Implantologie 25.04.2014
Rot-weiße Ästhetik in der Implantatprothetik
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Gerade in der Implantatprothetik ist mit der akribischen Umsetzung einer Verblendung zur Herstellung der dentalen Harmonie oft noch kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht. Ein harmonisches Gesamtergebnis (Abb. 1) ist nur möglich, wenn die verloren gegangenen Hart- und Weichgewebeanteile ebenfalls in die Restauration integriert werden (Abb. 2). Dank der digital gestützten Konstruktion kann der Zahntechniker die Gerüstgestaltung zielsicher und detailliert umsetzen.
Die Rekonstruktion von implantatgestütztem Zahnersatz stellt den Zahntechniker vor große Herausforderungen. Liegt der Zahnverlust beim Patienten schon länger zurück, ist der Zahntechniker bei der Rekonstruktion mit veränderten vertikalen sowie horizontalen Platz- und Funktionssituationen konfrontiert. Dies erfordert viel Erfahrung im morphologischen Design des Zahnersatzes. Dazu muss der Zahntechniker das Spiel zwischen optischer und definitiver Breite über den Leistenverlauf und deren Winkelmerkmale beherrschen (Abb. 3). Ein entsprechendes Weich- und Hartgewebemanagement stellt eine zusätzliche Herausforderung dar, ebenso wie die Farbstabilität und Konsistenz des Verblendmassensortiments. Bei einer kompositbasierten Weichteilrekonstruktion besteht die Möglichkeit, feine Farbnuancen am Patienten und dessen intraoralem Umfeld anzupassen. Dadurch wird ein Zahnersatz generiert, der sich in Funktion und Ästhetik nicht mehr von seinen natürlichen Zähnen unterscheidet. Darüber hinaus muss sich der Zahntechniker in die Patientensituation hineindenken und das intraorale Umfeld in seine Planung einbeziehen, um dem Patienten die Putzbarkeit der Zähne zu ermöglichen. Gerade hier spielt neben den technischen Gestaltungsmöglichkeiten des Zahntechnikers die motorische Fitness des Patienten eine entscheidende Rolle (Abb. 4).
Individuell auf die Situation reagieren
Zur Fertigung von implantatgestützten Arbeiten nutzen die meisten Zahnarztpraxen derzeit sicherlich noch die analoge Abformung. Bei der Modellanfertigung empfiehlt sich die Herstellung einer Zahnfleischmaske, die auch ein entsprechendes elastisches Verhalten zulässt und somit die Eigenschaft des Weichgewebes gut nachstellt. Bei der Arbeitsvorbereitung muss zwischen zwei Situationen unterschieden werden: Zum einen die Anfertigung von implantatgestütztem Zahnersatz zur Sofortversorgung, also zum direkten Einsetzen nach der Freilegung des Implantats. Dabei kann der Zahntechniker das Emergenzprofil und den Weg zum Modellanalog entsprechend der Situation ausformen. Dies hat den Vorteil, dass er anhand des intraoralen Umfeldes individuell auf die Situation reagiert und das Emergenzprofil von den Nachbarzähnen übertragen kann (Abb. 5 und 6). Wird zum anderen erst nach der Freilegung des Implantats und dem Tragen einer Gingivakappe abgeformt, ist ein individuelles Ausformen des Epithelgewebes nur noch bedingt möglich. Bei dieser Vorgehensweise unterscheidet man zwischen der Herstellung einer direkten oder indirekten Zahnfleischmaske. Nach der Herstellung der Arbeitsmodelle und deren schädelbezogener Artikulation lässt sich die vorliegende Situation im vollen Umfang erkennen und mit der Planung des eigentlichen Zahnersatzes beginnen. An der Modellsituation in den Abbildungen 7 bis 9 wird der Verlust des Weichgewebes deutlich. Hier empfiehlt sich, digitale Bildaufnahmen anzufertigen, um die horizontalen und vertikalen Platzverhältnisse in einem Bildbearbeitungsprogramm abzugleichen.
