Branchenmeldungen 28.06.2023
Große Resonanz beim WIN Anwendertreffen
Rund 700 Kieferorthopäden, Weiterbildungsassistenten und Zahnmedizinische Fachangestellte folgten der Einladung zum zehnten deutschen und internationalen Erfahrungsaustausch rund um den klinischen Einsatz der WIN Apparatur. Im Fokus des am 2. und 3. Juni in Frankfurt am Main stattgefundenen Events stand neben praxisrelevanten Konzepten zur Steigerung der Effizienz und Ergebnisqualität von Lingualbehandlungen die Weltpremiere des neuen selbstligierenden WIN V-SL-Brackets.
Bestmögliche Lingualbehand lungen mit optimalen Ergebnissen zu ermöglichen, war und ist für Prof. Dr. Dr. h.c. Dirk Wiechmann stets das oberste Ziel. Mit viel Handarbeit, größter Sorgfalt und einem einzigartigen Gespür für Details geht der Experte seit vielen Jahren zu Werke, damit Anwender des von ihm entwickelten und fortlaufend optimierten WIN Bracketsystems dieses Ziel im Praxisalltag erreichen. Alljährlich wird zum großen Erfahrungsaustausch eingeladen, um Therapieansätze sowie aktuelle Ergebnisse aus Wissenschaft und Klinik zu diskutieren und den einen oder anderen Kniff voneinander zu lernen – so auch beim 10. WIN Anwender treffen.
Kurs für Zahnmedizinische Fachangestellte
Wie immer fand am Freitagnachmit tag der das Event einleitende Kurs für das Praxisteam statt. Etwa 300 ZFAs waren angereist, um zu verschiedensten Themen ihres Arbeitsalltags wertvolle Tipps und Anregungen zur Optimierung von Praxisabläufen zu erhalten.
Anwendertreffen
Mit rund 400 Teilnehmern, darunter Gästen aus Hongkong, Japan oder den USA, startete am Samstag das Anwendertreffen, und zwar traditionell mit dem klinischen Update. Dabei ging Professor Wiechmann zunächst auf die Klasse II-Korrektur mit WIN in Kombination mit der Herbstapparatur ein. Um hierbei nach erfolgter UK-Vorverlagerung einen oft noch zu schmalen Oberkiefer korrigieren zu können, hat sich der Einsatz eines Stahlbogens mit 2 cm Expansion als vorteilhaft erwiesen, ggfs. in Kombination mit einem Kompressionsbogen im Unterkiefer.
Ferner habe sich gezeigt, dass es bei Herbstfällen zur Reduzierung möglicher Komplikationen von Vorteil sei, den L-Pin statt wie bisher von distal besser von mesial in das Tube einzuführen. Die gesamte Herbstapparatur würde dadurch nicht nur weiter nach anterior und weg von der Wangenschleimhaut platziert, aufgrund des nun kürzeren Hebelarms beim L-Pin könne zudem dessen Bruch vorgebeugt werden.
Des Weiteren wurde auf das Nachkleben von Brackets oder den Lückenschluss im Unterkiefer bei Nichtanlagen oder nach Extraktion eingegangen. Ob ein- oder beidseitiger Lückenschluss, könne dieser durch den Einsatz eines Doppelkabels (Gummiketten auf beiden Seiten) deutlich beschleunigt werden. Zu beachten sei jedoch, dass das Kraftniveau der Ketten hierbei reduziert wird (ein Modul mehr), um keinen vertikalen Bowing-Effekt zu generieren.
Zum Schluss des Updates wurde die Bisshebung bei Tiefbiss-Patienten thematisiert. Hier wies der Referent darauf hin, bei der primären Bestellung keinesfalls die okklusalen Pads zu vergessen. Zudem sollten die okklusalen Build-ups nicht auf den 6ern, sondern auf den 7ern angebracht werden. Darüber hinaus habe sich gezeigt, dass die Nivellierungsphase mitunter schneller realisierbar ist, wenn ein 16 x 24 Stahlbogen mit Anti-Spee zum Einsatz kommt, dessen Effizienz je nach Fall durch einen Extra-Torque noch gesteigert werden kann.
