Branchenmeldungen 01.11.2024

Onboarding – ein unterschätzter Prozess im Dentallabor



Onboarding – ein unterschätzter Prozess im Dentallabor

Foto: Graf Vishenka – stock.adobe.com

Laborinhaber investieren erhebliche Ressourcen in die Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Sie durchlaufen aufwendige Bewerbungsprozesse, organisieren Praxistage und führen intensive Gespräche, um die besten Konditionen auszuhandeln. Sobald die Arbeitsverträge unterzeichnet sind, herrscht im Team und bei der Leitung Erleichterung – endlich wird das Personal aufgestockt. Doch genau an diesem Punkt wird die Einarbeitung der neuen Mitarbeitenden oft dem Zufall überlassen.

Ein systematischer Einarbeitungsprozess ist jedoch nicht nur zeitsparend, sondern fördert insbesondere die erfolgreiche Integration der neuen Kollegen ins Team. Ein herzlicher Empfang im Unternehmen, eine klar strukturierte Einarbeitungsphase und ein fester Ansprechpartner von Anfang an bilden das Fundament für eine langfristige Mitarbeiterbindung. Wird der neue Kollege jedoch ins kalte Wasser geworfen und sich selbst überlassen, kann das fatale Folgen haben. Wer sich ohne klare Anleitung selbstständig in Arbeitsabläufe einarbeiten muss, wird zwangsläufig Fehler machen – Fehler, die am Ende das Team belasten und die Zusammenarbeit beeinträchtigen können. Um solche Probleme zu vermeiden, schauen wir hier auf eine Art Blaupause für einen Onboarding-Prozess.

Onboarding-Schritte und Zeitplanung

Grundsätzlich beginnt der Onboarding-Prozess mit der Unterschrift unterm Arbeitsvertrag und endet nach der Probezeit, also in der Regel nach sechs Monaten. Lassen Sie uns beispielhaft auf die einzelnen Schritte eines Onboarding- Prozesses im Dentallabor schauen.


Wenn Sie gute Mitarbeitende langfristig ans Labor binden wollen, sollten Sie Ihre „Talent-Journey“ mal genauer unter die Lupe nehmen.



Onboarding-Ziele und Herausforderungen

Klären Sie zunächst Ihre Onboarding- Ziele und achten Sie auch auf die möglichen Herausforderungen.

Ziele können sein:

  • Schnelle Integration und Produktivität: Der Hauptfokus beim Onboarding liegt in der Regel darauf, neue Mitarbeiter schnellstmöglich in die Lage zu versetzen, produktiv zu arbeiten.
  • Team-Integration: Neben der technischen Einarbeitung ist es wichtig, dass sich die neuen Mitarbeiter schnell in das bestehende Team integrieren und sich mit der Unternehmenskultur sowie den Werten des Labors identifizieren.
  • Bindung und Zufriedenheit: Durch ein strukturiertes und unterstützendes Onboarding kann die Mitarbeiterbindung verbessert werden, was angesichts des Arbeitskräftemangels und der hohen Fluktuation ein zentrales Anliegen ist.

Welche individuellen Herausforderungen es in Ihrem Team gibt, sollten Sie gemeinsam im Team besprechen und sich darauf einstellen.

Noch vor Arbeitsbeginn

Dieser Schritt wird sehr häufig vergessen und hat gleichzeitig eine enorme Wirkung auf den neuen Mitarbeitenden.

  • Vorausplanung: Erstellen Sie eine Checkliste, die alle Vorbereitungen für den neuen Mitarbeiter umfasst, wie z. B. die Einrichtung des Arbeitsplatzes, die Bereitstellung von Zugangsdaten und Schulungsunterlagen.
  • Willkommenspaket: Schicken Sie dem neuen Mitarbeitenden ein kleines Willkommenspaket mit den wichtigen Informationen zum Unternehmen, den Werten, der Unternehmenskultur und den Teamstrukturen. Das kann in Form eines digitalen Handbuchs oder einer Willkommens- E-Mail sein. Daraus sollte auch klar hervorgehen, was den neuen Mitarbeitenden am ersten Arbeitstag erwartet. Vielleicht haben Sie gebrandete Kugelschreiber, Blöcke, eine Tasse für Kaffee etc. und wollen ein „physisches“ Willkommenspaket zusammenstellen. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
  • Technische Vorbereitung: Stellen Sie sicher, dass alle notwendigen Werkzeuge, Geräte und IT-Zugänge für den neuen Mitarbeitenden bereitstehen.

Ein herzlicher Empfang im Unternehmen, eine klar strukturierte Einarbeitungsphase und ein fester Ansprech partner von Anfang an bilden das Fundament für eine langfristige Mitarbeiterbindung.



1. Arbeitstag – Einführung

Nichts ist schlimmer, als wenn der Mitarbeitende den Eindruck hat, dass keiner wirklich Zeit für ihn hat. Oder gar noch schlimmer – das Team weiß gar nicht, dass heute ein neuer Mitarbeiter startet. (Alles schon erlebt.)

