Wissenschaft und Forschung 22.08.2014
Prothese aus Zahnwurzel ermöglicht Blinden das Sehen
Seltenes OP-Verfahren bei Hornhauteintrübung
Zu den häufigsten Ursachen für Blindheit und andere Sehbehinderungen zählen Eintrübungen der Hornhaut durch Infektionen, Verletzungen oder Entzündungen. Als Folge gelangt nicht genügend Licht ins Auge, das Sehvermögen schwindet. Zur Wiedererlangung des Augenlichts setzt die Augenklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf unter Leitung von Prof. Dr. Gerd Geerling in Zusammenarbeit mit der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, geleitet von Prof. Dr. Dr. Norbert Kübler, in ganz speziellen Fällen ein künstliches Hornhautimplantat ein, das aus einer Zahnwurzel angefertigt wird.
Für diese seltene Knochen-Zahn-Hornhautprothese (Osteo-Odonto-Keratoprothese) kommen hauptsächlich schwer sehbehinderte oder erblindete Patienten in Frage, bei denen Netzhaut und Sehnerv intakt sind, aber eine herkömmliche Hornhauttransplantation wenig erfolgversprechend ist.
Foto links: Entnahme des Eckzahnes
zusammen mit dem Alveolarknochen. Foto mitte: Einzementierung des
PMMA-Zylinders als neue Linse in den Zahn als Halteelement. Foto
rechts: Transplantation der Osteoodontokeratoprothese in eine
Muskeltasche unterhalb des Augenlides zur Biologisierung vor der
späteren Transplantation als Linsenersatz. © Universitätsklinkum Düsseldorf
Bei dem Eingriff wird dem Patienten ein
Zahn zusammen mit Wurzel und Kieferknochen entnommen. Nachdem die
Zahnkrone entfernt und die Zahnwurzel der Länge nach halbiert
wurden, durchbohren die Mediziner das Implantat in der Mitte, so dass
in das Loch eine Plexiglasoptik festgeklebt werden kann. Danach nähen
sie die Prothese auf der eingetrübten Hornhaut des Patienten auf und
bedecken sie mit Mundschleimhaut. „Die Herausforderung bei
künstlichen Hornhautimplantaten besteht darin, das nicht biologische
Material mit dem körpereigenen Gewebe zu verbinden, damit das
Implantat langfristig in den Körper integriert wird“, sagt Prof.
Dr. Gerd Geerling, Direktor der Augenklinik des Universitätsklinikums
Düsseldorf. „Mit der Osteo-Odonto-Keratoprothese erreichen wir
eine dauerhafte und dichte Verbindung zwischen der künstlichen
Optik, die die durchsichtige Hornhaut ersetzt, und der mineralischen
Zahnsubstanz, die wiederum fest im Knochengewebe verankert ist.“ Am
Universitätsklinikum Düsseldorf konnte mit dieser Methode bereits
erstmalig im Rheinland erblindeten Patienten geholfen und die
Lesefähigkeit wiederhergestellt werden.
Entwickelt und erstmals beschrieben wurde die Osteo-Odonto-Keratoprothese (OOKP) von dem italienischen Augenarzt Benedetto Strampelli in den 1960er Jahren. Die Idee basiert auf einer in der zahnärztlichen Praxis täglich erlebten Erfahrung, dass am mineralischen Gerüst des Zahns Füllungen und Kronen dauerhaft befestigt werden können.
Autor: Adriane Grunenberg
Quelle: Universitätsklinikum Düsseldorf