Branchenmeldungen 28.02.2011

Durchbruch in der Mundhöhlenkrebs-Früherkennung: Bürstenabstrich ersetzt Messer

Durchbruch in der Mundhöhlenkrebs-Früherkennung: Bürstenabstrich ersetzt Messer

Foto: © Shutterstock.com

Jährlich erkranken in Deutschland über 10.000 Menschen neu an Mundhöhlenkrebs, Tendenz weiter steigend. Bei der männlichen Bevölkerung gehören Mundhöhlenkarzinome damit zu den siebthäufigsten Tumoren. Überlebenswahrscheinlichkeit und Lebensqualität eines Patienten sind umso höher, je kleiner der Tumor bei der Diagnosestellung und Behandlungsbeginn ist. Deutliche Verbesserungschancen sieht die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) deshalb bei frühzeitiger Diagnostik. Ein neues, hochgradig aussagekräftiges Früherkennungsverfahren wurde jetzt aus DGMKG Reihen von Priv.-Doz. Dr. Dr. Oliver Driemel (Lüneburg) entwickelt, der dafür den Deutschen Miller Preis erhielt.

„Es kann heute als gesichert gelten, dass eine Therapieverzögerung von mehr als vier Wochen eine signifikant schlechtere Überlebensrate bedingt“, warnt Prof. Dr. Dr. Elmar Esser, Pressereferent der DGMKG. Deshalb ist das neue Verfahren ein echter Durchbruch in der Mundhöhlenkrebs-Früherkennung, kann Leben retten und Lebensqualität verbessern.

Bürste ersetzt Skalpell
Die gewöhnliche Zellentnahme mit einfachem Wattestab-Abstrich, was man beispielsweise erfolgreich in der Gynäkologie einsetzt, gelingt in der Mundhöhle nicht mit gleicher Aussagekraft, da das Mundhöhlenepithel verhornt und die entscheidenden Zellen mit einem einfachen Wattestab-Abstrich nicht gewonnen werden können. Bisher hat man daher Schleimhautveränderungen, die nicht als dringend tumorverdächtig angesehen wurden, einfach zunächst weiter beobachtet, und spielte damit gegen die Zeit – oder es wurde eine Gewebeprobe mittels Skalpell entnommen. Dr. Driemel und sein Team fanden in enger Zusammenarbeit mit Pathologe Prof. Dr. Hartwig Kosmehl aus Erfurt heraus, dass mit einer relativ harten Bürste genau die richtigen Zellen der Mundhöhle entnommen werden können, die direkt anschließend im Labor Aufschluss über die Art der Veränderung geben. „Mit dem modernen Verfahren des zytologischen Bürstenabstrichs können verdächtige Schleimhautveränderungen in der Mundhöhle ohne Skalpell und mit hoher Aussagekraft überprüft werden“, sagt Driemel.

Gut- oder bösartig? Neuer Marker für sicheren Befund
Entscheidend für die Aussagekraft der Zellentnahme per Bürste, die so genannte Bürstenbiopsie, sind in Driemels Studie jedoch erstmals immunmarkierte Strukturproteine, die eine Schlüsselrolle für das aggressive Wachstum bösartiger Mundschleimhautveränderungen darstellen. Bösartige Zellen werden rot angefärbt und können einfach, schnell und mit hoher Sicherheit unter dem Mikroskop identifiziert werden. Die hohe Sicherheit und Aussagekraft dieser methodisch erweiterten und abgesicherten Bürsten-Zellentnahme und –untersuchung empfiehlt diese Technik als ersten diagnostischen Schritt im Rahmen des Monitorings von Mundschleimhautschädigungen. Somit werden diagnostische Fehleinschätzungen frühzeitig erkannt. Voraussetzung ist auch hierbei die Erfahrung des Spezialisten hinsichtlich der richtigen Entnahmestelle. Bei jedem eindeutigen Karzinom-Verdacht ist jedoch nach wie vor eine Skalpellbiopsie erforderlich. Durch eine sehr frühe Erkennung einer bösartigen Veränderung kann die notwendige chirurgische Therapie im Umfang kleiner bleiben.

Regelmäßige Kontrolle: Rechtzeitig erkannt – für immer gebannt
Die Bürstenbiopsie hat bereits erfreulicherweise den Weg als absolut sinnvolle Routinemethode in viele MKG-chirurgische und zahnmedizinische Praxen gefunden. „Eine regelmäßige Kontrolle und Untersuchung der Mundschleimhaut muss Bestandteil der zahnärztlichen Basisuntersuchung beim Patienten werden – regel- und routinemäßig“, fordert Driemel. Hierin sieht die DGMKG eine realistische Chance zum Rückgang der Erkrankungshäufigkeit und –schwere: Denn fortgeschrittene Mundhöhlenkarzinome erfordern meist einschneidende Therapiemaßnahmen, dies mit erheblichen Folgen für die Betroffenen. Frühe Tumorstadien lassen sich in der Regel erfolgreich mit individuellen Einzelbehandlungen mit geringen Einschränkungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität therapieren. In einer systemischen Früherkennung sehen die Experten die aussichtsreiche Strategie zur Verminderung der individuellen Krankheitsbelastung.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG), 27.01.2009


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