Branchenmeldungen 14.08.2023

Experten aus aller Welt beim 12. Benefit User Meeting



Experten aus aller Welt beim 12. Benefit User Meeting

Foto: Prof. Dr. Benedict Wilmes

Am 02. und 03. Juni fand das 12. Benefit User-Meeting auf der Düsseldorfer Königsallee statt. Über 500 Kieferorthopäden aus 51 Ländern versammelten sich zu einem der hochkarätigsten kieferorthopädischen Meetings des Jahres 2023. Organisiert von Prof. Dr. Dieter Drescher und Prof. Dr. Benedict Wilmes (Universitätsklinikum Düsseldorf) folgten namenhafte Redner u.a. aus den USA, Japan, Spanien, Brasilien und Australien der Einladung nach Düsseldorf. 

Am Freitag fanden zwei Vorkongresskurse statt, geleitet von den Professoren Drescher und Wilmes (Düsseldorf), sowie Professor Ravi Nanda (Connecticut, USA,) und Privatdozent Dr. Björn Ludwig (Traben-Trarbach): Nach einer herzlichen Begrüßung der weit angereisten Teilnehmer durch Prof. Drescher, zeigten er und Professor Wilmes die Basics der skelettalen Verankerung. Zusätzlich zu den grundlegenden Aspekten wie dem Insertionsprotokoll und den unterschiedlichen Insertionsregionen wurden auch die breite Palette an Behandlungsgeräten und deren vielfältige Anwendungsmöglichkeiten dargelegt. Zum Beispiel ermöglicht der Einsatz von skelettal-verankerten Behandlungsgeräten oft das Vermeiden späterer chirurgischer Interventionen. Ein anterior offener Biss kann beispielsweise durch den Einsatz einer Molaren-Intrusion-Apparatur (Mausefalle) geschlossen werden, und bei einigen erwachsenen Patienten kann durch den Gebrauch eines Quadexpanders eine chirurgische Gaumennahterweiterung oft vermieden werden. 

Zahlreiche Tipps und Tricks für Einsteiger aber auch für den bereits erfahren Anwender skelettaler Verankerung waren im Programm zu finden. Nach der ersten Pause, die zum Netzwerken und einem Besuch der Industrieausstellung einlud, widmete sich Professor Wilmes vor allem dem Troubleshooting im Umgang mit Mini-Implantaten. Er zeigte vielfältige Patientenfälle und problemorientierte Behandlungsstrategien. Ein weiteres Augenmerk legte er in seinem Vortrag auf die neue „BENEfit for Aligner Technique“ (BAT) mit der sich Aligner-Limitationen durch smarte Nutzung skelettaler Verankerung (Slider und Expander) umgehen lassen. Somit können auch mittelschwere und komplexe Patientenfälle effektiv gelöst werden.

Impressionen der Veranstaltung

In der Mittagspause gab es Hands-On Stationen, an denen sich die Teilnehmenden beim Biegen eines Benesliders ausprobieren konnten, oder selbst Mini-Implantate an Kunststoffmodellen inserieren konnten. Auch in diesem Jahr gab es beim User-Meeting eine Posterausstellung, die die Teilnehmenden während den Pausen neben der Industrieausstellung besuchen konnten. Den Preis für das beste Poster gewann Dr. Elvira Patroi (Bukarest, Rumänien).

Am Nachmittag widmeten sich Prof. Ravi Nanda (Connecticut, USA) und PD Dr. Björn Ludwig (Traben-Trarbach) den neuesten Innovationen in der Kieferorthopädie und dem Fear of Missing Out (FOMO). Sie sprachen sich dafür aus, nicht jedem Trend blind nachzulaufen, aber auch „out of the box“ zu denken. So lassen sich manche Behandlungsschritte besser mit einer Multiband-Apparatur lösen, andere jedoch auch sehr gut mit Alignern. Sowohl von Prof. Nanda als auch von PD Ludwig wurden die neuen Möglichkeiten der direkt gedruckten Aligner (Graphy) vorgestellt und intensiv diskutiert. Die Kombination verschiedener Behandlungs-Techniken je nach Diagnose scheint auch bei allen Fortschritten der Aligner-Technologie nach wie vor der beste Behandlungsansatz zu sein.

Das Get-Together in der Tino's Bar direkt neben dem Tagung-Hotel Kö59 bildete den krönenden Abschluss eines tollen ersten Tages. Bei perfektem Wetter und begleitet von Live-Musik wurden Cocktails und Canapés serviert, während die ausgelassene Stimmung den Abend gemütlich ausklingen ließ.

