Kieferorthopädie 28.02.2011

"Künftig wird kein Weg an der 3D-Technologie vorbeiführen."



"Künftig wird kein Weg an der 3D-Technologie vorbeiführen."

Mit der Eröffnung von MESANTIS München im Oktober 2009 hat das bekannte bundesweite 3D-Röntgennetzwerk bereits seinen vierten Standort innerhalb kürzester Zeit eröffnet. Damit ist die MESANTIS GmbH der derzeit größte deutsche Verbund von zahnärztlichen 3D-Röntgeninstituten auf Basis digitaler Volumentechnologie. KN sprach mit Geschäftsführer Prof. Dr. Axel Bumann.

KN: Prof. Dr. Bumann, welche Idee steckt dahinter, ein völlig eigenständiges zahnärztliches 3D-Röntgeninstitut in Deutschland zu gründen?

Im Rahmen meiner Tätigkeit an der University of Southern California in Los Angeles war ich schon im Jahre 2002 routinemäßig der digitalen Volumentechnologie (DVT) ausgesetzt, da die kieferorthopädische Abteilung als eine der ersten amerikanischen Universitäten schon zu dieser Zeit ausschließlich DVTs zur kieferorthopädischen Behandlungsplanung verwendete. Zwei Jahre später habe ich dann zusammen mit drei Kollegen in Palm Desert und Las Vegas zwei 3D Imaging Center eröffnet. In dieser Zeit haben wir nicht nur langjährige Erfahrungen mit einem Überweiserbetrieb, sondern vor allen Dingen auch mit Hardware und Softwareinkompatibilitäten sowie überzogenen Versprechungen von Industrie und Dentaldepots sammeln können. Besonders hilfreich waren diese Jahre für den gezielten Aufbau der einzigartigen Aufstiegsfortbildung einer zahnärztlichen Helferin zur zertifizierten DVT-Spezialistin. Bei meiner Rückkehr nach Deutschland habe ich dann von vielen Seiten Klagen über zahllose Unzulänglichkeiten im Bereich der digitalen Volumentechnologie gehört. Das brachte mich auf die Idee, unsere langjährigen internationalen Erfahrungen in ein stringentes, betriebswirtschaftlich orientiertes Praxiskonzept umzusetzen. Dieses Vorhaben wurde durch die extrem hohen deutschen Datenschutzanforderungen; DIN-Normen und Vorschriften der Röntgenverordnung erleichtert. Alle diese Auflagen sorgen nämlich in Deutschland für sehr hohe Hintergrundkosten, die geradezu nach einem Netzwerk, das sich die hohen Hintergrundkosten teilt, schreien.

KN: Sie bauen momentan ein bundesweites Netzwerk an 3D-Röntgeninstituten aus. Warum dieser Schritt, ein solch komplexes Projekt anzugehen?

Aufgrund unserer 8-jährigen Erfahrung mit Imaging Centern in den USA und dem erfolgreichen Betrieb des 3D-Röntgeninstituts in Berlin, traten unzählige Firmen und Kollegen mit spezifischen Fragen zum wirtschaftlichen Betrieb eines DVT-Gerätes an uns heran. Dabei wurde deutlich, dass 95 % den finanziellen Aufwand und die organisatorische Bewältigung von Datenmengen und Datenschutz völlig unterschätzen. Deswegen wurden wir von vielen Seiten bestärkt, unser Erfolgsmodell doch auf eine breite nationale Basis zu stellen. Dies war zwar mit einer weiteren erheblichen Investition im Bereich Langzeitarchivierung, Datenschutz und Webportal verbunden. Doch jetzt steht die gesamte Infrastruktur und alle MESANTIS-Netzwerkpartner profitieren vom Know-How sowie der langjährigen Erfahrung und sparen dabei auch noch sehr viel Geld.

KN: Warum können nur Kieferorthopäden Lizenznehmer bei MESANTIS werden?

Da derzeit 65 % der externen DVTs für qualitätsorientierte implantologisch tätige Kollegen/innen angefertigt werden, muss von einem DVT-Betreiber unbedingt eine mögliche Patientenabwanderung ausgeschlossen und ein entsprechender Überweiserschutz sicher gestellt werden. Essentielle Voraussetzung für ein betriebswirtschaftlich geführtes 3D-Röntgeninstitut ist daher ein neutraler Standort. Da Kieferorthopäden keine chirurgischen und keine allgemeinzahnärztlichen Maßnahmen durchführen, ist hier ein idealer Standort in fachzahnärztlicher Umgebung gegeben. Gleichzeitig kann der Kieferorthopäde die Technologie zur zukunftsorientierten Profilierung seiner eigenen Praxis einsetzen.

KN: Wie gestaltet sich die Partnerschaft?

