichtsarchitektur, Mimik und Proportionen des Patienten. Dabei wird nicht nur eine harmonische Integration der neuen Zahnästhetik in das Gesamtbild des Gesichts sichergestellt, sondern auch ein funktionell-stimmiges Konzept entwickelt. Für die zahntechnische Umsetzung liefern wir dem Labor eine detaillierte ästhetische Roadmap, die alle relevanten Parameter umfasst:

  • Länge und Proportionen der Frontzähne werden nicht nach starren Richtlinien festgelegt, sondern anhand der individuellen Gesichtsstruktur, Lachlinie und phonetischen Tests definiert.
  • Formgebung und Charakteristik der Zähne orientieren sich am individuellen Patientenwunsch: Manche Patienten wünschen sich eine Rekonstruktion ihres ursprünglichen Lächelns basierend auf Fotos aus jüngeren Jahren, andere bringen konkrete ästhetische Vorbilder mit.
  • Für Patienten, die sich von realen Ergebnissen inspirieren lassen möchten, steht eine kuratierte Sammlung ästhetisch erfolgreicher Behandlungsfälle zur Verfügung. Sie dient nicht nur der Visualisierung möglicher Resultate, sondern auch als Grundlage für gezielte Individualisierung.
  • Geschlechtsspezifische und charakter spezifische Merkmale werden berücksichtigt – Männer bevorzugen häufig markantere Zahnformen, während Frauen tendenziell weichere, filigranere Konturen wünschen. Auch persönliche Attribute wie Sportlichkeit, Dominanz oder Jugendlichkeit können in das Design einfließen.
  • Integration in die natürliche Mimik und Funktion: Das Wax-up wird nicht nur digital simuliert, sondern durch intraorale Tests validiert, um sicherzustellen, dass das geplante Ergebnis im realen Kontext optimal harmoniert.

Diese präzise Vorausplanung ermöglicht es, dem Patienten bereits vor der eigentlichen Behandlung eine realistische Vorstellung seines zukünftigen Lächelns zu vermitteln – nicht abstrakt auf einem KI-generierten Bild, sondern als echter, intraoraler Prototyp (Abb. 2b).

Diagnostisches Wax-up und Mock-up

Der Patient äußerte den Wunsch nach einer ästhetischen Verbesserung, ohne direkte Bezugnahme auf sein früheres Lächeln. Daher wurde die Zahnform nicht auf Basis historischer Referenzen rekonstruiert, sondern individuell nach seinen Gesichtszügen und ästhetischen Präferenzen geplant. Die Bestimmung der idealen Zahnform erfolgte durch eine iterative Anpassung im diagnostischen Wax-up, bei der Länge, Breite und Kontur der Frontzähne unter Berücksichtigung der fazialen Proportionen und der dynamischen Mimik des Patienten definiert wurden. Während frühere Lehrmeinungen vorschreiben, dass die sichtbare Inzisallänge bei entspannter Lippenhaltung 1–2 mm nicht überschreiten sollte, zeigte die individuelle Analyse der Gesichtsproportionen in diesem Fall, dass etwas mehr Frontzahnlänge erforderlich war, um die Gesamtästhetik und die verlorene vertikale Dimension auszugleichen. Die Schneidekantenkurve wurde nicht rein schematisch nach dem Unterlippenverlauf ausgerichtet, sondern an der mimischen Dynamik sowie den individuellen fazialen Gegebenheiten des Patienten verfeinert. Ebenso wurde die Transversalebene nicht starr an der Bipupillarlinie ausgerichtet, sondern im Gesamtkontext des Gesichts harmonisiert. Zur finalen Verifizierung erfolgte eine intraorale Validierung durch ein Mock-up, sodass der Patient das ästhetische Konzept nicht nur visuell, sondern auch funktionell erleben konnte (Abb 1b). Die geplante Zahnstellung wurde abschließend durch phonetische Tests überprüft, um eine reibungslose Integration in die natürliche Sprachbewegung sicherzustellen. Nach der Optimierung der Oberkieferzahnstellung wird die Vertikaldimension mithilfe phonetischer1 und metrischer2 Parameter sowie der physiologischen Ruheschwebelage des Unterkiefers3 bestimmt.Die Bissnahme erfolgt in neuromuskulärer Zentrik. In dieser Dimension wird nun der Unterkiefer idealisiert auf den Oberkiefer ausgerichtet – unter besonderer Berücksichtigung der bereits am Patienten getesteten funktionellen und ästhetischen Parameter. In der funktionellen Dimension wird eine physiologische Neutralverzahnung mit einer stabilen Front- und Eckzahnführung für die dynamische Laterotrusion und Protrusion angestrebt. Das Wax-up bildet nicht nur die Grundlage für die geplante Rekonstruktion, sondern dient auch als valider Prototyp für die intraorale Umsetzung. Auf Basis des zahntechnisch erstellten Wax-ups und des intraoral verfeinerten Mock-ups wird die erforderliche Bisserhöhung präzise bestimmt, um eine optimale Ausgangsbasis für die restaurative Phase zu gewährleisten. Zur Stabilisierung und funktionellen Validierung trägt der Patient vorübergehend eine neuromuskulär zentrierte CMD-Schiene. Diese individuell angefertigte Schiene dient dazu, die Kaumuskulatur zu entspannen, die Kiefergelenke in eine physiologische Position zu führen und die vertikale Dimension der neuen Bisslage vor der definitiven Restauration zu testen, bevor der nächste Therapieschritt erfolgt.

