Branchenmeldungen 15.10.2024
Drei Fragen an Dr. Karin Langsch zum Protesttag am 18. Juni
Frau Dr. Langsch leitete im Juni auf Bitte von Torsten Tomppert, Kammerpräsident Baden-Württembergs, einen zahnärztlichen Protesttag in ihrem Bezirk. 60 Praxen schlossen sich dem Aufruf an. Themen wie Fachkräftemangel, Bürokratie und die Gefährdung der Versorgung wurden diskutiert.
Frau Dr. Langsch, auf Bitte von Torsten Tomppert, Baden-Württembergs Kammerpräsident, verantworteten Sie den zahnärztlichen Protesttag am 18. Juni in Ihrem Bezirk. Wie viele Praxen folgten Ihrem Aufruf und welche Themen wurden verhandelt?
Die für meine Kreisvereinigung hohe Teilnehmerzahl von 60 Kolleginnen und Kollegen, die bereit waren, ihre Praxen an diesem Vormittag zu schließen, zeigte mir, wie sehr wir alle mit den schlechten Gegebenheiten zu kämpfen haben und dass es noch möglich ist, für unsere Ziele gemeinsam einzustehen. Anhand einer PowerPoint-Präsentation stellten wir die Probleme dar, mit denen Zahnarztpraxen konfrontiert und immer mehr belastet sind, nämlich Budgetierung, eine seit 35 Jahren nicht angepasste Gebühren-ordnung, Fachkräftemangel, überbordende Bürokratie und unausgereifte digitale Anwendungen. Ein weiterer Punkt war die Gefährdung der zahnärztlichen Versorgung, besonders im ländlichen Raum: Die politischen Rahmenbedingungen halten zunehmend junge Zahnärztinnen und Zahnärzte ab, sich niederzulassen. Dazu kommt ein hoher Anteil von über 65-Jährigen in Baden-Württemberg. In meiner Kreisvereinigung Schwäbisch Hall sind über 40 Prozent der Niedergelassenen über 56 Jahre. Bei der nachlassenden Bereitschaft, sich niederzulassen oder überhaupt unseren Beruf zu ergreifen, kommt es in einigen Jahren zu einer Unterversorgung.
Wie lief der Austausch mit politischen Vertretern?
Neben der Stellvertreterin des Landrats, Anil Kübel, den Vertretern der Südwestpresse sowie Alexander Messmer, Referent für Kommunikation und Politik der KZV BW, erschien von den politischen Vertretern nur der Landtagsabgeordnete der FDP, Stephen Brauer. Mit ihm ergab sich eine rege Diskussion mit Lösungsvorschlägen von beiden Seiten. Er hält eine gesetzliche Pflichtversicherung für sinnvoll, die jeder nach seinen Bedürfnissen abschließen könnte.Die Absage der Politikerinnen und Politiker anderer Parteien verdeutlicht einmal mehr, wie wenig Interesse der Zahnärzteschaft entgegengebracht wird. Die Belastungen innerhalb des zahnärztlichen Berufsstands werden von den meisten ignoriert und die Auswirkungen für die Bevölkerung nicht ernst genommen.
Welche Diskussionsergebnisse lagen am Ende des Tages vor und wie schätzen Sie die längerfristige Wirkung eines solchen Protestes ein?
Am Ende der Diskussion konnten wir sicher sein, dass sowohl der Landtagsabgeordnete der FDP als auch die Vertreterin des Landrats die Problematik der vorgetragenen Punkte erkannt haben und diese sowie unsere Zielsetzungen an zuständiger Stelle verdeutlichen werden. Allerdings werden diese beiden Personen bei Weitem nicht ausreichen, um eine Änderung bzw. Verbesserung der aktuellen Situation herbeizuführen. Hierzu bedarf es vieler weiterer Gespräche zwischen den politischen Entscheidungsträgern und unserer Standesvertretung. Darüber hinaus müssen erneute Aktionen stattfinden, um das wenig Erreichte, die Sensibilisierung in der Bevölkerung und hoffentlich das Aufhorchen bei den Verantwortlichen im Gesundheitswesen, insbesondere unserem Bundesgesundheitsminister, nicht in Vergessenheit ge-
raten zu lassen. Unsere Veranstaltung war ein Teil der vielfältigen Aktionen in Baden-Württemberg. Ich hoffe weiterhin auf das Engagement und die Geschlossenheit der Kolleginnen und Kollegen, insbesondere derer, die sich noch nicht am Protest beteiligt hatten, deren Interessen wir aber auch vertreten haben.
Dieses Interview ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.