Zahntechnik 11.05.2011

Die Ästhetik steht im Mittelpunkt



Die Ästhetik steht im Mittelpunkt

Bei keramisch basierendem Zahnersatz spielt neben der Funktion die Ästhetik eine bedeutende Rolle. Die keramischen Verblendmassen wurden in den letzten Jahren konsequent weiterentwickelt. ZTM Björn Maier und ZA Hans-Duc Le zeigen, wie die Bereiche Festigkeit, Farbstabilität, Transluzenz, Transparenz, Fluoreszenz und Opaleszenz der natürlichen Zähne inzwischen sehr detailliert nachgeahmt werden können.

Ein 58-jähriger Patient stellte sich mit dem Wunsch nach einer ästhetischen Verbesserung seiner kunststoffverblendeten Kronen 11 und 12 vor. Diese Versorgung war zu diesem Zeitpunkt über 18 Jahre alt. Als Hauptproblem sah der Patient die ästhetische Beeinträchtigung im sozialen wie auch im beruflichen Alltag (Abb. 2).

Der intraorale Befund zeigte neben stark verfärbten und teils  abgeplatzten Kunststoffverblendungen eine Exposition der dunkel verfärbten avitalen Zahnwurzeln. Als anatomische Besonderheiten fielen die generalisiert bräunlich pigmentierte Gingiva sowie das  ausgeprägte Diastema im Ober­kiefer auf. Der parodontale Befund war unauffällig und entzündungsfrei. Röntgenologisch zeigten sich Zahn 12 und 11 wurzelspitzenresiziert mit gegossenen Stiftaufbauten, wobei Zahn 12 eine insuffiziente Wurzelfüllung aufwies. Funktionell lagen keine Beschwerden vor.

 

Therapieplanung und klinisches Vorgehen

Vor Behandlungsbeginn wurde eine gründliche supra- und subgingivale Zahnreinigung vorgenommen. Die verloren gegangene Eckzahnführung wurde über Kompositaufbauten auf den Zähnen 33 und 43 vorerst wiederhergestellt  und sollte zu einem späteren Zeitpunkt durch adhäsiv geklebte Veneers definitiv umgesetzt werden. Zur Evaluierung des optimalen Behandlungsziels mit dem Patienten wurden vor Behandlungsbeginn ein situationsbezogenes Wax-up anhand extraoraler (Porträts) und intraoraler Fotos auf den schädelbezüglich einartikulierten Situationsmodellen hergestellt (Abb. 3). Das Ziel war es, die Kretschmer’sche Typenstruktur des Patienten in die Zahnform einzubringen. Nur über diesen Weg ist es dem Behandlerteam möglich, ein von vornherein klar definiertes Ergebnis zu erreichen (Abb. 5   bis 9). Das erstellte Wax-up wurde dubliert und eine Tiefziehschiene (Abb. 10) zur Umsetzung über ein Mock-up chairside im Patientenmund hergestellt. Durch diese Vorgehensweise kann dem Patienten vor Beginn der eigentlichen Behandlung detailliert aufgezeigt werden, welches Ziel vom Behandlerteam angestrebt wird.


Der Patient bekommt eine genaue Vorstellung von Form, Größe und Stellung der Zähne. Noch vorhandene Unklarheiten können in diesem Stadium besprochen und abgeklärt werden. Daraus ergab sich der Wunsch des Patienten zu einer Verkleinerung des Diastemas. Der retrudierte labiale Verlauf des Zahnes 22 sollte ebenfalls behoben werden (Abb. 11 und 12). Aufgrund der herausragenden lichtoptischen Eigenschaften von Glaskeramiken einigten wir uns zusammen mit dem Patienten auf lithiumdisilikatbasierte Kronen, die über das Pressverfahren unterstützt durch eine individuelle Überschichtung umgesetzt werden sollte. Zahn 12 wurde endodontisch revidiert und mit einem adhäsiv befestigten Glasfaserstiftaufbau für maximale Transluzenz versorgt. Um den goldfarbenen Grundton abzudecken, wurde der Stiftaufbau an Zahn 11 mechanisch angeraut, silikatisiert, silanisiert und mit der gewünschten Zahnfarbe opaquert (Abb. 13 und 14).


Zur Schonung des marginalen Parodontiums und zur besseren Übersicht der alten, teilweise schon subgingival liegenden Präparationsgrenzen wurden vor der Präparation Retraktions­fäden in der V-Technik gelegt. Die Zähne 21 und 22 wurden entsprechend zur Versorgung für Veneers präpariert (Abb. 15). Als Präparationsform für diese Versorgung wurde eine Kombination aus abgerundeter Stufen- und Hohlkehlpräparation gewählt. Dabei konnte anhand eines am Wax-up-Modell hergestellten Silikonschlüssels die Dimensionen der endgültigen Restauration exakt überprüft und so der Subs­tanzabtrag entsprechend minimiert werden (Abb. 16). Die Präparationsgrenzen wurden abschließend mit formkongruenten Metallfinierern und Arkansassteinchen finiert.