Zahnersatz präzise herstellen
Nach der Analyse der Ausgangssituation beginne ich mit der gezielten Herstellung des Zahnersatzes. Um die Größenverhältnisse und deren Winkelmerkmale während der Konstruktion jederzeit kontrollieren zu können, empfehle ich die Anfertigung eines Wax-ups (Abb. 10). Gerade bei implantatgestützten Arbeiten kann der Zahntechniker mit einem Wax-up die Gestaltung der Implantataufbauten detailliert planen. Um die individuellen Fertigungsmöglichkeiten der CAD/CAM-Technologie auszuschöpfen, fiel meine Entscheidung beim vorliegenden Fall auf ein individuelles einteiliges Titanabutment zur direkten Verblendung. Den Titanaufbau stelle ich mit dem cara System von Heraeus Kulzer her. Zur präzisen Digitalisierung generiere ich vier Datensätze. Dank der kurzen Scanzeiten und der effektiven Datenverarbeitung des cara Systems habe ich ausreichend Datenmaterial, welches die Präzision der Konstruktion sicherstellt. Als erstes digitalisiere ich das Arbeitsmodell mit dem aufgeschraubten Scanbody mithilfe eines sogenannten Übersichtsscans (Abb. 11). Im zweiten Schritt ging es an die präzise Digitalisierung des Scanbodys (Abb. 12), um die genaue Lage des Implantats zuordnen zu können. Mittels der Dreipunktzuordnung kann ich den Scanbody dem Übersichtsscan zuordnen und die gewünschte Präzision des Im-plantates garantieren (Abb. 13 und 14). In einem dritten Scan digitalisiere ich die Wachsmodellation. Sie liefert detaillierte Angaben zur Gerüstgestaltung und der Übergänge zwischen rot-weißer Ästhetik. Abschließend nehme ich die Digitalisierung des Gebisses vor, um die Funktion in die digitale Konstruktion einbinden zu können. Über verschiedene in der CAD-Soft-ware hinterlegte Freiformwerkzeuge kann ich die Gerüstkonstruktion in wenigen Schritten an das analog erstellte Wax-up angleichen (Abb. 15). Per Mausklick rechnet die Software anschließend um die gewünschte Verblendstärke zurück, die virtuelle Gerüststruktur liegt damit vor (Abb. 16). Um eine einwandfreie inzisale Gestaltung der Arbeit zu gewährleisten, stelle ich die Verlaufsachse des Schraubenkanals virtuell dar. In diesem Fall haben wir die Lage des Implantats vor der Insertion im Team besprochen und mit einer Bohrschablone bestimmt. Bei nicht optimal stehenden Implantatpositionen und Brückenkonstruktionen empfiehlt sich auch eine Gerüstherstellung über die cara I-Bridge. Bei dieser Fertigungstechnologie ist der Schraubenkanal dank patentierter Schraubenköpfe bis zu 20° abgewinkelt. Beim cara System handelt es sich um ein geschlossenes System mit einer zentralen Fertigung in Hanau, die eine hohe Präzision der Werkstücke sicherstellt. Der Datentransfer von der CAD-Einheit zum Fertigungszentrum ist im Detail aufeinander abgestimmt. So verlässt im cara System nicht nur ein STL-Datensatz die Konstruktionseinheit. Stattdessen sorgen mehrere auf die CAM-Einheit abgestimmte STL-Datensatzpakete für Genauigkeit und einen schnellen Datentransfer. Die fertige Gerüstkonstruktion trifft dann meiner Erfahrung nach innerhalb von drei Tagen im Labor ein (Abb. 17 und 18).
Individuelle Verblendung des Implantataufbaus
Um ein ästhetisch ansprechendes Ergebnis sicherzustellen, setze ich die Gerüstkonstruktion mit dem Signum Verblendkompositsystem von Heraeus Kulzer um. Aufgrund des umfangreichen Verblendsortimentes kann ich mit diesem System auf die vielfältigen Eigenschaften einer Einzelzahnrekonstruktion eingehen und die licht- und farbspezifischen Eigenschaften detailliert herausarbeiten. Dank des systemübergreifenden Pala cre-active Sortiments des gleichen Herstellers sind auch der individuellen Gestaltung des Zahnfleisches keine Grenzen gesetzt.
1. Der Haftverbund garantiert den langfristigen Erfolg
Um den Haftverbund der Verblendung zu gewährleisten, muss ich das Gerüst mit 125 Mikrometern Aluminiumoxid bei einem Strahldruck von ca. 2 Bar anstrahlen (Abb. 19). Dadurch vergrößert sich die Oberfläche bis auf das Siebenfache und ich erziele eine retentive Wirkung. Neben dem physikalischen Verbund wird mit dem Kalt-Haftverbundsystem Signum metal bond 1 und Signum metal bond 2 der chemische Verbund hergestellt. Hierbei handelt es sich um ein Zwei-Komponenten-Material, das ohne ein aufwendiges Verfahren und zusätzliche Geräte einen guten Haftverbund zwischen Metall und Komposit gewährleistet (Abb. 20). Der Haftvermittler sorgt für eine chemische Bindung zwischen den polaren Karbonsäuregruppen des im Komposit enthaltenen Kunststoffs und der Metalloberfläche. Die im Bonder enthaltenen Silikate haften teils adhäsiv, teils chemisch an der Metalloberfläche. Das Silan kann nun mit den Hydroxylgruppen des Silikats zu einer stabilen Si-O-Si-Bindung reagieren. Der im Komposit enthaltene Kunststoff kann so an die Methacrylatgruppe des Silans anbinden, wodurch es zum chemischen Verbund kommt. Nach einer 30-sekündigen Verflüchtigungszeit des aufgebrachten Signum metal bond 1 trage ich die zweite Komponente, das Signum metal bond 2, auf die benetzte Fläche auf und härte sie im Lichthärtegerät aus. Diese sorgt gleichzeitig für eine zahnfarbene Grundierung des Gerüsts.