Vorbehandlung und Aligner-Therapie zur Ausformung der Zahnbögen

Nach sorgfältiger Analyse der vertikalen Dimension und finaler ästhetisch-funktioneller Definition des angestrebten Ergebnisses wurde zunächst das diagnostische Wax-up erstellt und intraoral im Mock-up validiert (Abb. 7). Erst nachdem der Patient sein zukünftiges Lächeln nicht nur auf Simulationen, sondern real intraoral erleben konnte und die geplante Bisslage bestätigt wurde, erfolgte die Freigabe für die Aligner-Therapie (Abb. 8a–8c).

Die Aligner-Therapie diente als essenzieller Vorbereitungsschritt, um eine maximal substanzschonende Präparation in der restaurativen Phase zu ermöglichen. Durch gezielte Zahnbewegungen wurden die Zahnbögen so ausgeformt, dass später möglichst wenig Zahnhartsubstanz entfernt werden musste. Dabei folgte die Behandlung einer präzise funktionell-ästhetischen Strategie, die nicht nur die Zahnstellung optimierte, sondern das gesamte faziale Erscheinungsbild berücksichtigte.

Zahn 16 wurde nach palatinal bewegt, um die vestibuläre Präparation auf ein Minimum zu reduzieren und eine ideale Zahnachse für das finale Restaurationsdesign zu schaffen. Gleichzeitig wurde das Diastema mediale im Oberkiefer verkleinert, um die distalen Anteile der mittleren Schneidezähne maximal zahnhartsubstanzschonend präparieren zu können (Abb. 10). Dabei wurde die Approximalspalte bewusst nicht vollständig geschlossen, um auch hier die natürliche Zahnform mit minimalinvasiver Technik zu erhalten.

Zur Optimierung der Implantatposition wurden die Nachbarzähne in den Regionen 36 und 46 aufgerichtet, um biomechanisch und ästhetisch optimale Verhältnisse für die spätere implantatgetragene Versorgung zu schaffen. Die Aligner-Therapie wurde vollständig an den definierten Parametern ausgerichtet und ermöglichte eine schrittweise Annäherung an das geplante Endergebnis – nicht nur in Bezug auf die Zahnstellung, sondern in der gesamten fazialen Ästhetik. Sie erstreckte sich über 13 Monate und umfasste insgesamt 77 Schienen.

Chirurgische Phase

Nach der gezielten Aligner-Therapie zur optimalen Ausformung der Zahnbögen und der präzisen ästhetisch-funktionellen Planung erfolgte die chirurgische Phase. Die Implantationen wurden nach dem Prinzip des Backward Plannings durchgeführt, wobei die finale prothetische Ästhetik bereits in der Planung der Implantatpositionen berücksichtigt wurde (Abb. 10).

Die digitale 3D-navigierte Implantatplanung basierte auf einer Kombination aus DVT-Daten und intraoralen 3D-Scans der Situation nach erfolgreich abgeschlossener Aligner-Therapie, sodass die Implantate exakt an den angestrebten funktionell-ästhetischen Endpunkten ausgerichtet werden konnten (Abb. 13). Die Implantation erfolgte mithilfe einer vollnavigierten Bohrschablone, um maximale Präzision und eine minimalinvasive Vorgehensweise zu gewährleisten. Im Seitenzahnbereich wurden insgesamt drei Implantate inseriert, wobei in Regio 17 zusätzlich ein interner Sinuslift durchgeführt wurde (Abb. 11).

