Wissenschaft und Forschung 22.07.2025

Vier Tage, volles Gehalt: Die Vier-Tage-Woche im weltweit größten Praxistest



Weniger arbeiten, das volle Gehalt behalten und dabei sogar gesünder und zufriedener werden? Was lange wie eine Wunschvorstellung klang, haben Forscher jetzt systematisch untersucht. Die bislang größte wissenschaftliche Studie zur Vier-Tage-Woche zeigt, dass Arbeitnehmer von der verkürzten Arbeitszeit deutlich profitieren und die Unternehmen trotzdem nicht weniger leisten.

Vier Tage, volles Gehalt: Die Vier-Tage-Woche im weltweit größten Praxistest

Foto: peopleimages.com – stock.adobe.com

Für die Untersuchung, die im Fachjournal Nature Human Behaviour erschienen ist, begleiteten die Wissenschaftler über ein halbes Jahr hinweg knapp 2900 Beschäftigte in 141 Unternehmen aus Australien, Kanada, Irland, Neuseeland, Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Alle Organisationen führten die Vier-Tage-Woche bei voller Bezahlung ein. Im Vorfeld hatten die Unternehmen rund acht Wochen Zeit, um ihre Arbeitsabläufe neu zu organisieren und effizienter zu gestalten. Unnötige Meetings und umständliche Prozesse wurden gestrichen, Verantwortlichkeiten klarer verteilt, damit die Produktivität auch mit weniger Arbeitszeit erhalten bleibt.

Die Forscher interessierte vor allem, ob der vermeintliche Gewinn an Freizeit in Wirklichkeit zu mehr Stress führt, weil dieselbe Arbeit in kürzerer Zeit erledigt werden muss. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Nach sechs Monaten berichteten die Beschäftigten von weniger Burn-out, höherer Arbeitszufriedenheit, besserer psychischer Gesundheit und weniger körperlichen Beschwerden. Auch die Sorge, dass sich der Druck nur auf vier statt fünf Tage verteilt, erwies sich als unbegründet. Im direkten Vergleich mit einer Kontrollgruppe von zwölf Unternehmen, die keine Arbeitszeitverkürzung eingeführt hatten, schnitten die Teilnehmer des Experiments durchweg besser ab. Je deutlicher die persönliche Wochenarbeitszeit sank, desto stärker verbesserten sich auch die Werte zum Wohlbefinden. Die Beschäftigten fühlten sich insgesamt arbeitsfähiger, litten weniger unter Schlafproblemen und berichteten von einer geringeren Erschöpfung.

Die Studie liefert einen wichtigen Beitrag zur Debatte über Arbeitszeitverkürzung, die immer wieder aufflammt und mal leiser, mal lauter geführt wird, je nachdem, wie sehr Überlastung und Fachkräftemangel gerade im Fokus stehen. Nicht nur die Beschäftigten profitieren von der verkürzten Woche, sondern auch die Unternehmen selbst. Die Produktivität bleibt erhalten, während das Risiko von Überlastung und Fluktuation sinkt, ein doppelter Gewinn also. Entscheidend für diesen Erfolg ist jedoch die gründliche Vorbereitung. Die Autoren der Studie betonen, dass Unternehmen ihre Arbeitsorganisation konsequent umkrempeln müssen. Wer nicht gewillt ist , unnötige Abläufe zu hinterfragen und Zeitfresser radikal zu streichen, wird das Potenzial der zusätzlichen freien Zeit nicht voll ausschöpfen können.

Die Vier-Tage-Woche ist eben kein nettes Extra oder bloß ein neuer „Benefit“. Sie ist eine strategische Entscheidung und sie verlangt vor allem den Mut, Arbeit ganz neu zu denken!

 

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