2. Von der Grundierung zur fertigen Verblendung
Anschließend grundiere ich das Gerüst mit dem Opaquer in der gewünschten Ausgangsfarbe. Dies geschieht mit dem Aufbau von zwei Schichten. Die erste Schicht trage ich gleichmäßig dünn auf. Dabei ist es wichtig, den Opaquer gut mit einem Pinsel zu vermischen. So kann ich ihn homogen auftragen. Bei der ersten Schicht steht für mich immer ein guter Verbund zur Grundierungsschicht des Signum metal bond, und somit zum Metallgerüst, im Fokus. Nach dem 90-sekündigen Aushärten der ersten Opaquerschicht trage ich in einem zweiten Arbeitsprozess den Opaquer gleichmäßig deckend auf und härte ihn ebenfalls 90 Sekunden lang unter UV-Licht (Abb. 21). Um zu verhindern, dass der Opaquer zu dick aufgetragen ist und somit eine 100-prozentige Aushärtung und Festigkeit des Opaquers nicht garantiert werden kann, ist es tendenziell eher ratsam, eine dritte, deckende Schicht aufzubringen. Ein guter Verbund zwischen Gerüst und Verblendung ist nun gewährleistet, und ich kann mich voll auf den ästhetischen Teil konzentrieren. Bei der individuellen Zahnfarbenbestimmung gleiche ich mithilfe der mobilen Angelierlampe HiLite pre den individuellen Fluoreszenzgrad der Nachbarzähne ab. Diesen Abgleich kann ich bei der zervikalen Gestaltung sehr gut mit den Valuemassen nachbilden. In der Sandwichtechnik baue ich die Verblendung vom Gerüst ausgehend und mit den chromaskopischen Massen beginnend auf. Dazu stehen mir dank des Signum Systems pastöse und thixotrope Massen zur Auswahl (Abb. 22). Zur Gestaltung des Helligkeitsverlaufes im inzisalen Bereich erziele ich durch eine Ausmodellierung der Mamelonfinger einen natürlichen Übergang zur Schneide (Abb. 23). Um bei geringen Platzverhältnissen eine optimale Kaschierung des Gerüstes zu erreichen, empfiehlt sich die Gestaltung des Überganges ebenfalls durch die Unterstützung von fluoreszierenden Verblendmassen. Nach der Grundschichtung, die den Farb- und Helligkeitsverlauf sicherstellt, setze ich die inzisale Charakteristik mit den Schneide- und Effektmassen um. Mit dem Polymerisationsgerät HiLite power härte ich die Modellation innerhalb von 90 Sekunden aus. Soll auch die farbliche Charakteristik abgeglichen werden, muss die Verblendung 180 Sekunden lang gehärtet werden. Erst dann sind sämtliche Katalysatoren des Komposits aufgebraucht und die farbliche Akzentuierung kann abgeglichen werden (Abb. 24). Das Ausarbeiten der Verblendung führe ich mit kreuzverzahnten Fräsen durch (Abb. 25). Dabei verzichte ich auf diamantierte Instrumente, da hierdurch Kompositteile aus der Verblendung herausgerissen werden und es zu einer Anrauung der Oberfläche kommt. Muss noch Material nachgetragen werden, reinige ich die überarbeitete Fläche mit einem trockenen Pinsel und trage Signum liquid auf, um den Verbund zum ausgehärteten Verblendmaterial wiederherzustellen.