Nach einer Einheilzeit von drei Monaten wurde die Osseointegration mittels Implantatstabilitätsmessung überprüft. Alle ISQ-Werte lagen über 70 – einschließlich des augmentierten Implantats in Regio 17 –, sodass eine funktionelle Belastung der Implantate freigegeben werden konnte. Um eine optimale periimplantäre Weichgewebeintegration zu gewährleisten, wurden die Implantate nach der Freilegung mit individuellen anatoformen Gingivaformern versorgt (Abb. 14). Dies ermöglichte eine präzise Gestaltung des Emergenzprofils, sodass die späteren Implantatkronen nahtlos in das natürliche Weichgewebe integriert werden konnten.

Restaurative Phase

Die restaurative Phase folgte dem Prinzip der maximalen Substanzschonung, wobei alle präparativen Schritte präzise auf die zuvor entwickelten Prototypen abgestimmt wurden. Diese wurden im Rahmen des Designprozesses definiert und mit dem Patienten abgestimmt. Nach der intraoralen Validierung wurden die Prototypen gescannt, als 3D-Modelle gedruckt und mithilfe eines Silikonschlüssels passgenau auf die klinische Situation nach Abschluss der prärestaurativen Aligner-Therapie sowie der chirurgischen Phase übertragen.

Guided Gum Lift und minimalinvasive Präparation Oberkiefer

Um die ideale Zahnfleischarchitektur für die definitive Restauration zu schaffen, wurde ein Guided Gum Lift durchgeführt. Dieser folgte der exakt übertragenen idealen Zielsituation, die im Designprozess zuvor definiert wurde. Mithilfe des gedruckten Modells und des Silikonschlüssels konnte das Zahnfleisch entlang der vorgegebenen idealisierten Prototypen präzise, minimalinvasiv und gewebeschonend mithilfe eines Diodenlasers an den Zähnen 11–15 reduziert werden. Im nächsten Schritt erfolgte die minimalinvasive Präparation der Zähne, die ebenfalls guided durchgeführt wurde (Abb. 13a). Das heißt, sie erfolgte durch die übertragenen Prototypen hindurch, um die vorab definierte Zahnsubstanz exakt zu erhalten und eine perfekte Ausgangsbasis für die finale Restauration zu schaffen.

Provisorische Phase und finale Restauration Oberkiefer

Nach dem Guided Gum Lift und der Präparation wurden Chairside-Provisorien angefertigt, die auf dem zuvor im Rahmen des Designprozesses zusammen mit dem Patienten definierten Prototyp basierten. Dieses Chairside-Provisorium wurde aufwendig übertragen, um eine realitätsnahe Vorwegnahme des finalen Ergebnisses zu ermöglichen. Es diente als funktionelle und ästhetische Testbasis. Anschließend wurde es für eine zweiwöchige Testdrive-Phase eingesetzt, um die Wirkung unter realen Bedingungen zu evaluieren. Am Folgetag erfolgten kleinere Anpassungen im Rahmen eines Follow-ups, um eine optimale Ästhetik, Passung, Funktion sowie Phonetik sicherzustellen. Die finalen Teilkronen wurden auf Grundlage dieser optimierten Prototypen gefertigt. Die implantatprothetische Versorgung wurde mit monolithischen Kronen realisiert, die auf Titanbasen verklebt und transkoronal verschraubt wurden. Die adhäsive Eingliederung der Keramikrestaurationen aus Lithiumdisilikat und Zirkoniumdioxid erfolgte nach einem standardisierten BondingProtokoll, das eine maximale Haftkraft und Langzeitstabilität gewährleistete (Abb 3a).

Guided Gum Lift und minimalinvasive Präparation Unterkiefer

Am Folgetag wurde der Unterkiefer analog zum Oberkiefer präpariert. Der Guided Gum Lift wurde an den Zähnen 32, 41, 43 entlang des übertragenen Prototyps durchgeführt, um eine harmonische Zahnfleischarchitektur entsprechend der definierten ästhetischen und funktionellen Zielparameter zu schaffen. Mithilfe des Silikonschlüssels und des zuvor entwickelten Prototyps erfolgte eine minimalinvasive Präparation, die eine optimale Ausgangsbasis für die finale Restauration gewährleistete. Die Teilkronen-Präparation im Frontzahnbereich erfolgte mit reduzierter Präparationstiefe und begrenztem approximalen Einbezug. In anderen Bereichen war aufgrund von Approximalkaries eine ausgedehntere Präparation mit vollständiger Approximalintegration erforderlich (Abb. 13).