Das intelligente Management des Bogensyndroms (X- oder Twist-Effekt) stand im Mittelpunkt des sich anschließenden Vortrags von Dr. Catherine Galletti (Paris). Wird dieses diagnostiziert, sollte möglichst früh agiert werden, um eine parodontale Schädigung zu vermeiden. Nach Entfernung des Kleberetainers sollte in vielen Fällen zunächst eine professionelle Zahnreinigung durchgeführt werden. Danach kann mithilfe einer kieferorthopädischen Vorbehandlung eine mit diesem Phänomen oft einhergehende gingivale Rezession deutlich verringert werden. In jedem Fall sollte hierbei eine festsitzende Apparatur zur Anwendung kommen, um eine möglichst optimale Kontrolle beim Zurückführen der Zahnwurzeln in den Alveolarknochen zu gewährleisten. Anhand klinischer Fälle zeigte Dr. Galletti, wie problemlos dies mit der WIN Apparatur umgesetzt werden kann.
Was die Lingualtechnik und insbesondere der Einsatz einer vollständig individualisierten Lingualapparatur bei dentoalveolärer Kompensation in der vertikalen, anteriorposterioren sowie transversalen Dimension zu leisten vermag, wurde im Anschluss durch Professor Wiechmann gezeigt. Wird z. B. bei TiefbissFällen vertikal kompensiert, ist der Einsatz eines Ribbonwise-Bogens sehr vorteilhaft. Zudem sollten die okklusalen Pads auf den zweiten unteren Molaren nicht vergessen werden, welche mit posterioren Build-ups oder Aufbisskissen unterstützt werden können. Zudem wird der Einsatz von 16 x 24 Stahlbögen mit 13°/21° ET und ggfs. mit AntiSpee empfohlen.
Bei der Klasse II-Korrektur stellte der Referent zwei Möglichkeiten gegenüber – die Kombination aus WIN und Herbst vs. WIN in Kombination mit interradikulär inserierten Minischrauben, wobei eine En-masse-Distalisation im Oberkiefer mittels Gummiketten-Mechaniken erfolgt (Muller-Konzept). Anhand klinischer Beispiele wurde verdeutlicht, dass die Klasse II-Korrektur hierbei unterschiedlich umgesetzt wird. Während sie bei Einsatz der Herbstapparatur primär aus dem UK resultiert, wird der Distalbiss beim Minischrauben-unterstützten Ansatz vornehmlich aus dem Oberkiefer korrigiert. Die Bisslagekorrektur wird hier durch eine ClockwiseRotation des dentoalveolären Komplexes forciert und durch nächtliches Tragen von Klasse II-Gummizügen unterstützt.
Aktuell wird in der Praxis Dr. Wiechmann & Kollegen bei über 20 % der Klasse II-Patienten eine solch Minischrauben-unterstützte Distalisationsmechanik eingesetzt. Zur Anwendung kommen dabei die Schrauben Dual-TopTM (Ø 1,6 mm) und AbsoAnchor® (Ø 1,3 mm) mit einer Länge von je 10 mm.
Wie mit WIN die dentoalveoläre Kompensation von leichten bis mittelschweren Klasse III-Malokklusionen als Alternative zur chirurgischen Lagekorrektur erfolgen kann, wurde als Nächstes thematisiert. Neben Stripping im unteren Seitenzahnbereich mit Einsatz von Klasse III-Gummizügen stellt die Kompensation durch Extraktion eine zweite Option dar (z. B. UK-5er). Der Lückenschluss im Unterkiefer erfolgt dann mittels Doppelkabel-Mechanik. Nicht selten muss bei der dentoalveolären Kompensation von Klasse III Fällen auch eine transversale Korrektur erfolgen, da der Unterkiefer zu breit bzw. der Oberkiefer zu schmal ist. Diese Aufgabe kann durch Expansions- und Kompressionsbögen gelöst werden. Deren Einsatz ist auch bestens zur Kreuzbiss-Überstellung geeignet.