3. Die Oberflächentextur unterstützt den ästhetischen Erfolg
Nach abgeschlossener Schichtung und morphologischem Finish geht es an die altersgerechte Oberflächentextur (Abb. 26). Diese wird den Nachbarzähnen entsprechend in fünf aufeinander aufbauenden Schritten herausgearbeitet. Genau wie bei der morphologischen Erarbeitung einer Verblendung wird auch beim Herausarbeiten der Oberflächentextur von den groben Merkmalen in die feinen Details gearbeitet. In den ersten Schritten werden die vertikalen Perikymatien herausgearbeitet, im Weiteren geht es dann über die horizontalen Wachstumsstrukturen in die Feinheiten über. Bevor die rot-weiße Ästhetik angegangen wird, empfiehlt es sich, die Verblendung erst fertig aufzupolieren. Erst dann bekommt man einen detaillierten Eindruck von der Schichtung und kann Farbe und Lichtdynamik im Detail beurteilen (Abb. 27). Im vorliegenden Fall wird auch die Notwendigkeit der roten Ästhetik sehr gut deutlich.
4. Die rote Ästhetik
Anhand des Arbeitsmodells gleiche ich den Verlauf der gingivalen Anteile ab und zeichne sie mit einem wasserfesten Stiftauf der Verblendung an (Abb. 28). Wichtig ist bei der Umsetzung, dass keine unter sich gehenden Bereiche modelliert werden, da dies zu Schmutzablagerungen und Entzündungen führen würde. Die Titanplattform des Aufbaus sollte vor dem Auftragen des Pala cre-active Materials entsprechend konditioniert und opaquert werden. Dies ist wichtig, da sonst ein grauer Schimmer entsteht, der in Komposit und Schleimhaut diffundiert. Zur Verbundherstellung wird die Plattform mit einem Schleifstein angeraut und mit Signum metal bond 1 und 2 benetzt. Durch das Auftragen des Opaquers Signum opaque F OP stelle ich einen rosafarbenen Grundton sicher (Abb. 29 bis 31). Den vorab entsprechend gekennzeichneten Kompositbereich raue ich auf und benetze ihn mit Signum liquid. Das Pala cre-active Sortiment lässt in seiner Farbvielfalt keine Wünsche an Individualität offen. Für einen präzisen patientenbezogenen Aufbau empfehle ich – genau wie bei der individuellen Zahnfarbenbestimmung – einen Schichtplan der gingivalen Bereiche anzufertigen. Mein Tipp: Hierfür eignet sich die digitale Fotografie gut. Genau wie bei der Zahnfarbe gleiche ich als erstes den Grundfarbton des Zahnfleisches ab. Dieser steht oft in einem Verhältnis zur Hautfarbe des Patienten. Bei hellhäutigen Personen hat man es gewöhnlich mit blass-rosa Farbtönen zu tun, wohingegen bei dunkelhäutigeren Personen intensivere Farbtöne zu erkennen sind, die eher bräunlich-orange sind. Neben dem Hautton des Patienten richtet sich die farbliche Eigenschaft des Zahnfleisches zudem stark nach dem jeweiligen Durchblutungsgrad und der individuellen Zahnfleischstärke (Abb. 32). Entsprechend der analysierten Farbeigenschaften erstelle ich nun mit chromatischen Massen, die in ihrer Farbwirkung mit den Malfarben individuell intensiviert werden können, den Grundfarbton der Gingivaanteile ein (Abb. 33). Die im gingivalen Schichtplan festgehaltenen Farbnuancen trage ich individuell auf und härte sie mit der Angelierlampe HiLite pre zwischen. Nach fertiger Modellation lasse ich die Kompositmassen aushärten und arbeite sie mit kreuzverzahnten Fräsen aus. Dabei muss man unbedingt darauf achten, unter sich gehende Stellen zu vermeiden, gerade die basalen Anteile gut abzurunden und auf Hochglanz zu polieren. Nur dann ist ein langfristiger Erfolg der Versorgung gewährleistet und der Patient kann die Arbeit einfach reinigen (Abb. 34 und 35). Um Zeit zu sparen, kann man die Modellation vor dem Lichthärten mit Signum Insulating Gel abdecken. Dadurch entsteht eine Reaktion mit Sauerstoff. Die ausgehärtete Modellation liegt dann nach dem Entfernen des Gels mit abschließendem Hochglanz vor.
Fazit: Keine Wünsche offen
Mit dem Signum Verblendsystem aus dem Hause Heraeus Kulzer bekommen Anwender ein Systemsortiment an die Hand, das dank seiner Individualität keine Wünsche offen lässt. Auch komplexe Patientenarbeiten können Zahntechniker so individuell lösen. Dank des übersichtlichen Aufbaus nach dem Matrix-System und der Kombination von pastösen und thixotropen Massen ist ein effizientes Arbeiten mit wenigen Zwischenhärtephasen gewährleistet.