Ein stabiles Hart- und Weichgewebe ist die Grundlage für den langfristigen Erfolg eines Implantats. Moderne Techniken und Materialien im Knochen- und Weichgewebemanagement ermöglichen es, den auftretenden Herausforderungen gezielt zu begegnen. In den Statements unserer Experten erfahren Sie, welche Strategien sich in der Praxis bewährt haben, wie sich die Gewebestabilität optimieren lässt und welche innovativen Ansätze die Implantologie auf diesem Gebiet nachhaltig prägen werden.
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Dr. Kai Zwanzig / Spezialist Implantologie und Parodontologie
Ich habe 16 Jahre Erfahrung mit der Verwendung von allogenem Knochen. Schon früh haben wir erkannt, dass autologer Knochen seinen Status als „Goldstandard“ verlieren könnte. Es gibt sehr unterschiedliche Materialien, aber wenn man weiß und versteht, die richtigen Schalter zu bedienen, sind die Regenerationsergebnisse unglaublich und mit denen von körpereigenem Material absolut vergleichbar. Man kann nicht alles damit regenerieren, vor allem vertikal gibt es Limits, aber für den Rest gibt es meiner Meinung nach keine Einschränkungen. Der große Vorteil gegenüber autologem Knochen ist, dass er fast unbegrenzt zur Verfügung steht, und man den Patienten einen Zweiteingriff erspart. Klar muss man ein paar Regeln einhalten was die Operationstechnik betrifft, aber dann kann man seinen Patienten ein Material anbieten, was absolut biokompatibel ist und nachhaltige Ergebnisse liefert.
Dr. Arnd Lohmann, M.Sc.
GBR-Technik: Der Goldstandard – Die GBR-Technik stellt meines Erachtens den aktuellen Goldstandard der augmentativen Möglichkeiten dar. Sie reduziert den Bedarf des autologen Knochens durch die Möglichkeit der Beimischung von Knochenersatzmaterialien. Dabei entstehen Augmentate, die auch außerhalb der physiologischen Kieferkammkontur resorptionsstabil bleiben. Probleme durch Dehiszenzen können durch technische Fortschritte, vor allem durch die Verwendung von CAD-gefertigten Gittern und die simultane Augmentation des Weichgewebes, weitestgehend vermieden werden.
Rainer Woyna / Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Universitätsklinikum Köln (AöR)
Welche Rolle spielt das Weich- gewebe bei der Prothetik? Das Weichgewebe und dessen Management spielt eine zentrale Rolle in der zahnärztlichen Prothetik, da es einen entscheidenden Einfluss auf die Funktionalität und das gesamtästhetische Ergebnis einer prothetischen Versorgung hat. Bereits bei der Behandlungsplanung sollte sorgfältig abgeschätzt werden, in welcher Form das intra- und postoperative Weichgewebemanagement erfolgen soll. Dabei können verschiedene Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden, die eine enge Absprache zwischen dem Chirurgen, dem Prothetiker und dem Zahntechniker erfordern. Ziel dieser Absprachen ist es, den Zahnersatz möglichst störungsfrei in das umgebende Weichgewebe einzugliedern, um unerwünschte postoperative Nebenwirkungen wie Retraktionen oder dauerhafte Irritationen zu vermeiden. Das ästhetische Gesamtergebnis ist speziell im Frontzahnbereich maßgebend von dem prä- und postoperativen Weichgewebemanagement abhängig. Deshalb ist präoperativ eine umfassende Ästhetikanalyse und Visualisierung der Planung notwendig, um z. B. eine ideale Implantatposition zu ermitteln und um vorab notwendige Maßnahmen hinsichtlich des Weichgewebemanagements abschätzen zu können. Somit ist das Weichgewebemanagement ein wesentlicher Bestandteil des prothetischen Behandlungskonzepts. Es beeinflusst Funktionalität und Langzeiterfolg der eingegliederten Restauration maßgeblich.
Dr. Theodor Thiele, M.Sc., M.Sc.