Zur Retention von Kreuzbissfällen, bei denen der Unterkiefer komprimiert wurde, empfiehlt Professor Wiechmann, keine normalen Retentionsplatten einzusetzen. Vielmehr sollte eine kunststoffverstärkte Labialplatte angefertigt werden, die vor allem im Molarenbereich eine ausreichende Stabilität bietet.
Was von einer DVT erwartet bzw. nicht erwartet werden sollte, machte der Video-Vortrag von Prof. Dr. Ralf Schulze deutlich. Der Professor für Oral Diagnostic Science der Universität Bern stellte anschaulich dar, dass wenn in einer DVT kein Knochen zu sehen sei, dies noch längst nicht bedeutet, dass tatsächlich auch kein Knochen vorhanden ist. Dies hat mit der Detailgenauigkeit (Ortsauflösung) zu tun, welche bei DVTs begrenzt ist. So können Strukturen <0,2 bis 0,5 mm im lebenden Objekt (Patient) nicht sicher abgebildet werden. Möchte man z. B. die Situation des vestibulären, die Frontzahnwurzeln bedeckenden Knochens einschätzen, kann dies mit einer DVT nicht zuverlässig erfolgen, da dieser Knochen häufig eine sehr geringe Dicke <0,5 mm aufweist und somit bereits im grenzwertigen Auflösungsbereich des Geräts liegt. Eine für viele überraschende Erkenntnis!Neue Forschungsergebnisse aus der Lingualtechnik präsentierte Dr. Jonas Schmid (Münster). Er stellte eine Multicenter-Studie vor (Uni Münster, MHH Hannover, Praxis Dr. Wiechmann Bad Essen), die sich der nicht-chirurgischen transversalen Kompensation mittels VILA (WIN) im Vergleich zur chirurgisch unterstützten GNE (SARPE) bei Erwachsenen mit posteriorem Kreuzbiss widmete. Beide Ansätze zeigten eine vergleichbare Gesamtkorrektur, die auf unterschiedlichem Wege erreicht wurde. Während die chirurgischunterstützte GNE mit mehr Expansion im OK einherging, führte die dentoalveoläre Kompensation zu einer größeren Kompression im UK. Mit WIN lässt sich demnach eine gleich große Kreuzbisskorrektur bei vergleichbarer Inklinationsänderung wie mit SARPE erreichen. Resümee: Eine transversale körperliche Zahnbewegung ist möglich. Die „Schuld“ des Kreuzbisses liegt nicht immer nur im Oberkiefer, weshalb der Unterkiefer in die Therapie mit einbezogen werden sollte.
Das neue WIN V-SL- Bracket
Als letzter Punkt stand die mit Spannung erwartete Vorstellung des neuen WIN V-SL-Brackets auf der Agenda. Dieses ist ab sofort von 3 bis 3 für den Ober-/Unterkiefer beziehbar (3er-Bracket mit Haken, Seitenzahnbrackets voraussichtlich bis Ende des Jahres erhältlich) und bringt aufgrund seiner Fertigung im Selective Laser Melting-Verfahren und des patentierten superelastischen NiTi-Clips zahlreiche klinische Vorteile mit sich. So ermöglicht das im Vergleich zum bisherigen WIN Bracket genauso flache WIN V-SL nicht nur eine schnellere Bogeninsertion und -entfernung. Durch die Eigenschaften des 4DClips wird auch eine bessere Kontrolle der 2. Ordnung gewährleistet, wodurch ein beschleunigtes Aligning und Finishing sowie noch bessere Ergebnisse erzielbar sind. Auch beim WIN V-SL erfolgt die Bogeninsertion vertikal. Neu ist jedoch, dass Vierkant-NiTi-Bögen (16 x 22 und 18 x 24), die mit dem neuen Bracket zum Einsatz kommen, an einer Kante über eine Fase verfügen (Pentagon-Querschnitt), wodurch sie im Zusammenspiel mit dem SE-NiTi-Clip mit SnapLock-Mechanismus auf den Slotboden gedrückt werden. Anhand von Fallbildern wurde abschließend der klinische Einsatz der Bracketneuheit gezeigt.
DW Lingual Systems
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Dieser Beitrag ist in den KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.