Branchenmeldungen 20.10.2025
Forschung mit Herz: Preisträgerin über den Zusammenhang von Mund- und Herzgesundheit
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Frau Frackiewicz, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung! Was hat Sie motiviert, sich mit den Wechselwirkungen zwischen Parodontitis und kardiovaskulären Erkrankungen zu beschäftigen?
Auf der Suche nach einem geeigneten Thema für meine Bachelorarbeit bin ich durch einen Fachartikel auf die Wechselwirkungen zwischen Parodontitis und kardiovaskulären Erkrankungen aufmerksam geworden. Besonders spannend fand ich dabei, dass dieses Thema nicht nur wissenschaftlich relevant ist, sondern auch für mich persönlich eine Bedeutung hat, da in meinem familiären Umfeld mehrere Personen von beiden Erkrankungen betroffen sind. Das hat mein Interesse geweckt, den Zusammenhang genauer zu untersuchen. Ich wollte verstehen, welche Mechanismen hier eine Rolle spielen und welchen Einfluss Parodontitis auf die Entstehung oder den Verlauf kardiovaskulärer Erkrankungen haben kann.
Welche zentralen Ergebnisse konnten Sie in Ihrer Arbeit herausarbeiten?
Beide Erkrankungen, sowohl Parodontitis als auch kardiovaskuläre Erkrankungen haben eine hohe Prävalenz. An Parodontitis ist nahezu jeder zweite Erwachsene erkrankt und kardiovaskuläre Erkrankungen sind mit ca. 40 Prozent aller Sterbefälle die häufigste Todesursache in Deutschland. Beide Erkrankungen weisen gemeinsame Risikofaktoren auf, wie Rauchen, Diabetes mellitus, Übergewicht, Stress. Sie sind beide multifaktorielle Erkrankungen und durch den Lebensstil beeinflussbar.
Die Entzündungsmediatoren wie CRP (C-Reaktives Protein), IL-6 (Interleukin-6) und Prostaglandin E2 spielen bei beiden Erkrankungen eine zentrale Rolle. Bestandteile parodonalpathogener Keime, wie Porphyromonas Gingivalis, konnte in atherosklerotischer Plaque und im Herzgewebe nachgewiesen werden. Diese Keime und ihre Stoffwechselnebenprodukte wie Lipopolysaccharide und Gingipaine können das Gefäßendothel schädigen, was zur Bildung atherosklerotischer Plaque führt.
Antikörper können an oxidiertes LDL binden und Entzündungsmediatoren dadurch verstärken, was die Plaquebildung erhöht. Lipopolysaccharide können indirekt das Angiotensin II steigern, was den Blutdruck erhöht und so das Gefäß zusätzlich schädigt.
Haben die gewonnenen Erkenntnisse Bedeutung für Ihre tägliche prophylaktische Arbeit in der Praxis?
Definitiv – durch eine konsequente Parodontaltherapie können messbare laborchemische und klinische Indikatoren wie die Senkung des CRP und IL-6, der Endothelfunktion, Senkung des Blutdrucks und der Rückgang der Intima-Media-Dicke positiv beeinflusst werden. Somit ist die Anamnese unerlässlich und sollte gründlich erfolgen, um den Patienten optimal beraten und betreuen zu können.
Gibt es Empfehlungen, die Sie Kollegen für die Patientenkommunikation in diesem Zusammenhang geben würden?
Meinen Kollegen und Kolleginnen empfehle ich das Thema der kardiovaskulären Erkrankungen genauso in die Aufklärung einfließen zu lassen, wie andere Risikofaktoren, z. B. Diabetes mellitus. Denn die Prävention und Therapie von Parodontitis ist nicht nur für den Zahnerhalt entscheidend, sondern senkt auch das Risiko für Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Regelmäßige Prophylaxe, eine gute Mundhygiene und die gezielte Parodontaltherapie tragen somit positiv zur kardiovaskulären Gesundheit bei und sollten aktiv in die Patientenberatung einfließen.
Gibt es Forschungsfelder, die Ihrer Meinung nach noch besser untersucht werden sollten?
Auch wenn es bereits gute und aussagekräftige Studien auf diesem Gebiet gibt, muss noch genauer untersucht werden, ob die durch Parodontitis verursachten Entzündungsmarker oder die parodontalpathogenen Keime selbst direkt auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirken.
Herzlichen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!