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Namhafte Referenten, u. a. Prof. Dr. Christian Gernhardt, Prof. Dr. Matthias Karl, Prof. Dr. Johannes Kleinheinz, Priv.-Doz. Dr. Dr. Keyvan Sagheb und Prof. Dr. Thomas Weischer werden in ihren Vorträgen das gesamte Spektrum der modernen Implantologie abdecken. Table Clinics der Anbieter von Implantaten, Membranen und Knochenersatzmaterialien sowie ein separater Kongress für die implantologische Assistenz runden das Programm ab. Damit bietet der Kongress eine zukunftsorientierte Fortbildungsplattform und präsentiert neue Themen, Produkte und Technologien, die innovative Perspektiven eröffnen.
Im Gespräch: Prof. Dr. Gernhardt (Vortrag am Samstag, 4. Oktober 2025: Welchen Einfluss hat ein endodontologischer Misserfolg auf die prospektive Implantologie)
Herr Prof. Dr. Gernhardt, in Ihrem Vortrag auf dem diesjährigen Jahreskongress der DGZI in Hamburg referieren Sie über den möglichen Einfluss endodontologischer Misserfolge auf die prospektive Implantologie. Welche therapeutischen Maßnahmen oder diagnostischen Verfahren empfehlen Sie, um das Risiko von Misserfolgen in der Endodontie bereits im Vorfeld zu minimieren?
Die Endodontie ist mittlerweile eine erfolgreiche Behandlungsoption, um Zähne langfristig in der Mundhöhle zu erhalten. Allerdings handelt es sich um ein durchaus komplexes Behandlungsfeld, welches neben den theoretischen Kenntnissen auch praktische Fähigkeiten erfordert. Trotz aller Verbesserungen im Bereich der Endodontie, sind Misserfolge möglich. Die exakte Erfassung des gesamten endodontischen Systems ist essenziell für die vollständige chemo-mechanische Aufbereitung und Desinfektion. Hier spielt die Diagnostik mithilfe von Vergrößerungshilfen in Kombination mit der passenden zwei- und in besonderen Fällen auch dreidimensionalen Bildgebung eine wichtige Rolle. Die Kenntnis der Anatomie und eventueller Variationen kann helfen, Misserfolge im Vorfeld zu vermeiden.
Ein endodontologischer Misserfolg kann zu gravierenden zahnmedizinischen Problemen und zum Zahnverlust führen. Wie verändert sich Ihrer Erfahrung nach der Therapieansatz für den Patienten, wenn ein Zahn aufgrund eines Endodontie-Misserfolgs nicht mehr erhalten werden kann und ein Implantat notwendig wird?
Endodontische Misserfolge haben nicht selten apikale Befunde oder auch periradikuläre Läsionen zu Folge. Sollte eine orthograde oder auch chirurgische Revision der endodontischen Behandlung keine Aussicht auf Erfolg haben, ist der Zahnverlust nicht mehr zu vermeiden. Die entstandenen, meist entzündlichen Läsionen können sehr wohl das prospektive Implantat, das Handling der Extraktionsalveole, ggf. notwendige Augmentationen und nicht zuletzt die Wahl des Insertionszeitpunkts beeinflussen. Die Langzeitprognose eines an der Stelle aufgrund von ausbleibendem oder unmöglichem endodontischen Erfolg extrahierten Zahnes ist bei Berücksichtigung der veränderten Gegebenheiten prinzipiell möglich.
Der Kongress in diesem Jahr fokussiert das Thema „Implantologie im Spannungsfeld zwischen Praxis und Wissenschaft“. Wie sehen Sie die Rolle der wissenschaftlichen Forschung in der täglichen implantologischen Praxis, insbesondere wenn es um die Folgen von endodontologischen Misserfolgen geht?
Die Möglichkeit im Rahmen eines implantologischen Kongresses über Möglichkeiten der modernen Endodontie, die Prognosen und nicht zuletzt über den Zahnerhalt zu sprechen, zeigt deutlich, dass heutige Zahnmedizin und auch Implantologie nur in einem interdisziplinären Umfeld betrachtet werden kann. Gerade die Endodontie wird im implantologischen Kontext oft als problematisch angesehen. Daher ist es wichtig, die Schnittpunkte der beiden Disziplinen, auch die Folgen des endodontischen Misserfolgs, unabhängig von Interessen, wissenschaftlich fundiert und evidenzbasiert zu beleuchten. Den Verantwortlichen des Kongresses ist diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ein besonderes Anliegen – letztlich geht es um die bestmögliche Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf einer wissenschaftlich fundierten Basis. Ein Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Praxis muss dies nicht unweigerlich zur Folge haben. Ich freue mich auf den Austausch in Hamburg.
