Die Abklärung erfordert ein
standardisiertes Vorgehen.
Die Leukoplakie ist ein rein klinisch
deskriptiver Begriff und bedeutet eine weißliche, nicht
wegwischbare, fleckartige Veränderung der Mundschleimhaut. Diese
Schleimhauterkrankung begegnet dem Zahnarzt in der Praxis sehr
häufig und hat unterschiedliche Ätiologien.
Die Abklärung erfordert daher ein
standardisiertes Vorgehen, das an der Medizinischen Universität
Graz, Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, in
folgender Form abläuft:
- Bei feststellbaren Ursachen (wie beispielsweise forciertes Putzen,
scharfe Zahnkanten, Zahnstein, Schleimhautirritationen durch
Prothesenteile, Morsicatio buccarum et labiorum) werden diese
behoben sowie eine Nachuntersuchung der Patienten nach zehn Tagen
durchgeführt. Kann eine Rückbildung der Schleimhautläsion
beobachtet werden, bleibt der Patient in engmaschiger Kontrolle bis
zur vollständigen Abheilung der Schleimhautveränderung.
- Bei fehlender Rückbildung, nicht
feststellbarer Ursache oder a priori suspektem klinischen Befund erfolgt eine umgehende Biopsie mit anschliessender histopathologischer Untersuchung.
Galerie
Fallbeispiel 1: Pseudoepitheliomatöse Plattenepithelhyperglasie. Abb. 1a: Die knotig-weißliche Schleimhautveränderung am rechten Zungenrand einer 54-jährigen Patientin (Nichtraucherin, keine Medikamenteneinnahme)
Fallbeispiel 1: Pseudoepitheliomatöse Plattenepithelhyperglasie. Abb. 1b: Papillär aufgeworfenes, netzig ins Schleimhautstroma ausgebreitetes, ansonsten regelrecht geschichtetes Plattenepithel.
Fallbeispiel 2: Traumaassoziiertes hyperplastisches-hyperkeratotisches Plattenepithel („Morsicatio buccarum“) Abb. 2a: Weißliche Schleimhautläsion an linker Wange/linkem Mundwinkel bei 17-Jährigem. Ursache: Wangenkauen
Fallbeispiel 2: Traumaassoziiertes hyperplastisches-hyperkeratotisches Plattenepithel („Morsicatio buccarum“) Abb. 2b: Unregelmäßig verbreitertes Plattenepithel mit zapfenförmiger Stromaverzahnung und oberflächlicher Verhornung
Fallbeispiel 3: Tabakrauchen-assoziierte Hyperkeratose und Hyperplasie des Schleimhautepithels. Abb. 3a: Viele Jahre täglich 10 Zigaretten führten bei einem 38-jährigen Patienten zu einer großen Leukoplakie am Mundboden
Fallbeispiel 3: Tabakrauchen-assoziierte Hyperkeratose und Hyperplasie des Schleimhautepithels. Abb. 3b: Einerseits verbreitertes (links), andererseits deutlich parakeratotisch verhorntes Plattenepithel (rechts)
Fallbeispiel 4: Plattenepithelkarzinom. Abb. 4a: Schlechte Mundhygiene plus exzessiver Zigarettenkonsum verursachte am linken Zungenrand eine weißliche Schleimhautveränderung mit zentraler Ulceration und Induration
Fallbeispiel 4: Plattenepithelkarzinom. Abb. 4b: Atypisches, übermäßig verhorntes Plattenepithel mit Invasion des Schleimhautstromas
Fallbeispiel 5: Lichen ruber planus. Abb. 5a: Bei 53-jähriger Patientin wurde die Schleimhautläsion am rechten Mundwinkel mit erosiven Arealen zum Ausschluß von Differenzialdiagnosen zu einem Lichen ruber planus biopsiert
Fallbeispiel 5: Lichen ruber planus. Abb. 5b: Mäßig verbreitertes Plattenepithel mit starker oberflächlicher Verhornung. Unmittelbar subepithelial findet sich ein bandförmiges Lymphozyteninfiltrat
Fallbeispiel 6: Lichenoide Schleimhautveränderung. Abb. 6a: Direkt neben dem amalgamgefüllten Zahn 37 trat bei einer 62-Jährigen eine netzartige Schleimhautläsion an der Wange auf, die sich nach Entfernen zurückbildete
Fallbeispiel 6: Lichenoide Schleimhautveränderung. Abb. 6b: Beträchtlich verbreitertes, plumpzapfig gegen das Schleimhautstroma zu ausgebreitetes, ansonsten unauffälliges Plattenepithel
Die Bezeichnung „Leukoplakie“ ist
in der histopathologischen Diagnostik obsolet, da sich hinter dem
klinischen Erscheinungsbild eines „weißen, nicht wegwischbaren
Flecks“ morphologisch und biologisch vielfältige Veränderungen
mit unterschiedlichen Therapiekonsequenzen verbergen. Das
histopathologische Korrelat der weißlichen Veränderung ist eine
übermäßige Verhornung (Hyperkeratose) des ortsständigen
Plattenepithels, die bei entzündlich-reaktiven, mechanisch-reaktiven, chemisch-reaktiven und neoplastischen Läsionen sowie bei
Lichen ruber planus/lichenoiden Schleimhauterkrankungen auftritt. Die
häufigsten weißlichen Schleimhautveränderungen werden anhand der
ausgewählten Fallbeispiele 1 bis 6 gezeigt.
Wie wir zeigen konnten, haben
leukoplakische Schleimhautveränderungen unterschiedlichste Ursachen und gehören auf jeden Fall abgeklärt. In diesem Zusammenhang
spielt die histopathologische Diagnostik eine bedeutende Rolle,
weil deren Ergebnisse eine zielgerichtete weitere Therapie der
Patienten ermöglichen.
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