Branchenmeldungen 05.09.2013
„Richtig“ wählen allein bringt nichts
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Der Wähler versteht in der Gesundheitspolitik sowieso nicht, worum es bei den hinausposaunten Reformprogrammen, wie Bürgerversicherung, Kopfpauschale, Neuordnung des Solidarsystems, integrierte Krankenversicherung und was sonst noch alles im Bundestagswahlkampf an gepriesen wird, geht. Deshalb ist die Gesundheitspolitik auch kein wirklicher Faktor in den Wahlkampfausei nandersetzungen der einzelnen Lager von Schwarz-Gelb und Rot-Grün. Nur in der Ärzte- und Zahnärzte-Funktionärsmannschaft hat man sich ein Schlagwort des Unheils auserkoren: „Bürgerversicherung“.
Ohne zu sagen, dass das „Kopfpauschalenmodell“ aus CDU/CSU-Kreisen gleiche Folgerungen für die Leistungserbringer in sich birgt – weniger Geld, weil höchste Subventionen aus dem Staatssackerl damit verbunden wären – wird die rot-grüne Bürgerversicherung zum Todesurteil der Privatversicherung und -versorgung abgestempelt. Und schon kämpft man Seite an Seite mit den Schwarz-Gelb-Gesundheitspolitikern für eine Stimmabgabe bei der kommenden Bun destagswahl für CDU/CSU und FDP. Vornehmlich die letztgenannte Partei wird zu deren Überlebenssicherung der eigenen Zahnärzte-Zwangsmitgliedschaft für das Kreuz am Wahlzettel dringend empfohlen. Eine Prozedur, die sich bereits seit Jahrzehnten wiederholt, ohne dass sich diese Parteien für die Wahlhilfe jemals dankbar gegenüber der Zahnärzteschaft gezeigt hätten. Auch unter einem FDP-Gesundheitsminister landete die GOZ-Novellierung vor dem Bundesverfassungs gericht, weil sich der FDP-Minister den PKV-Lobbybemühungen auch nach mehr als zwei Jahrzehnten nichts am GOZ-Punktwert zu ändern unterworfen hatte.
Dies entgegen völlig anderslautenden FDP-Versprechungen an die Zahnärzteschaft vor der letzten Bundestagswahl vor vier Jahren. Das Ergebnis ist bekannt. Die Zahnärzte-Klage wurde vom BVG nicht einmal angenommen. Die Zahnärzte sind den von Funktionären bevorzugten „Schwarz-Gelb-Regierenden“ völlig schnuppe, ebenso den Verfassungsrichtern, denen eine „Frei-Berufs-Ferne“ von Berufsverbänden und deren Rechtsvertretern unterstellt wird. Ganz anders bei einem anderen freien Beruf, der sich wohl bewusst deutlicher Wahlempfehlungen enthält, aber in der Politik das Wohlwollen der jeweiligen Regierenden genießt und einen Ausgleich für Kostensteigerungen bei den Honoraren gesetzlich zugesprochen bekommt. So erhöhten sich ab August nach Angaben des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz die Gebühren für Anwälte um durchschnittlich 12 Prozent. Für die Dienste von Notaren müssen Verbraucher laut Bundesnotarkammer im Durchschnitt 15 Prozent mehr zahlen. Das nenn ich erfolgreiches Lobbying.
Liegt es daran, dass man sich nicht, wie die Zahnärzte- und Ärzte-Funktionäre trotz Erniedrigung bei der GOZ-Novellierung als dienende Werber um Stimmen für das Regierungslager un terworfen hat, sondern für wohlwollendes Stimmverhalten aus der Politik Vorleistungen eingefordert hat? „Richtig wählen“, das ist eine schwierige Entscheidung, die jeder für sich selbst zu treffen hat, so wünsche ich viel Glück dabei und
toi, toi, toi, Ihr J. Pischel.