  • Begrüßung und Vorstellung: Planen Sie ausreichend Zeit für die offizielle Begrüßung durch die Geschäftsführung und/oder die Teamleiter ein.
  • Rundgang durch das Labor: Im Anschluss gehen Sie mit dem neuen Mitarbeitenden durchs Labor und stellen ihn in den verschiedenen Abteilungen kurz vor.
  • Zuweisung eines Mentors: Falls möglich, sollten Sie jedem neuen Mitarbeiter einen erfahrenen Kollegen als Mentor zur Seite stellen, der ihn durch die ersten Wochen begleitet – nicht nur technisch, sondern auch ins Team integrierend.
  • Einweisung in die Sicherheitsstandards: Lästig, aber wichtig: Erläutern Sie die verschiedenen Arbeitssicherheitsmaßnahmen.

1. Woche – Integration in das Team und die Arbeitsprozesse

  • Einführung in die Arbeitsabläufe: Starten Sie mit einer schrittweisen Einarbeitung in die Produktionsprozesse, beginnend mit einfacheren Aufgaben.
  • Kommunikation und Zusammenarbeit: Erläutern Sie die bestehenden Kommunikationswege und -tools (z. B. Meetings, WhatsApp-Gruppen).
  • Technische Schulungen: Schulen Sie den Mitarbeitenden an den genutzten Geräten und Softwarelösungen (z. B. CAD/CAM- Systeme, 3D-Drucker). Stellen Sie sicher, dass er die Geräte und Software-Anwendungen effizient nutzen kann.

1. Monat – Vertiefte Einarbeitung und Feedback

  • Regelmäßige Feedback-Gespräche: In den ersten Wochen sollten regelmäßige Feedback-Gespräche zwischen dem neuen Mitarbeiter und seinem Mentor bzw. Vorgesetzten stattfinden. Diese Gespräche sollten den Fortschritt des Mitarbeiters, eventuelle Schwierigkeiten und weitere Schulungsbedarfe thematisieren.
  • Einführung in das Qualitätsmanagement: Erklärung der unternehmensinternen Qualitätsstandards und -prozesse. Der Mitarbeiter sollte verstehen, wie seine Arbeit in den Gesamtablauf des Labors passt und Qualität sichergestellt wird.
  • Kundenorientierung: Da Mitarbeiter auch direkten Kontakt zu Zahnärzten und Patienten haben, sollte der Umgang mit Kunden besprochen und trainiert werden. Schulungen in Kommunikation und Kundenservice können hier hilfreich sein.

Nach 3 Monaten – Evaluierung und langfristige Entwicklung

  • Status-quo-Gespräch: Beleuchten Sie den gesamten Onboarding-Prozess und bewerten Sie die einzelnen Aspekte. Besprechen Sie, wie gut sich der Mitarbeitende integriert hat, wo noch Schulungsbedarf besteht und welche langfristigen Entwicklungsziele gesetzt werden können. Zeigen Sie ihm hier auf, welche Karrierewege und Weiterbildungsmöglichkeiten es im Labor gibt. Das kann helfen, die Motivation und Bindung des Mitarbeiters zu erhöhen.

Nach 6 Monaten – Feedback zum Abschluss der Probezeit

  • Einladung zum Feedback-Gespräch kurz vor Ende der Probezeit: Kündigen Sie einige Tage vorher an, dass Sie sich gerne mit dem Mitarbeiter über das letzte halbe Jahr unterhalten möchten. Bereiten Sie sich auf dieses Gespräch gut vor. Entweder Sie besprechen Ihre Kritikpunkte, aus welchem Grund der Mitarbeitende nicht ins Team oder zu den Arbeitsanforderungen passt. Dann beenden Sie das Arbeitsverhältnis. Oder Sie gehen in der Rückschau das letzte halbe Jahr noch mal durch und stellen heraus, was Sie an Ihrem neuen Mitarbeiter schätzen. Was hat er richtig gut gemacht? Loben Sie ihn, damit nutzen Sie das Gespräch als Motivation für die kommenden Monate bis zu Ihrem nächsten Mitarbeitergespräch.

Fazit

Vertrauensvolle Beziehungen und eine gute Mitarbeiterbindung lassen sich nicht auf einem schlechten Fundament aufbauen. Wenn Sie gute Mitarbeitende langfristig ans Labor binden wollen, sollten Sie Ihre „Talent-Journey“ mal genauer unter die Lupe nehmen. Was erlebt der neue Mitarbeiter, wenn er bei Ihnen anfängt zu arbeiten? Wie sieht sein Empfang aus, sein erster Tag, seine ersten 100 Tage und wie ist seine Perspektive?

Wie im letzten Gallup-Onboarding-Bericht zu lesen war, haben nur 12 Prozent aller Mitarbeitenden das Gefühl, ihr Unternehmen habe eine gute Einarbeitungsphase für neue Teammitglieder. Und gleichzeitig könnten die Unternehmen eine um 50 Prozent höhere Mitarbeiterbindung und eine um 62 Prozent höhere Produktivität erreichen. Wenn das keine schlagenden Argumente für einen strukturierteren und durchdachteren Onboarding-Prozess sind!

Dieser Artikel ist in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

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