Herr Prof. Dr. Gernhardt, vielen Dank für den spannenden Ausblick auf den Kongress. Wir freuen uns auf die bevorstehenden Diskussionen und Impulse.
Im Gespräch: Dr. Mathias Sperlich (Vortrag am Freitag, 3. Oktober 2025: Digital-biologische Sofortbehandlung in der ästhetischen Zone)
Herr Dr. Sperlich, Sie referieren gemeinsam mit Dr. Markus Sperlich auf dem diesjährigen Jahreskongress der DGZI über das Thema „Digital-biologische Sofortbehandlung in der ästhetischen Zone“. Was war der ausschlaggebende Impuls, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen?
Ausschlaggebend war für uns mit Sicherheit die rasante Entwicklung in der digitalen Zahnmedizin bzw. der Implantologie. Die damit verbundenen Möglichkeiten geben uns die Chance, mit geringem Aufwand die Biologie des Zahnfachs nach Zahnentfernung perfekt zu unterstützen und zu erhalten. Einer von vielen Meilensteinen ist hier die Möglichkeit, Zähne in entsprechender Planungsoftware via KI zu extrahieren. Somit können wir mit unserem Konzept der Sofortbehandlung die Biologie der Extraktionsalveole durch eine entsprechend digital präoperativ vorgefertigte Krone nach Extraktion und Sofortimplantation durch eine entsprechende Sofortversorgung perfekt erhalten. Wir wissen, dass ein Erhalt der anatomischen Strukturen in der Medizin immer besser ist als eine Rekonstruktion. Auch die Patienten honorieren diesen Workflow, bei dem sie signifikant weniger Zeit auf dem Stuhl verbringen und weniger Schmerzen haben bei nahezu keinerlei sozialer und beruflicher Einschränkung. Dies ergaben Studien mit sogenanntem Patient Reported Outcome Measurements.
In Ihrem Vortrag gehen Sie auf den Zusammenhang zwischen einem suffizienten Vitamin-D-Spiegel und der Implantatheilung ein. Welche Rolle spielt Vitamin D für den Erfolg der Behandlung und wie integrieren Sie diesen Faktor in Ihre digitale Planung und die Umsetzung der Behandlung?
Vitamin D spielt eine zentrale Rolle im Kalzium-Stoffwechsel des Körpers. Dieser wiederum hat direkte Einwirkung auf den Knochenstoffwechsel. Was wir wissen, ist, dass sich ein Vitamin-D-Mangel negativ auf die Gesundheit auswirken kann, v. a. bei Risikopatienten. Im Umkehrschluss wissen wir aus überwiegend präklinischen Studien, dass sich ein suffizienter Vitamin D-Spiegel positiv auf die Osseointegration auswirkt. Wir messen folglich bei größeren oralchirurgischen oder implantologischen Eingriffen den Vitamin-D-Spiegel via Chairside-Test. Bei unseren Patienten streben wir Werte von um die 50 ng/ml 25-Hydroxyvitamin D an. Defizitäre oder insuffiziente Patienten werden unter strengem Monitoring entsprechend supplementiert.
Wir möchten jedoch an dieser Stelle nochmals betonen, dass die positive Rolle auf die Zahnmedizin in keinem Verhältnis zu Potenz von Vitamin D in der Humanmedizin steht. Daher nutzen dem Patienten suffiziente Werte weit über den zahnmedizinischen Alltag hinaus.
„Implantologie im Spannungsfeld zwischen Praxis und Wissenschaft“ – so lautet das Motto des diesjährigen Jahreskongresses. Welche zukünftigen Entwicklungen sehen Sie, insbesondere im Bereich der digitalen und biologischen Ansätze und wie könnten diese den praktischen Alltag von Zahnärzten nachhaltig beeinflussen?
Wir sehen in Zukunft die Möglichkeiten, dem Patienten über den digitalen Workflow personalisierte Lösungen anzubieten, welche zum maximalen Erhalt der biologischen Strukturen beitragen. KI wird hier eine zentrale Rolle spielen. Schon heute bekommt bei uns beispielsweise fast kein Patient einen herkömmlichen Gingivaformer mehr eingesetzt. Vielmehr fertigen wir unseren Patienten individuelle Ginigvaformer, welche die Gewebe maximal unterstützen. In naher Zukunft werden wir diese chairside auf der Fensterbank in zehn Minuten drucken können. Dies spart dem Arzt und dem Patienten Zeit und die Kosten der Behandlung lassen sich bei besserem ästhetischen Outcome deutlich reduzieren.
Herzlichen Dank Herr Dr. Sperlich, wir freuen uns auf weitere spannende Einblicke beim bevorstehenden Jahreskongress.
Dieser Artikel ist im IJ Implantologie Journal erschienen.