Branchenmeldungen 11.12.2023
Erfolgreiche Endodontie durch Fehlervermeidung
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Der Erfolg einer endodontologischen Therapie entscheidet sich schon ganz am Anfang: Wurde der Schwierigkeitsgrad eingeschätzt und entsprechend die Behandlung geplant, ist das Fundament für den klinischen Erfolg gelegt. Danach führt eine konsequente Fehlervermeidung sicher zum Ziel.
Ein endodontischer Fall ist nie ein „Spaziergang“. Dafür sorgt schon das Überraschungspotenzial. Aber was macht einen endodontischen Fall zu einem „normalen“, „schwierigen“ oder „sehr schwierigen“?
Dafür gibt es einen transparenten Katalog von Kriterien:1 Handelt es sich beispielsweise um einen anterioren Zahn oder Prämolaren („normal“), um einen 1. Molar („schwierig“) oder um einen der beiden hinteren Molaren („sehr schwierig“)? Lassen sich die Röntgenaufnahmen ohne Weiteres befunden („normal“), oder wird die Diagnose erschwert, zum Beispiel durch einen hohen Mundboden („schwierig“)? Oder überlagern sich im Röntgenbild mehrere Wurzelkanäle („sehr schwierig“)? Neben den im engeren Sinne endodontologischen Kriterien kommt es aber auch auf Allgemeinzahnmedizinisches, wie etwa auf patientenindividuell geeignete Verfahren zur Anästhesie, die Größe der Mundöffnung oder die Kooperationsbereitschaft an. Schwieriger wird ein Fall darüber hinaus generell bei parodontaler Beteiligung am Entzündungsgeschehen.
Mehrere „schwierige“ Aspekte führen zum Gesamturteil „sehr schwierig“
In der Regel wird man einen Patientenfall, bei dem ein Merkmal aus der Kategorie „sehr schwierig“ gegeben ist (z. B. sich überlagernde anatomische Strukturen im Röntgenbild), auch insgesamt als „sehr schwierig“ einstufen. Doch ebenso können mehrere Merkmale aus der Kategorie „schwierig“ in der Summe das Gesamturteil „sehr schwierig“ ergeben.
Klagt ein Patient beispielsweise über stärkere Schmerzen und weist der betroffene Zahnbereich eine größere Schwellung auf, ohne darüber gleich zu einem Notfall zu werden? Erfordert das Legen von Kofferdam eine Vorbereitung des Arbeitsfeldes (z. B. Verkeilung bei Zahnengstand)? Sind im apikalen Bereich geringe Resorptionen aufgetreten? Jedes dieser Details für sich würde die anstehende endodontische Behandlung nicht zu einer „schwierigen“ werden lassen. Aber alle diese Aspekte zusammen machen die Therapie insgesamt dann doch „sehr schwierig“. Wohin anfängliche Fehleinschätzungen führen können, zeigte vor zwei Jahren eine Untersuchung endodontischer Behandlungen von finnischen Zahnmedizinstudenten.2 Es kam öfter zu Komplikationen, wenn die Einschätzung des Schwierigkeitsgrades durch einen Zahnmedizinstudenten von der Einschätzung eines Endodontie-Spezialisten abwich. Denn die Studenten bewerteten die betreffenden Fälle meist als einfacher, als sie tatsächlich lagen.
Dieses Ergebnis legt nahe, dass bei richtiger Einstufung eines endodontischen Falles Fehler vermieden, die Planung und Durchführung der Therapie verbessert und die Zahl der Komplikationen vermindert werden könnten. Dr. Markus Lewitzki hat es am 20. September 2023 in Berlin als Referent einer Fortbildungsveranstaltung von Dentsply Sirona auf den Punkt gebracht: „Die meisten schwierigen Fälle waren einmal einfach.“ Sprich: Die Notwendigkeit, nach Fehleinschätzungen vermeidbare Fehler auszumerzen und insbesondere Revisionen vorzunehmen, lässt ursprünglich einfache endodontische Fälle zu schwierigen werden.
Die Chancen waren nie so gut wie heute
Das macht umgekehrt Hoffnung, durch konsequente Fehlervermeidung Komplikationen und Revisionen reduzieren zu können. So sollten höhere Erfolgswahrscheinlichkeiten und bessere Prognosen erreichbar sein. Für den Allgemeinzahnarzt hat sich diese Regel bewährt: Fast drei Viertel der endodontischen Fälle sind nicht „sehr schwierig“. Genauer: Es sind 72 Prozent gemäß aktuellen Studienergebnissen.3
Die Erfolgschancen waren nie so gut wie heute und werden immer besser. Vor dreißig Jahren setzte man bei einem einzigen Fall nacheinander vier bis acht unterschiedliche Aufbereitungsfeilen ein. Heute reicht oft eine einzige, zum Beispiel die WaveOne Gold Primary (Dentsply Sirona) oder Reciproc blue (VDW). Die namensgebende Gold- bzw. Blue-Wärmebehandlung reduziert dabei das Risiko der Feilenfraktur. Im Vergleich zu Vorgängersystemen von Dentsply Sirona und VDW konnte die Widerstandsfähigkeit gegen zyklische Ermüdung deutlich erhöht werden.4–7
Breites Anwendungsspektrum: die reziprok beweglichen Feilen WaveOne Gold Primary und RECIPROC blue. © Dentsply Sirona
Einen zusätzlichen Schutz bieten aktuelle Endo-Motoren mit sensorloser Steuerung, denn sie reagieren sehr schnell auf Drehmomentbelastungen (z. B. X-Smart Pro+, Dentsply Sirona).8 Rechtzeitig vor einer übermäßigen Deformation der Feile sorgt eine Autoreverse-Funktion dafür, dass sie wieder stabil läuft und der Behandler sie punktgenau dort halten kann, wo sie arbeiten soll. Zusätzliche Sicherheit kann ein motorintegrierter Apex-Locator geben, der den Feilenfortschritt in Echtzeit auf einem Display farblich sichtbar macht. Aus der Perspektive der klinischen Praxis stellt es einen zusätzlichen Nutzen dar, wenn die Optimal-Parameter für die endodontischen Instrumente bereits im Motor hinterlegt sind, wie es bei den oben erwähnten Feilen/Motor der Fall ist. So kann der endodontisch tätige Allgemeinzahnarzt heute mehr Fälle selbst behandeln und der Spezialist „in früheren Zeiten sicher verlorene“ Zähne retten.
Die Literaturliste können Sie sich hier herunterladen.
Dieser Beitrag ist unter dem Originaltitel „Richtig eingeschätzt ist halb gewonnen: Fehlervermeidung in der Endodontologie“ im EJ Endodontie Journal erschienen.