Provisorische Phase und finale Restauration Unterkiefer

Nach der zweiwöchigen Testdrive-Phase wurde die finale Restauration mit minimalinvasiven Teilkronen und implantatgetragenen Kronen vollendet (Abb 3d). Auch hier wurde der zuvor mit dem Patienten definierte Prototyp als Chairside-Provisorium übertragen, um eine nahtlose Integration in das funktionell-ästhetische Konzept zu ermöglichen. Die feine Abstimmung des Provisoriums erfolgte durch gezielte Anpassungen im Rahmen eines Follow-ups am nächsten Tag, um eine ideale Passung und Ästhetik sicherzustellen. Wie auch im Oberkiefer wurde die finale Restauration, also die Teilkronen, auf Grundlage dieser optimierten Prototypen gefertigt. Zur Stabilisierung des Ergebnisses kamen dünne Retainerschienen im Ober- und Unterkiefer zum Einsatz.

Diskussion

Dieser Fallbericht beschreibt eine funktionell und ästhetisch orientierte Gesamtrehabilitation, die systematisch geplant und umgesetzt wurde. Aufgrund der komplexen anatomischen Ausgangssituation mit generalisierten Zahnhartsubstanzdefekten, einer begleitenden CMD-Problematik und einer erniedrigten Vertikaldimension war eine interdisziplinäre Therapieplanung erforderlich (Abb. 1a+2a). Die funktionell und ästhetisch orientierte Diagnostik, einschließlich des intraoral validierten Mock-ups, bildete die Grundlage für alle relevanten Therapieschritte und ermöglichte eine minimalinvasive Präparation (Abb. 1b+2b). Der strukturierte Ablauf nach dem Prinzip des ästhetisch geführten Backward Plannings erlaubte eine präzise Umsetzung der Behandlungsziele, sodass ein vorhersagbares, funktionell stabiles und ästhetisch harmonisches Ergebnis erreicht werden konnte (Abb. 1c+2c). Das klassische Paradigma in der Zahnmedizin folgt dem Prinzip „Form follows Function“, bei dem funktionelle Aspekte wie Okklusion, Stabilität und Belastbarkeit im Mittelpunkt stehen und die Ästhetik sich diesen Vorgaben unterordnet. The Facial Aesthetic Concept dreht dieses Prinzip um, indem es die Ästhetik als primären Ausgangspunkt definiert und alle funktionellen Maßnahmen daran ausrichtet. Statt einer nachträglichen ästhetischen Anpassung an funktionelle Vorgaben wird die Funktion gezielt an das ideale ästhetische Ergebnis angepasst. Das Besondere an dieser Herangehensweise ist die gezielte Integration fazialer Parameter – Gesichtsarchitektur, Lachlinie, mimische Dynamik, Körperproportionen als auch charakteristische Merkmale – als zentrale Grundlage der Therapieplanung. Die funktionelle Rekonstruktion folgt diesem ästhetischen Masterplan, wodurch eine harmonische Einheit aus Zahnästhetik, Funktion und individueller Gesichtsdynamik entsteht. Eine der zentralen Herausforderungen war die präzise Einstellung der Vertikaldimension im Rahmen der funktionellen und ästhetischen Rekonstruktion. Die neue Bisslage wird schrittweise validiert, sodass sowohl funktionelle als auch ästhetische Parameter frühzeitig getestet und optimiert werden können. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass moderate Erhöhungen von ca. 3 mm in der Regel gut toleriert werden4, allerdings sind individualisierte Anpassungen erforderlich. Bei Patienten mit funktionellen Beschwerden empfiehlt die DGZMK (Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde), die vertikale Bisshöhe zunächst mit einer herausnehmbaren Schiene zu testen. In diesem Fall wurde die ermittelte vertikale Dimension mit einer neuromuskulär zentrierten CMD-Schiene vor der Aligner-Therapie ausgetestet, was zu einer sicheren Einstellung der neuen Bisslage und einer signifikanten Verbesserung des Beschwerdebildes führte. Ein wesentliches Merkmal von The Facial Aesthetic Concept ist die ästhetisch geführte funktionelle Planung, die konventionelle funktionell getriebene Behandlungskonzepte ablöst. Während übliche Planungsansätze primär von mechanischen Parametern ausgehen, erfolgt hier die gesamte Rekonstruktion anhand eines zuvor definierten ästhetischen Idealbilds (Abb. 14–16). Die präzise Abstimmung von Gesichtsproportionen, Lachlinie und mimischer Dynamik mit funktionellen Parametern stellt sicher, dass nicht nur ein ästhetisch optimiertes, sondern auch langfristig stabiles Ergebnis erreicht wird. Eine besondere Herausforderung stellte die skelettale Asymmetrie der Kauebene dar. Während chirurgische Optionen diskutiert wurden, erwies sich eine prothetische Kompensation als zielführende Alternative. Die ästhetische Harmonisierung erfolgte durch einen Guided Gum Lift, der in die prothetische Planung integriert wurde, um die Zahnkronen im ersten Quadranten optisch zu verlängern. Im zweiten Quadranten wurde stattdessen eine Anpassung über rosa Keramik vorgenommen (Abb 2c). Diese Planung erlaubte eine weniger invasive, aber funktionell und ästhetisch adäquate Lösung, die frühzeitig in den Workflow integriert werden konnte. Die Vorhersagbarkeit des Behandlungsergebnisses wurde maßgeblich durch die digitale Diagnostik und das Mock-up-gestützte Live-Testing im Rahmen ermöglicht. Während digitale Verfahren häufig auf visuelle Simulationen beschränkt bleiben, ermöglicht dieses Konzept eine intraorale Prototypvalidierung, die eine präzisere Abstimmung von Ästhetik, Okklusion und Phonetik erlaubt. Dies stellt einen entscheidenden Vorteil dar, da der Patient nicht nur eine Simulation sieht, sondern das zukünftige ästhetische und funktionelle Ergebnis real testen kann. Die geführte Präparation entlang der Prototypen und die schrittweise Anpassung im Testdrive sorgten dafür, dass Zahnhartsubstanz maximal geschont wurde. Besonders im Frontzahnbereich konnten Approximalspalten gezielt erhalten bleiben, um eine möglichst minimalinvasive Präparation zu realisieren. Die intraorale Adaptionsphase ermöglichte es zudem, funktionelle Parameter wie die dynamische Führung frühzeitig zu testen und ggf. zu optimieren. Die langfristige Prognose dieser Gesamtrehabilitation ist aufgrund der strukturierten Planung als günstig einzuschätzen. Die Verwendung von geschichteten Hochleistungskeramiken in Kombination mit einer präzisen funktionellen Anpassung reduziert das Risiko von Frakturen und Materialkomplikationen. Studien zeigen, dass die Integration einer stabilen Front- und Eckzahnführung langfristig funktionelle Probleme minimieren kann. Zusätzlich wurde die Rehabilitation durch ein Retentionskonzept mit Schienentherapie abgesichert. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass funktionelle Komplikationen bei komplexen prothetischen Versorgungen häufig auf Parafunktionen zurückzuführen sind.5 Die neue Bisslage wurde daher gezielt stabilisiert, um eine langfristige Belastbarkeit sicherzustellen.

