Branchenmeldungen 10.04.2020
Baden-Württemberg: „Berufsverbot“ für Zahnärzte
Land überarbeitet Corona-Verordnung - Proteste wegen Zahnärzten
Die Corona-Pandemie verläuft dynamisch, entsprechend müssen die Regelungen des Landes Baden-Württemberg immer wieder neu angepasst werden. Diesmal sind die Zahnärzte betroffen und die FDP-Fraktion schäumt. Vor den Osterfeiertagen hat die grün-schwarze Landesregierung die Corona-Verordnung ein weiteres Mal überarbeitet. Die Änderungen seien am Donnerstagabend vom Ministerrat beschlossen worden, hieß es in einer Pressemitteilung. In den neuen Änderungen wird Prostitution gänzlich verboten, in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen dürfen Neuankömmlinge für 14 Tage abgesondert und unter Quarantäne gestellt werden. Außerdem wurde das Betretungsverbot in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen gelockert. Voraussetzung sei, dass dort von keinem erhöhten Infektionsrisiko ausgegangen werde.
Ferner sind Behandlungen beim Zahnarzt - Oralchirurgie, Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Kieferorthopädie - ab sofort nur bei akuten Erkrankungen oder im Notfall zulässig. Die FDP geht deswegen auf die Barrikaden.
«Die vierte Verordnung der Landesregierung bedeutet für Zahnärztinnen und Zahnärzte faktisch ab heute ein Berufsverbot in Baden-Württemberg», erklärte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke am Karfreitag. Diese massive und bundesweit einmalige Einschränkung sei nicht mit der Landeszahnärztekammer abgestimmt.
Die Verordnung sei ein einmaliger Vertrauensbruch gegenüber den Zahnärzten, und auch gegenüber dem Sozialausschuss, betonte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jochen Haußmann. Dass Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) in einer Telefonkonferenz mit dem Sozialausschuss am Donnerstag dazu nichts erwähnt habe, sei ein Affront gegen die Mitglieder des Landtags von Baden-Württemberg.
Landeszahnärztepräsident Torsten Tomppert fügte hinzu: «Die Zahnärzte sind trotz Corona-Krise für die Patientinnen und Patienten da und nehmen unsere Verantwortung, sie zahnärztlich zu behandeln, wahr.» Die nicht abgestimmte neue Verordnung sorge nun für eine böse Überraschung. Die Zahnärzteschaft frage sich bei der ungenauen Formulierung, ob es sich hierbei um ein Berufsverbot für Zahnärzte handele. In der überarbeiteten Fassung, die seit Karfreitag gilt, werden die Einschränkungen der zahnärztlichen Behandlung in Paragraf 6a geregelt.
Gesundheitsminister Lucha begründete die neue Fassung der Corona-Verordnung mit der dynamischen Lage der Pandemie. «Wir stellen die Verordnung permanent auf den Prüfstand und passen sie immer wieder an die aktuelle Lage an.» Gleichzeitig appellierte er noch einmal eindringlich an die Bürger im Land, weiterhin fürsorglich Abstand zu halten. «Wir sehen einen Silberstreif am Horizont. Die Kurve der Neuinfektionen flacht etwas ab, aber von Entwarnung kann noch keine Rede sein.»
UPDATE +++ 15. April 10:00 UhrZahnärzte wollen Einschränkungen loswerden Die Zahnärzte im Südwesten fordern ein Ende der coronabedingten Einschränkungen ihrer Arbeit. «Der entsprechende Paragraf in der Corona-Verordnung muss gestrichen werden», sagte Andrea Mader von der Landeszahnärztekammer am Mittwoch in Stuttgart. In der kürzlich überarbeiteten Version heißt es, medizinisch notwendige Behandlungen seien erlaubt. Bei der Kammer häufen sich nun Anfragen, was das konkret bedeutet. Baden-Württemberg sei das Bundesland mit den stärksten Beschränkungen für den Berufsstand, kritisierte Mader. Auch die Kommunikation mit dem Gesundheitsministerium von Ressortchef Manne Lucha (Grüne) sei nicht zufriedenstellend. Die Zahnärzte litten unter einem Rückgang des Patientenaufkommens von 50 bis 60 Prozent. Die Kammer vertritt die Interessen von 12 000 Zahnärzten in Baden-Württemberg. |
Quelle: dpa
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