Wissenschaft und Forschung 15.04.2025

Unsichtbare Spuren: Titanpartikel um Implantate häufiger als gedacht



Titan ist der Goldstandard der dentalen Implantologie – robust, biokompatibel und seit Jahrzehnten erfolgreich im Einsatz. Ein Forschungsteam der Universität Göteborg hat nun in einer im Fachjournal Communications Medicine veröffentlichten Studie aufgezeigt. Mikroskopisch kleine Titanpartikel sind im Weichgewebe rund um Implantate weit verbreitet, und das sogar unabhängig von entzündlichen Prozessen wie Periimplantitis.

Unsichtbare Spuren: Titanpartikel um Implantate häufiger als gedacht

Foto: DragonImages – stock.adobe.com

Die Studie, unter Leitung von Prof. Tord Berglundh von der Sahlgrenska Akademie, analysierte Gewebeproben von 21 Patientinnen und Patienten mit mehreren benachbarten Implantaten. Dabei wurde an jeder Person sowohl gesundes als auch entzündetes Gewebe untersucht. Überraschendes Ergebnis: In sämtlichen Proben fanden sich Titanpartikel, unabhängig davon, ob Entzündungen vorlagen oder nicht. Die Partikeldichte variierte von Mensch zu Mensch, jedoch nicht signifikant zwischen entzündetem und gesundem Gewebe innerhalb derselben Person. Zur genauen Analyse nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein spezielles bildgebendes Verfahren (µ-PIXE), das in Zusammenarbeit mit der Universität Uppsala zum Einsatz kam. Damit konnten die mikroskopisch kleinen Metallrückstände im Gewebe sichtbar gemacht und präzise erfasst werden.

Besonders brisant ist jedoch ein weiterer Befund: In Gewebeproben mit höherer Titanpartikeldichte zeigten sich messbare Veränderungen in der Genaktivität. Insgesamt waren 14 Gene betroffen, die vor allem mit Entzündungsreaktionen und Wundheilung in Verbindung stehen. Die Forschenden betonen allerdings, dass noch unklar ist, ob die Partikel diese biologischen Prozesse beeinflussen oder ob die Unterschiede durch individuelle Reaktionen des Körpers erklärt werden können.

Als mögliche Ursache für das Auftreten der Partikel vermuten die Autorinnen und Autoren die chirurgische Insertion des Implantats, insbesondere das Eindrehen in den Kieferknochen. Auch die Oberfläche des Implantats könnte eine Rolle spielen: Je nach Struktur könnten sich unterschiedlich viele Partikel ablösen, ein Aspekt, der in zukünftigen Studien weiter untersucht werden soll. Was bedeutet das für Implantatpatientinnen und -patienten? Zunächst einmal nichts Besorgniserregendes. Prof. Berglundh betont: „Titan ist ein bewährtes Material und gilt als sicher. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass wir die langfristige Verteilung und Wirkung der Mikropartikel besser verstehen müssen.“ Etwa fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Schweden tragen Zahnimplantate und möglicherweise auch Titanpartikel in ihrer Mundschleimhaut. Der unsichtbare Begleiter der modernen Implantologie rückt damit zunehmend in den Fokus der Forschung.

Quellen:
Dionigi C, Nagy G, Derks J, et al. Titanium micro-particles are commonly found in soft tissues surrounding dental implants. Communications Medicine. 2025; 5(1). DOI: 10.1038/s43856-025-00756-3; Universität Göteborg

Mehr News aus Wissenschaft und Forschung

ePaper