Am zweiten Kongresstag begeisterten namhafte Referenten das internationale Publikum der Tagung. Die thematischen Schwerpunkte lagen am Samstagvormittag auf der Mini-Implantat-unterstützen Gaumennahterweiterung (MARPE) und am Nachmittag auf der Vereinbarkeit von TADs mit Clear Aligner Techniken.

Die Vormittagssession eröffnete der Präsident der spanischen Gesellschaft für Kieferorthopädie (SEDO) Dr. Juan Carlos Varela (Santiago de Compostela, Spanien) mit einem spannenden Vortrag zur Kombination der skelettalen Verankerung und 3D-Technologien zur maxillären Expansion. Er zeigte komplexe Patientenfälle, die er mit Hilfe eines Expanders auf vier Mini-Implantaten behandelte und bei denen er eine chirurgische Unterstützung der Gaumennahterweiterung vermeiden konnte.

Dr. Heinz Winsauer (Bregenz, Österreich) erörterte die Fragestellung nach dem besten Aktivierungsprotokoll der MARPE bei erwachsenen Patienten. Er sprach sich für eine langsame Aktivierung der skelettal-verankerten Apparaturen mit wohldosierter Kraft aus und zeigte beeindruckende Ergebnisse. Zudem präsentierte er als Weltneuheit das I-shaped Mini-Implantat als neue Möglichkeit zur Kopplung von Mini-Implantat zur Apparatur.

In der letzten Session des Vormittags präsentierte Dr. Nour Tarraf (Sydney, Australien) verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Gaumennahterweiterung und Korrektur einer Klasse III mittels skelettaler Verankerung. Er beleuchtete die Limitationen der Therapie mit Gesichtsmaske und dental verankerter GNE und empfahl stattdessen eine skelettale Verankerung mittels Hybridhyrax im Oberkiefer und Miniplatten im Unterkiefer. Dabei betonte er, dass so eine Behandlung ohne dentale Nebeneffekte möglich und das Behandlungsergebnis sicherer zu retinieren sei. Ein weiteres faszinierendes Thema seines Vortrags war die Verbesserung der Nasenatmung durch die maxilläre Expansion.

Dr. Won Moon war aus Los Angeles (USA) angereist, um über seine Updates zur maxillären skelettalen Expansion zu sprechen. Sein Vortrag begeisterte die Teilnehmer mit innovativen Ansätzen zur Gestaltung der Expansionsapparaturen und er empfahl die Verwendung von nicht-rigiden Armen als Verbindung zu den Ankerzähnen, um ungewünschten Zahnbewegungen vorzubeugen. Des Weiteren erläuterte er in einem Troubleshooting die häufigsten Probleme bei der Therapie mit skelettal-verankerten Expandern und präsentierte Lösungsansätze für das Trouble-Shooting. 

Dr. Audrey Yoon (Stanford, USA) beeindruckte mit ihrem Vortrag über Komplikationen der Mini-Implantat getragenen GNE. Sie teilte zudem wertvolle Tipps, Tricks und „Pearls“, wie diese Komplikationen vermieden werden können. Dr. Yoons Expertise und Präsentationstalent machten sie zu einem inspirierenden Vorbild insbesondere für alle Teilnehmerinnen.

Professor Drescher hielt einen sehr innovativen Vortrag über das Thema "Digital MARPE - Workflow und klinische Protokolle". Mit einer provokanten Aussage erklärte er, dass die reine Dentale Verankerung im Rahmen einer Klasse III Behandlung mit Gesichtsmaske aufgrund der ausgeprägten dentalen Nebenwirkungen (Mesial-Wanderung der Zähne) obsolet sei. Anschließend präsentierte er den Zuhörern den analogen und digitalen Workflow und verdeutlichte eindrucksvoll die Vorteile, die sich durch den Einsatz moderner digital-designter Geräte ergeben (zum Beispiel von TADMAN). Darüber hinaus bot Professor Drescher den Teilnehmenden einen umfassenden Überblick über die aktuelle Literatur zum Thema, um ihnen einen fundierten Einblick in die neuesten Erkenntnisse und klinischen Protokolle zu ermöglichen. Sein Vortrag löste eine lebhafte Diskussion aus und hinterließ einen bleibenden Eindruck bei den Fachkollegen.

