Branchenmeldungen 28.08.2025
„Handle immer mit und niemals gegen die Natur“
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Herr Prof. Kleinheinz, Sie werden beim diesjährigen DGZI-Jahreskongress einen Vortrag zum Thema „Knochen- und Weichgewebe – Welche biologischen Zusammenhänge bestehen?“ halten. Was können die Teilnehmer von Ihrem Vortrag erwarten?
Knochen und Weichgewebe müssen als Verbund gesehen werden, in welchem beide Komponenten eigenständige Aufgaben übernehmen. Dennoch sind beide, sowohl biomechanisch als auch zellulär, vaskulär und molekular, eng miteinander verbunden. Diese Verbindungen gilt es, darzustellen.
Welche Rolle spielt die Biologisierung in der modernen Implantologie aus Ihrer Sicht?
Ohne Verständnis der zugrunde liegenden Biologie und ihrer physiologischen Zusammenhänge kann keine erfolgreiche implantatgestützte Therapie durchgeführt werden. Die Erkenntnis, immer mit und niemals gegen die Natur zu handeln, ist uralt, setzt aber voraus, dass man die Natur (= Biologie) kennt. Es scheint notwendig zu sein, diese Erkenntnis immer wieder ins Bewusstsein zurückzuholen.
An universitären Einrichtungen wie Ihrer Klinik für MKG-Chirurgie in Münster sind Forschung und klinische Praxis eng miteinander verzahnt. Wie trägt diese Verbindung dazu bei, neue implantologische Behandlungsmethoden schneller und sicherer in die Praxis zu integrieren?
Wir sind an der Universität, aufgrund unserer Ausstattung und Möglichkeiten, aber auch aufgrund der sehr unterschiedlichen Pathologien, die wir zu sehen bekommen, in der Lage, biologische Grundlagen zu erforschen und ihre Bedeutung für die Implantologie herauszustellen. Auch im Jahre 2025 finden wir noch bisher unbekannte anatomische und biologische Zusammenhänge, die sich in neuen Materialien, Techniken und Konzepten wiederfinden.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten aktuellen Herausforderungen in der Implantattherapie – und welche Entwicklungen sehen Sie in den nächsten Jahren auf uns zukommen?
Lassen sie mich drei Punkte nennen, die für mich die größten Herausforderungen in der Implantologie darstellen:
- Verständnis für die vollständige Verlustrechnung nach einer Zahnextraktion: Welche Gewebeanteile und Systeme sind unwiederbringlich verloren gegangen und wie wirkt sich dieser Verlust auf das Implantat aus (Bsp.: biologicalsealing und Periimplantitis).
- Verständnis für die natürlichen Verbindungen zwischen Hart- und Weichgewebe. Welchen Einfluss haben Veränderungen im Weichgewebe auf den Alveolarknochen und umgekehrt?
- Beschreibung von Phänomenen und Gesetzmäßigkeiten in der Natur, die wir besser beachten sollten. Gibt es genetisch festgelegte Vorgaben zum Verhältnis der beteiligten Gewebe, die wir nur schwer verändern können?
Der DGZI-Jahreskongress findet dieses Jahr in Hamburg statt. Was schätzen Sie an diesem Kongressformat besonders – und worauf freuen Sie sich persönlich?
Zunächst freue ich mich auf Hamburg. Hier bekomme ich immer das Gefühl, in einem offenen Tor zur Welt zu stehen. Hamburg steht für mich für Weltoffenheit, Toleranz und globales Denken und Handeln. Der Kongress besticht durch seine unterschiedlichen Formate, Inhalte zu präsentieren und das macht einen Aufenthalt kurzweilig und abwechslungsreich.
Herzlichen Dank für das aufschlussreiche Gespräch und die wertvollen Denkanstöße, Herr Prof. Kleinheinz. Wir freuen uns bereits auf ein Wiedersehen in Hamburg!