Branchenmeldungen 15.06.2020
S3-Leitlinie: gezielte Unterstützung für die Prophylaxe-Profis
Mundspülung ja oder nein?
Viele Patienten sind noch unsicher, ob die Verwendung einer Mundspülung für sie sinnvoll ist. Dabei ist der Zusatznutzen von Mundspülungen mit antibakterieller Wirkung wie z.B. Listerine® als Teil der häuslichen 3-fach-Prophylaxe gut belegt, wie die aktuelle S3-Leitlinie zum häuslichen chemischen Biofilmmanagement bestätigt.1
Und mit folgenden Informationen und Aussagen gibt die Leitlinie dem Praxispersonal gleich eine fundierte Argumentationskette für das Patientengespräch mit an die Hand:
- Der dentale Biofilm, also Plaque, gilt als die Grundvoraussetzung für Gingivitis und schließlich Parodontitis.
- Die regelmäßige und möglichst vollständige Entfernung des gesamten dentalen Biofilms ist die wichtigste Prophylaxestrategie.
- Entzündliche parodontale Erkrankungen zählen weltweit und auch hierzulande zu den am weitesten verbreiteten Krankheiten. In Deutschland liegt der Anteil der moderaten und schweren Parodontitis in der Altersgruppe der jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährigen) bei ca. 52 Prozent und in der Altersgruppe der Senioren (65- bis 74-Jährigen) bei ca. 65 Prozent.
- Wird eine Gingivitis nicht behandelt, kann das zu Parodontitis und in der Folge zu Zahnverlust führen. So können hohe Kosten für Zahnbehandlungen oder die Behandlung von systemischen Erkrankungen, die in Zusammenhang mit parodontalen Erkrankungen stehen, resultieren.
- Die hohe Anzahl Betroffener lässt auf Mängel in der zu Hause durchgeführten Zahn- und Mundpflege schließen. Auf jeden Fall zeigt sich, dass mit rein mechanischen Mundhygienemaßnahmen häufig nicht das Niveau erreicht wird, das notwendig ist, um parodontale Erkrankungen zu vermeiden und/oder zu therapieren. Präventive Maßnahmen, wie das zusätzliche Mundspülen, können hier helfen.
- Mit starkem Konsens sind sich die beteiligten Experten einig: „Das primäre Ziel der zusätzlichen Anwendung einer antimikrobiellen Mundspüllösung ist, den Erfolg der mechanischen Mundhygiene zu verbessern, indem eine Plaquereduktion und damit eine Prophylaxe der Gingivitis und zum anderen eine Ausheilung einer bestehenden Gingivitis (Gingivitisreduktion) erreicht wird.“ Die wissenschaftliche Datenlage zeigt, dass die zusätzliche Anwendung von Inhaltsstoffen mit antibakterieller Wirkung in Mundspüllösungen als Ergänzung zur mechanischen Reinigung zu einer Reduktion des dentalen Biofilms beiträgt – und damit zur Prophylaxe von Gingivitis.
- Die besten Ergebnisse erzielen Chlorhexidin (CHX) und die ätherischen Öle als Inhaltsstoffe mit antibakterieller Wirkung. Wobei die S3-Leitlinie bei den Lösungen mit ätherischen Ölen ausschließlich Mundspülungen mit einer speziellen Zusammensetzung der Inhaltsstoffe Thymol, Menthol, Eukalyptol und Methylsalicylat (wie in Listerine®-Mundspülungen) berücksichtigt: Sowohl für die Wirkung auf Plaque als auch auf Gingivitis bestätigt die Leitlinie einen großen Effekt, und das bei einer hohen Qualität der Evidenz.
- Für den längerfristigen Gebrauch überzeugen speziell die ätherischen Öle, weil durch diese im Gegensatz zu CHX und auch beispielsweise Aminfluorid/Zinnfluorid (ASF) keine oralen Verfärbungen auftreten.
Fazit
Die Prophylaxe bildet das Fundament der Zahn- und Mundgesundheit. Eine Mundspülung mit antibakterieller Wirkung (wie z.B. Listerine®) kann die tägliche mechanische Mundhygiene aus Zähneputzen und Interdentalreinigung nicht ersetzen, aber ergänzt diese sinnvoll. Die S3-Leitlinie Häusliches chemisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingivitis richtet sich ausdrücklich nicht nur an Zahnärzte, sondern an das gesamte Praxisteam. Denn speziell für Zahnmedizinische Prophylaxeassistentinnen und Dentalhygienikerinnen ist es wichtig, nicht nur Experten in puncto professionelles Biofilmmanagement in der Zahnarztpraxis, sondern auch für das Biofilmmanagement zu Hause zu sein. Mit der entsprechenden S3-Leitlinie sind Prophylaxeassisteninnen immer auf dem neuesten Stand und verfügen über das richtige Rüstzeug, um Patienten gezielt und nachhaltig zu beraten.