Fazit

Die hier beschriebene Gesamtrehabilitation verdeutlicht den Paradigmenwechsel von Form follows Function hin zu Function follows Aesthetic. Anstatt funktionelle Parameter als primären Ausgangspunkt zu setzen, erfolgt die gesamte Rekonstruktion ausgehend von einem klar definierten ästhetischen Masterplan. Dieser Ansatz führt nicht nur zu einer präziseren und vorhersehbareren Behandlung, sondern eliminiert funktionelle Kompromisse, indem er Ästhetik und Funktion als untrennbare Einheit betrachtet.

Die systematische Herangehensweise, bestehend aus digitaler Diagnostik, intraoralen Testphasen und schrittweiser Validierung der Bisslage, ermöglicht eine patientenindividuelle, hochpräzise Therapie. Die gezielte Anpassung funktioneller Parameter an ästhetische Referenzen schafft eine langfristig stabile Rekonstruktion mit maximaler Funktionalität und Belastbarkeit.

Die dokumentierten Vorteile dieses Ansatzes unterstreichen das Potenzial ästhetisch geführter Gesamtrehabilitationen, sich als neuer Standard in der prothetischen Zahnmedizin zu etablieren.

 

Autoren: Dr. Felix Zaritzki, Dr. Fabian Meinke, Priv.-Doz. Dr. Maria Bruhnke, Diana Zaritzki

Dieser Artikel ist in der cd cosmetic dentistry 1/25 erschienen.

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