Weichgewebe schonen, Heilung fördern: Die richtige Nahttechnik – Nahttechniken sind entscheidend für die Wundheilung. Eine subtile Nahttechnik schont das Weichgewebe und fördert die Regeneration. Entscheidend ist nicht nur das Material, sondern der behutsame Umgang mit dem Gewebe während des Eingriffs. Traumatisierungen durch Instrumente wie Haken oder Pinzetten können die Heilung beeinträchtigen. Zu grobes Ziehen verursacht Mikroläsionen, die Entzündungen begünstigen. Ebenso ist die Austrocknung des Gewebes kritisch – es sollte stets feucht gehalten werden. Eine gewebeadaptierte Nahttechnik zeichnet sich durch präzises Arbeiten aus. Feinste Fäden und atraumatische Nadeln reduzieren Gewebeschäden. Spannungsfreiheit ist der Schlüssel zur Vermeidung von Dehiszenzen. Eine sorgfältige Kombination von aufstellenden und adaptierenden Nähten minimiert Spannung, verbessert die Heilung und reduziert Narbenbildung. Die Beachtung des gingivalen Phänotyps ist ebenfalls wichtig. Ein dünner Phänotyp ist anfälliger für Komplikationen wie Rezessionen. Eine individuelle Anpassung der Nahttechnik an die Gewebeeigenschaften ist daher unerlässlich. Der Erfolg der Wundheilung hängt maßgeblich vom Res-pekt gegenüber dem Weichgewebe ab. Eine subtile Nahttechnik, kombiniert mit schonendem Umgang, Spannungsfreiheit und Beachtung des gingivalen Phänotyps, legt den Grundstein für optimale Heilung und langfristig zufriedenstellende Ergebnisse.
Dr. Sebastian Beisel/ Praxis für Oralchirurgie
Stabiles Hart- und Weichgewebe durch Biodigitale Implantologie – Mein Konzept der Biodigitalen Implantologie verbindet modernste digitale Technologien mit bewährten biologischen Heilungsboostern. Durch meinen strukturierten digitalen Workflow ermögliche ich eine präzise Planung und optimale Platzierung von (Sofort-)Implantaten – die hohen Ansprüche an das Implantatdesign habe ich hierfür in den Systemen von MegaGen gefunden! Die präzise digitale Planung ermöglicht eine individuelle Sofortversorgung mittels Provisorium oder individuellen Healing-Abutments. Meine Philosophie ist es, unnötige Hart- und Weichgewebeverluste zu vermeiden. Ich stabilisiere die individuellen anatomischen Gegebenheiten durch meinen biodigitalen Workflow, was die klinischen Ergebnisse signifikant verbessert und die Vorhersagbarkeit erhöht. Ein Kernpunkt ist die Integration von PRF (Platelet Rich Fibrin) aus dem autologen Blut des Patienten. Die initiale Wundheilung und die Osseointegration des Implantats werden hierdurch nachweislich beschleunigt. Ebenso biologisiere ich mittels PRF Implantatoberflächen, Knochenersatzmaterial und Membranen – es kommt zu einer Bioaktivierung der Materialien mittels körpereigenen Wachstumsfaktoren und Immunzellen. Die präzise digitale Vorplanung mit Patientenavataren und 3D-Druck sichert optimale Ergebnisse. Ich minimiere dadurch gezielt den Verlust von Hart- und Weichgewebe und erziele perfekte anatomische Emergenzprofile und somit den Erhalt wichtiger ästhetischer Konturen. Diese Kombination innovativer Technologien in meinem interdisziplinären Ansatz entspricht Patientenerwartungen und ermöglicht minimalinvasive Behandlungen. Die Biodigitale Implantologie ist ein vielversprechendes Modell, um den Herausforderungen der modernen Implantologie zu begegnen und gleichzeitig eine optimale Patientenversorgung zu gewährleisten.
Dr. Benno Buchbinder
Technik zur erweiterten Socket Preservation – NOVAMag® SHIELD bietet eine einzigartige Option, um den Raum nicht innerhalb, sondern auch außerhalb der Extraktionsalveole aufzubauen. Durch die besonderen mechanischen und biologischen Eigenschaften von degradierbarem Magnesium lässt sich dieser Schritt kontrolliert und vorhersagbar durchführen – in einer Weise, die sich klar von konventionellen Methoden abhebt. Dadurch eignet sich die Methode auch für An- wender mit weniger chirurgischer Erfahrung als zuverlässige, einfache und vorhersehbare Lösung für die erweiterte Socket Preservation.
Dieser Beitrag ist im IJ Implantologie Journal erschienen.