Nachgefragt: 5 Fragen an Prof. Dr. Nicole B. Arweiler Co-Autorin der S3-Leitlinie Die S3-Leitlinie Häusliches chemisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingivitis stellt in Hinblick auf die Prävention entzündlicher parodontaler Erkrankungen sowie der Gingivitistherapie die Grundlage für eine verbesserte Mundhygiene dar. Sie sollen also dazu beitragen, dass Patienten angemessen behandelt und versorgt werden. Hierfür fassen sie das aktuelle (zahn)medizinische Wissen zusammen, wägen Nutzen und Schaden verschiedener Vorgehensweisen ab und geben auf dieser Grundlage konkrete Empfehlungen. Wie die aktuelle S3-Leitlinie entstand und welche Empfehlungen sie für Patienten in Hinblick auf die Verwendung von Mundspülungen bereithält, erklärt Prof. Dr. Nicole B. Arweiler, Direktorin der Klinik für Parodontologie der Philips-Universität Marburg (UKGM). Können Sie kurz erklären, wie sich der Prozess der Leitlinienerstellung darstellt? Am Anfang steht zunächst eine gründliche Literatursichtung zur Anwendung von Mundspüllösungen, die auf bestimmte Parameter und Anwendungsgebiete beschränkt werden muss. Es ist dann Aufgabe der Leitliniengruppe, aus den Literaturergebnissen vor allem praktisch umsetzbare Statements zu formulieren, die im Anschluss mit einer größeren Gruppe konsentiert werden, sodass sie schließlich auf breite Zustimmung der unterschiedlichen Fachgesellschaften stoßen. Wie bewerten Sie die zugrundeliegende Studienlage? Trotz Beschränkung auf klinisch kontrollierte 6-Monats-Studien zur Wirkung von Mundspüllösungen auf Gingivitis und Plaque konnten noch eine Vielzahl von Studien und mehrere Wirkstoffe eingeschlossen werden, was den Evidenzgrad erhöht hat und die Aussagen auf eine solide wissenschaftliche Basis stellt. Welche Vorteile sehen Sie in der Anwendung einer zusätzlichen antibakteriellen Mundspülung in Bezug auf das Biofilmmanagement? Verschiedene Wirkstoffe in ihren speziellen Formulierungen können signifikant besser als Zähneputzen allein Entzündungen des Zahnfleisches reduzieren. Angesichts des hohen Vorkommens parodontaler entzündlicher Erkrankungen und der weitreichenden (oft noch unerkannten) Folgen für den Gesamtorganismus stellen sie ein wichtiges Hilfsmittel zur Prophylaxe und Bekämpfung von Gingivitis dar. Welche Formulierungen eignen sich auch für die langfristige tägliche Anwendung? In der Leitlinie wurde bewusst zwischen kurzfristiger intensiver Keimzahlreduktion und der längerfristigen Ergänzung der mechanischen Mundhygiene durch Mundspülprodukte unterschieden. Bei ersterer Indikation wurde Chlorhexidin in Konzentrationen von ≥ 0,1 Prozent empfohlen. Bei der letzteren Indikation hatten sich die ätherischen Öle in der Listerine®-Formulierung von den anderen – ebenso empfehlbaren – Wirkstoffen durch hohe Effektivität bei hohem Evidenzgrad abgesetzt. Welche Empfehlung zur Prophylaxe und Reduktion der Gingivitis können Sie auf Basis der aktuellen S3-Leitlinie für den Praxisalltag aussprechen? Alle Personen, die mit mechanischen Mundhygienemaßnahmen keine Reduzierung von Zahnfleischentzündungen erreichen können (und das sind sehr viele Menschen), profitieren von der Inaktivierung von Bakterien in der Restplaque durch antibakterielle Mundspüllösungen. |
1 DG PARO, DGZMK. S3-Leitlinie (Kurzversion): Häusliches chemisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingivitis. Parodontologie 2018.
Quelle: Johnson & Johnson
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