Zur provisorischen Versorgung der präparierten Zähne wurden Provisorien mithilfe der im Labor gefertigten Tiefziehfolie hergestellt und mit eugenolfreiem, provisorischen Zement befestigt. Nach der einzeitig einphasigen Präzisionsabformung der präparierten Situ­ation mit einem Polyethermaterial erfolgte die Modellherstellung und die schädelbezügliche Artikulation. Das zur Arbeitsplanung verschlüsselte Wax-up konnte auf das vorbereitete und isolierte Arbeitsmodell übertragen und ausgearbeitet werden (Abb. 17 und 18). Zur keramischen Umsetzung wurde aufgrund des opaquerten Zahnstumpfes mit Lithiumdisilikatrohlingen der low transluzenten Kategorie (LT) gearbeitet. Die Reaktionsschicht wurde in einem 20-minütigen Ultraschallbad mit Invex Liquid angelöst und anschließend mit 110µm Aluminiumoxid ab­gestrahlt (Abb. 19).  Vor einem ersten Aufpassen empfiehlt es sich, die scharfen Kanten der Kronenränder mit  einem Gummipolierer zu brechen.


Der zur individuellen Verblendung benötigte Bereich wird gezielt mit Diamanten unter Wasserkühlung zurückgeschliffen. Mithilfe der Verschlüsselung des Wax-ups kann das vorhandene Platzangebot kontrolliert werden (Abb. 20). Nach einem ersten Washbrand der Kronenrohlinge wird mithilfe der Effekt- und Schneidemassen das natürliche patientenbezogene Erscheinungsbild des Zahnersatzes nachgeahnt. Durch die Effektmassen Inter Incisal white und Spezial Incisal Massen konnte die Tiefenwirkung situationsbezogen nachempfunden werden (Abb. 21 bis 26). Die keramische Verblendung wird durch den Glasurbrand abgeschlossen (Abb. 27 bis 28). Mithilfe des Ästhetikkunststoffes zur Herstellung von zahnfarbenen Stümpfen kann die Zahnfarbe vor dem Eingliedern nochmals kontrolliert werden.

Vor der Eingliederung: Try-in Pasten

Zur Eingliederung wurden die Innen­flächen der glaskeramischen Restaurationen mit einem Fluorwasserstoffsäure-Gel für 20 Sekunden angeätzt und anschließend für 60 Sekunden silanisiert. Zahnseitig wurden zur Konditionierung an Zahn 12 und 11 ein Mehrschritt-Dentinadhäsiv-System in der Total-etch-Technik eingesetzt (Haftvermittler: Syntac Classic, Ivoclar Vivadent) an Zahn 21 und 22 wurden aufgrund reiner Schmelzpräparation die Total-etch-Technik angewandt. Die definitive Eingliederung erfolgte mit einem licht-härtenden, niedrigviskösen Befestigungskomposit.


Die fertig eingesetzte Arbeit ist in den Abbildungen 4, 29 und 30 zu sehen. Abbildung 13 zeigt, dass es kein opaques Zirkoniumdioxid benötigt, um den stark verfärbten devitalen Zahnstumpf 11 abdecken zu können. Der Kontrollbefund nach lediglich vier Tagen zeigte bereits ein natürlich wirkendes ästhetisches Erscheinungsbild mit sehr guter Adaptation der umliegenden Weichgewebsstruktur an die Frontzahnkronen. Der girlandenförmige Verlauf der Gingiva und vor allem die Rot-Weiß-Äs­thetik sind wiederhergestellt. Durch die harmonische Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt, Zahntechniker und Patient konnte ein durchaus hochwertiges Ergebnis erzielt werden, mit dem der Patient sehr zufrieden und glücklich ist. Die Lithiumdisilikatkeramiken bieten ein sehr umfangreiches Einsatzgebiet. Ein sehr hohes Maß an Natürlichkeit kann mit dem e.max Presskeramik System der Firma Ivoclar Vivadent erreicht werden. Gerade durch die Kombination aus hoher Transluzenz und Festigkeit werden umfangreiche Abwendungsgebiete abgedeckt. Die gute Farb- und Lichtwirkung erleichtern dem Zahntechniker bei seinen tagtäglichen Aufgabenstellungen die Arbeit und unterstützen ihn zu einem gezielten ästhetisch hochwertigen Ergebnis zu gelangen.

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