PD Dr. Björn Ludwig aus Traben-Trarbach präsentierte auf dem Kongress interessante Erkenntnisse zum sogenannten "Banana-Effekt" bei der Verwendung einer konventionellen Hyrax-Schraube. In seinen Vortrag kam er zu dem Schluss, dass es empfehlenswert ist, stattdessen die PowerScrew einzusetzen, um diesen Effekt zu vermeiden. Des Weiteren betonte er, dass bei Patienten mit Klasse-III-Malokklusion eine rasche Expansion empfohlen wird, während bei Patienten ohne skelettale Klasse III eine langsamere Expansion mit einer Aktivierung von zweimal pro Woche durchgeführt werden sollte. Zudem gab Dr. Ludwig den Rat, dass die aufgebrachte Kraft während der Expansion 500 Gramm nicht überschreiten sollte, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden. Abschließend prognostizierte er, dass die Zukunft in der Force-related-Activation liegt, was auf großes Interesse und Diskussion unter den Kongressteilnehmenden stieß.

Dr. Jorge Faber (Brasilia, Brasilien) referierte auf dem Kongress über das Thema "To MARPE or not to MARPE“ Er erläuterte, dass ein dentaler Effekt in bestimmten Fällen erwünscht ist, insbesondere bei Aplasie der Oberkiefer-2er oder als Camouflage-Therapie bei vorhandener Klasse-III-Malokklusion. In anderen Fällen hingegen sei ein dentaler Effekt unerwünscht, und Dr. Faber empfahl die Verwendung der HybridHyrax zur Vermeidung solcher Effekte. Darüber hinaus präsentierte er die Auswirkungen der Hyrax-Apparatur auf die Verbesserung der Nasenatmung und Behandlung von Schlafapnoe.

Ein absolutes Highlight des Kongresses bildete die Round-Table-Diskussion mit allen bisher gehörten Referenten. Unter der Leitung von Prof. Ravi Nanda aus Connecticut kamen die renommierten Experten zusammen, um wichtige Fragen und Erkenntnisse zu diskutieren. Die Take home messages zum Thema GNE lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Je mehr skelettale Verankerung eingesetzt wird, desto weniger dentale Kippungen und mehr skelettale Expansion, desto eher eine Verbesserung der Nasenatmung.
  2. Aufgrund der skelettalen Verankerung kann bei vielen Jugendlichen und Erwachsenen eine Expansion ohne chirurgische Schwächung erfolgen. Insbesondere bei weiblichen Patienten sind die Chancen als recht hoch zu bewerten, je nach Studie 60-85 Prozent Erfolg.

Nach der Kaffeepause zeigte Dr. Kenji Ojima (Tokyo, Japan), allgemein auch als "Aligner-Gott" bekannt, seine beeindruckenden Fälle. Er präsentierte die Kombination von Alignern und TADs als optimale Behandlungsmethode für etwas komplexere Alignerfälle. Dr. Ojima stellte eine interessante Variante eines Hybrid-Benefit-System vor, das auf CAD/CAM Kunststoffkomponenten für Beneslider und Mesialslider basiert.

Dr. Mehdi Peikar (Carrollton, USA) stellte auf dem Kongress eine interessante Innovation vor: die Brava Apparatur von Brius. Diese lingual eingesetzte Apparatur ist mit individuellen NiTi-Elementen für jeden Zahn ausgestattet, die eine unabhängige und friktionslose Bewegung der Zähne ermöglichen. Dr. Peikar demonstrierte eindrucksvoll die verschiedenen Kombinationen der Brius Apparatur mit dem Benefit System. 

Am Ende des Kongresses diskutierte Professor Wilmes die Frage, ob alle Fälle mit Alignern behandelt werden können. Er präsentierte zunächst die Probleme in der Alignertherapie, gab aber anschließend eine Vielzahl hilfreicher Tipps und Tricks, wie die Grenzen der Aligner-Behandlung überwunden werden können. Professor Wilmes ermutigte die Zuhörer, innovative Wege zu finden, um die Limitationen der Aligner-Therapie zu überwinden.

Am Abend luden die Professoren Drescher und Wilmes die Teilnehmer zur Benefit Party auf das Canoo Boot auf dem Rhein ein. In dieser entspannten Atmosphäre genossen die Gäste köstliche Canapés und erfrischende Cocktails, begleitet von Live-Musik. Es wurde ausgiebig geschlemmt, getanzt und gelacht, und bereits die Vorfreude auf das 13. Anwendertreffen geweckt, welches am 26. und 27. April 2024 stattfindet.

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