Der/die Netzwerkpartner/in erhält von MESANTIS das gesamte Equipment (DVT-Fachkunde, Sonderedition DVT-Scanner, Geschäftsausstattung, komplette IT-Ausstattung mit Department Server, DVT-Spezialistenausbildung) zum MESANTIS-Spezialpreis. Der/die Netzwerkpartner/in ist eigenständiger Besitzer des Equipments und verfügt daher auch über alle Umsätze und Gewinne. Das Langzeitarchiv und das Webportal teilt der/die Netzwerkpartner/in mit den anderen Partnern/innen und spart sich dadurch erhebliche Hintergrundkosten. Des Weiteren profitiert der/die Netzwerkpartner/in vom umfangreichen MESANTIS-Kooperationspartner-Netzwerk und der langjährigen Erfahrung innerhalb des Netzwerks. Ebenso sind die bereits existierenden und die zukünftigen synergistischen Marketingeffekte ein unbezahlbarer Vorteil des MESANTIS-Netzwerkes.

KN: Welche Kosten fallen bei der Errichtung eines 3D-Röntgenzentrums an?

Wenn man mit dem Gedanken spielt, ein 3D-Röntgenzentrum zu errichten, muss man im Prinzip mit fünf wesentlichen Kostenposten rechnen: DVT-Fachkunde, DVT-Scanner plus Rendering-Software, Geschäftsausstattung incl. Webpage, spezifische IT-Ausstattung mit Langzeitarchiv mit Webportal und DVT-Spezialisten-Ausbildung. Wir hören leider immer wieder, dass manche Kollegen von Beratern gerade einmal über den Anschaffungspreis aufgeklärt werden, der dann einzig und allein zur Wirtschaftlichkeitsberechnung herangezogen wird. Nach zwei Jahren kommt dann häufig das böse Erwachen. Genau dies passiert gerade im Markt. Nach der ersten großen DVT-Euphoriewelle kippt die Stimmung momentan bei sehr vielen Kollegen hin zur großen Ernüchterung.

KN: Wie viel Zusatzkosten entstehen einem Lizenznehmer im MESANTIS-Netzwerk?


Im Bereich der Investitionskosten entstehen nur durch die DVT-Spezialisten-Ausbildung Zusatzkosten. Alle anderen Kostenposten fallen auch im Eigenbetrieb an, sind aber höher, da die Gruppenvorteile entfallen. Mit der DVT-Spezialistenausbildung erfolgt der vollständige Know-How-Transfer und ohne DVT-Spezialist/in ist ein betriebswirtschaftlicher Ablauf nicht möglich. Trotz der Lizenzgebühr sind die gesamten Betriebskosten innerhalb des MESANTIS-Netzwerkes niedriger als beim Eigenbetrieb. Durch das umfangreiche MESANTIS-Kooperationspartnernetzwerk werden dem Lizenznehmer zusätzliche Patienten zugeführt.

KN: Wie viele Aufnahmen pro Tag sind für den sogenannten „break-even“ erforderlich?

Als Antwort auf diese Frage kursieren interessanterweise sehr unterschiedliche Zahlen herum. Häufig werden bei den „Break-even-Kalkulationen“ nur die Anschaffungskosten eines DVT-Scanners berücksichtigt. Kosten für Personal, Strom, Marketing und Datenleitungen werden meist nicht berücksichtigt. Ebenso wird der immense Aufwand für den Datenschutz und die revisionssichere Langzeitarchivierung der Daten unterschätzt. Zusätzlich fallen nicht unerhebliche Kosten für MPG-konforme Befundungsworkstations an. In Abhängigkeit von den Geräteanschaffungskosten und bei Berücksichtigung sämtlicher Nebenkosten sind 3,8 bis 4,4 DVT-Aufnahmen pro Tag bei 20 Arbeitstagen pro Monat erforderlich. Deswegen ist der Betrieb eines DVT-Gerätes für die meisten Kollegen/innen ein sehr teures „Hobby“.

KN: Welche Vorteile bieten sich interessierten Kieferorthopäden/innen, wenn sie 3D-Röntgentechnik im Verbund anbieten?

Neben der Einführung von 3D-Technologie in die eigene KFO-Praxis zu einem Zeitpunkt, wo entscheidende Weichen für die Zukunft im wettbewerbsorientierten deutschen Gesundheitsmarkt gestellt werden, gibt es zahlreiche weitere Vorteile, die sich allesamt sehr positiv auf die Betriebswirtschaftlichkeit des 3D-Röntgeninstitutes auswirken. Zur Finanzierung steht ein einzigartiges Modell des MESANTIS-Kooperationspartners EOS Health AG zur Verfügung, das insbesondere die individuelle Anpassung der Raten an die jeweils aktuellen Scanzahlen erlaubt. Der/die Betreiber/in ist vom ersten Tag der Eröffnung Repräsentant eines eingeführten Markenunternehmens. Nur im Netzwerk gibt es eine Hardware/Software-Kombination, die so auf dem freien Markt nicht verfügbar ist. Die systematische Aufstiegsfortbildung zur zertifizierten DVT-Spezialistin, der personellen Grundlage für einen erfolgreichen 3D-Betrieb, ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal des MESANTIS-Netzwerkes. MESANTIS verfügt über das erste EU-zertifizierte Langzeitarchiv in Deutschland. Ein Langzeitarchiv dieser Qualität ist im Einzelbetrieb kaum finanzierbar. Der ultimative Vorteil im MESANTIS-Netzwerk ist das MESANTIS-Webportal. Die hochkomfortable, datenschutzkonforme Platform ermöglicht einen sicheren, effektiven Datenaustausch mit Überweisern, Dentallaboren, Planungscentern und Schablonenherstellern. Ein derartiges Webportal ist im Einzelbetrieb absolut nicht darstellbar, aber für die Betriebswirtschaftlichkeit unabdingbar.

