Branchenmeldungen 22.11.2024

Drei Fragen an ... Dr. Doris Seiz Präsidentin der LZK Hessen

Drei Fragen an ... Dr. Doris Seiz Präsidentin der LZK Hessen

Foto: Daniel – stock.adobe.com

Frau Dr. Seiz erklärt den Grund für die Proteste hessischer Zahnarztpraxen: Die Sparpolitik im Gesundheitswesen trifft Prävention, etwa Parodontitisbehandlungen, während Kosten steigen und Bürokratie ausufert. Durch Protest erhofft man sich ein Umdenken auf Bundesebene, um Praxen auch in ländlichen Gebieten besser zu unterstützen und das Gesundheitssystem langfristig zu sichern.

Frau Dr. Seiz, im September haben auch die hessischen ­Praxen aus Protest für einen Tag ihren Betrieb eingestellt. Welche Gründe lagen dafür auf dem Tisch?

Die Gründe für den Protest sind vielfältig: Da ist die Sparpolitik des Gesundheitsministeriums, die aus unserer Sicht ganz klar die Falschen trifft. Durch eine vorsorgeorientierte Zahnmedizin haben wir die Behandlungskosten kontinuierlich reduziert und im Gegenzug werden die prophylaktischen Leistungen, etwa im Bereich der Paro­dontitis, gedeckelt, obwohl deren Therapie auf dem Stand der Wissenschaft erst vor Kurzem neu in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen worden ist. Das ist Gesundheitsvorsorge im Konjunktiv: Ihr könntet das alles machen, aber die dafür notwendigen Mittel erhaltet ihr nicht. Vom Punktwert der GOZ wollen wir erst gar nicht sprechen. Sie wissen, seit wann er quasi eingefroren ist. Gesetzlich verpflichtende Anpassungen an die Inflation und die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung finden bei den Zahnärzten im Unterschied zu nahezu allen anderen Berufsgruppen nicht statt. Die Teuerungen treffen uns aber genauso. Ein noch größeres Problem und für mich der wichtigste Grund, auf die Straße zu gehen, ist aber die immer mehr ausufernde Belastung durch die Bürokratie. In einer zahnärztlichen Praxis sind mehrere Hundert Vorgaben jährlich umzusetzen und darunter finden sich viele, die überflüssig oder schlicht sinnlos sind. Manche Auflagen erscheinen derart absurd, dass man nicht weiß, ob man sie eher bei Schikane oder Satire einordnen sollte. Ausreichend Fachpersonal, um die Umsetzung delegieren zu können: Fehlanzeige – womit wir bei einem weiteren großen Problem wären.

Was erhofften Sie sich von dem Protest?

In Hessen stehen wir in kontinuierlichem und konstruktivem Austausch mit den zuständigen Ministerien und bringen konkrete Vorschläge ein, die auch positiv aufgenommen werden. Hessen hat eigens eine Ministerstelle für den Bürokratieabbau geschaffen und auch hier sind wir im Gespräch. Die Landespolitik hat auch bei den Protesten ihre Unterstützung gezeigt. Es muss aber vor allem einen Richtungswechsel und ein Umdenken auf Bundesebene geben. Ob der Bundesgesundheitsminister durch die Proteste der Heilberufe in seinem Denken und Handeln zu bewegen ist, muss sich zeigen. In jedem Fall muss die Öffentlichkeit erfahren, dass es so nicht länger weitergehen kann und unser sehr gutes Gesundheitssystem und die gewohnte Versorgung vor Ort ernsthaft in Gefahr sind.

Welche Spielräume haben und nutzen Sie als LZKH, um Praxen, gerade auch im ländlichen Raum, bei ihren Herausforderungen zu unterstützen?

Gerade bei der Bewältigung der Bürokratie sind wir in Hessen mit unserem Qualitätsmanagementsystem ZQMS, das inzwischen auch Betriebswirtschaft und nachhaltiges Wirtschaften integriert, gemeinsam mit den Zahnärztekammern anderer Bundesländer seit vielen Jahren Vorreiter. Wir unterstützen zudem gemeinsam mit der KZV Hessen durch Fortbildungen, Infotage, Mentoringprogramme und Events junge Kolleginnen und Kollegen und machen Mut zur Niederlassung. Noch ist es nicht zu spät, aber es muss sich sehr schnell sehr viel ändern, damit es auch in Zukunft noch ein gut funktionierendes Gesundheitswesen in Deutschland geben wird. Darum braucht es den Protest und wir sind ­froh, dass in Hessen so viele mit dabei waren.

Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

Quelle: LZKH

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