KN: In Ihren Instituten arbeiten ausschließlich DVT-Spezialistinnen, die eine 420-stündige Aufstiegsfortbildung durchlaufen haben? Wieso?

Die digitale Volumentomographie ermöglicht einerseits spektakuläre 3D-Aufnahmen für den Praktiker, andererseits ist sie anwendungstechnisch jedoch eine sehr anspruchsvolle Röntgentechnik. Anders als beim konventionellen Röntgen besteht die eigentliche Aufgabe der Röntgenassistentin nicht in der Aufnahme eines Röntgenbildes, sondern in der anschließenden spezifischen Weiterverarbeitung der großen 3D-Datenmengen. Diese verantwortungsvolle Aufgabe übernimmt bei MESANTIS eine qualifizierte, hauptberufliche DVT-Spezialistin und nicht eine „normale“ Zahnarzthelferin als Teil- bzw. Nebenaufgabe. Bevor eine DVT-Spezialistin von externer Seite zertifiziert werden kann, erfordern die internen MESANTIS-Qualitätsstandards die Erstellung von mindestens 300 Reports.

KN: Welche Aufgaben nimmt eine DVT-Spezialistin im täglichen DVT-Betrieb wahr?

Neben der Anfertigung der 3D-Aufnahmen am Patienten, was den geringsten Teil der täglichen Arbeit einnimmt, müssen vor allen Dingen die großen Datenmengen weiter verarbeitet werden. Dazu gehört zunächst einmal die revisionssichere, jederzeit lesbare Langzeitarchivierung der Daten. Bei einer 6-jährigen Patientin müssen die Daten beispielsweise 22 Jahre lesbar aufbewahrt werden. Des Weiteren müssen die Rohdaten rekonstruiert werden und indikationsgerecht für den Überweiser aufbereitet werden. Dazu werden verschiedene Spezialsoftwares eingesetzt, die die Erstellung eines übersichtlichen aussagekräftigen Reports erlauben. Weiterhin gehört der Versand der Daten an die Überweiser, die Vorbereitung der medizinischen Befundberichte sowie die Betreuung des Webportals zu den täglichen Aufgaben. Ergänzt wird das Aufgabenfeld durch die Vorbereitung von virtuellen Operationsplanungen und die Ausbildung von Überweisern in der Viewer-Software.

KN: Wie sehen Sie die Zukunft der 3D-Technologie in der Zahnmedizin? Welche „Fachbereiche“ werden in den nächsten Jahren immer mehr von der sich stetig weiterentwickelnden Technologie besonders profitieren?

Wenn man in den letzten Jahren die internationalen Entwicklungen genau verfolgt hat, dann wird klar, dass in der Zukunft kein Weg an der 3D-Technologie vorbei führen wird. Im Prinzip werden alle Teilbereiche der Zahnmedizin von diesem technischen Fortschritt profitieren. Drei zahnmedizinische Bereiche werden aber in ganz besonderem Maße profitieren: Kieferorthopädie, Implantologie und orthognathe Chirurgie. Man muss sich nur den letzten AAO-Kongress vor Augen führen. Dort wurden zahlreiche klinisch validierte Methoden und Technologien zu 3D-Modellen, bildgebender 3D-Diagnostik, 3D-Bracketplatzierung, 3D-Bracketfertigung und individualisierten 3D-Bögen. Neben der Diagnostik der dritten Dimension ergeben sich durch die DVT in der Kieferorthopädie vor allen Dingen therapeutisch relevante Befunde im Bereich des peridentalen Knochenangebotes vor Dehnung des Zahnbogen bzw. Protrusion der Front, der Nasenhöhle bzw. der Nasennebenhöhlen, der Kiefergelenke und der posterioren Atemwege.
Neueste Studien zeigen, dass 98 % der kieferorthopädischen Patienten und 56 % der Zähne bereits vor kieferorthopädischer Behandlung vestibuläre Knochendefizite aufweisen. Damit ist die Diagnostik des peridentalen Knochenangebotes die Hauptindikation in der kieferorthopädischen Behandlungsplanung. Durch die dreidimensionale Röntgendiagnostik im Rahmen der orthognathen Chirurgie hat sich in den letzten Jahren das kieferorthopädische Behandlungskonzept komplett geändert. Durch die Einführung der virtuellen Operationsplanung können jetzt die Operationen primär durchgeführt und somit die aktiven Behandlungszeiten signifikant verkürzt werden.

Von der Notwendigkeit der 3-D-Diagnostik
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