Abrechnung 12.09.2022
Lückenmanagement in der KFO-Behandlung und deren Abrechnung
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Moderne Kieferorthopädie bleibt nicht stehen: Slider, Aligner und andere Apparaturen, mit denen Lücken offengehalten oder geschlossen werden, erfahren eine stetige Weiterentwicklung. Auch zur Einordnung verlagerter Zähne – ggf. sogar inklusive chirurgischer Freilegung – ist das Offenhalten oder Öffnen einer Lücke manchmal notwendig. Einige Therapien können auch als vorgelagerte (interzeptive) Behandlung erfolgen. Während andere europäische Länder die Behandlung mit modernen (oder unmodernen) KFO-Apparaturen einfach „pauschal“ mit den Krankenkassen und Patienten abrechnen, ist in Deutschland – wie soll es anders sein – alles haarklein geregelt: So sind Privatleistungen nach GOZ 2012 zu berechnen. Am Ende dreht sich alles dann immer um die Frage der Abrechnung.
Lückenmanagement durch festsitzende Apparaturen mittels Verankerungen
Zahlreiche solcher Behandlungen werden mithilfe festsitzender Multibandapparaturen durchgeführt. Bei diesen kommen dann häufig Bänder als Verankerung zum Einsatz, an denen konfektionierte Verbindungsvorrichtungen positioniert werden. Neben „klassischen“ Verankerungsapparaturen (wie z. B. gelötete Herbstscharniere), deren Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, gibt es auch zahlreiche andere Verankerungsoptionen, die die Behandlung für den Patienten komfortabler und schneller gestalten.
Moderne Verankerungen (die nicht im BEMA enthalten sind) werden hingegen als reine Privatleistungen angesehen. Dazu gehören u. a. gegossene Apparaturen (wie z. B. ein gegossenes Herbstscharnier oder eine gegossene GNE-Apparatur), Non-Compliance-Distalisationsapparaturen (wie z. B. der Distal-Jet oder TopJet) oder Therapiegeräte, bei denen Minischrauben zur skelettalen Verankerung genutzt werden (z. B. Beneslider sowie Mesialslider, Abb. 1). Solche komplexen Verankerungsapparaturen sind dann vorab mit den Kassen- und Privatpatienten auf GOZ-Basis zu vereinbaren und privat zu berechnen. Das ist grundsätzlich kein Problem. Es ist nur wichtig, dies mit dem Patienten bereits bei der Planbesprechung zu kommunizieren.
GOZ 6160 je Verankerung abrechenbar
Die GOZ 6160 ist „je Verankerung“ berechnungsfähig. Das ist wichtig zu wissen. Da diverse Verankerungsapparaturen mehrfach verankert sind, kommt die GOZ 6160 auch mehrfach bei der Abrechnung zum Ansatz. Dies kann auch durch einen GOZ-Kommentar belegt werden. Die Berechnung sollte aber grundsätzlich „angemessen“ sein und „mit Augenmaß“ erfolgen. Empfehlung für die Berechnung von Verankerungsapparaturen:
• Bei der Eingliederung einer eher einfachen Verankerung (wie z. B. bei einem Mesialslider oder Distal- Jet) ist der Ansatz von maximal zwei Verankerungen gerechtfertigt.
• Bei der Eingliederung komplizierter, aufwendig verankerter Apparaturen (wie z. B. bei einem Herbstscharnier) ist der Ansatz von bis zu vier Verankerungen gerechtfertigt.
Abrechnung von Kleinmaterialien beim Privatpatienten
Druckfedern, Zugfedern, Zugketten, Stopps, Drahtligaturen, Power Chain, Kobayashi-Ligaturen usw. sind bei Privatpatienten nicht als „Kleinmaterialien“ (unter „Materialkosten“) berechnungsfähig, denn gemäß § 4 Abs. 3 GOZ dürfen nur diejenigen Materialien berechnet werden, die der Patient „zum Verbleib“ erhält. Das ist nur bei Schutzwachs und Gummizügen der Fall. Nur diese Materialkosten dürfen in der GOZ-Rechnung aufgeführt werden. Das ist wichtig zu wissen und kein Nachteil für Behandler.
Bei allen anderen Materialien, die „zur Verankerung der festsitzenden Apparatur“ eingebaut werden – und das ist ja bei Druckfedern, Zugfedern, Zugketten, Stopps Drahtligaturen, Power Chain, Kobayashi-Ligaturen der Fall – besteht die Möglichkeit, den Faktor der GOZ 6140 und/oder GOZ 6150 (für die Eingliederung des Teil- oder Vollbogens) zu erhöhen. Selbstverständlich wird dazu eine entsprechende patientenbezogene Begründung benötigt „warum es besonders aufwendig war, den Bogen auf diese Art und Weise einzubinden – oder die Lücke auf diese Art zu öffnen oder zu schließen“. Finanziell betrachtet ist diese Vorgehensweise nicht nur die einzig richtige, sondern auch die attraktivere.
Bei Kassenpatienten hingegen ist es in der Regel möglich, „Kleinmaterialien“ als tatsächliche Materialkosten zu berechnen. Hier sollte aber vorab Rücksprache mit der zuständigen KZV gehalten werden, um abzuklären, welche Kleinmaterialien in Ihrem KZV-Bereich berechnet werden dürfen und welche nicht. Ermitteln Sie dann dazu auch den tatsächlichen Preis: Der Einkaufspreis zzgl. MwSt. ist „1 : 1“ weiterzugeben zuzüglich anteiligem Porto.
Lückenmanagement mit herausnehmbarem Lückenhalter
Präventiv kann eine Lücke (z. B. nach vorzeitigem Milchzahnverlust) auch offengehalten werden. Auch das ist eine kieferorthopädische Maßnahme. Ein Lückenhalter kann herausnehmbar (Abb. 2) gefertigt werden (dann handelt es sich um eine Kassenleistung) oder festsitzend (Abb. 3) (Privatleistung).
Wenn man einen herausnehmbaren Lückenhalter über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) abrechnen möchte, dann ist unbedingt darauf zu achten, dass er keine aktiven Elemente enthält, also weder „Federn“ noch „Dehnschrauben“.
Apropos Schraube: Eine im herausnehmbaren Lückenhalter eingearbeitete Wachstumsschraube ist beim Kassenpatienten abrechenbar! Das ist vielen Praxen nicht bekannt!
Nur eine als „Wachstumsschraube“ gekennzeichnete Schraube, die das natürliche Wachstum des Kiefers nicht blockiert, wird von den meisten KVZen akzeptiert. Alle Praxisteams, die diesbezüglich unsicher sind, sollten bei ihrer zuständigen KZV klären, ob sie die „Wachstumsschrauben“ innerhalb der Lückenhalter-Laborabrechnung berechnen dürfen. Diese Abrechnungsfrage, die immer wieder im Rahmen der Kassen-Laborabrechnung nach BEL II auftaucht, wurde bereits Anfang 2016 zwischen GKV-Spitzenverband, VDZI und KZBV geklärt. (KFO-Management Berlin hat bereits in der Fachbroschüre KFO-KOMPAKT 10/2016 darüber berichtet.)
Bei der Kassenlaborabrechnung können folgende Leistungen berechnet werden:
• Die „Einarbeitung einer einfachen Schraube“ nach BEL 7200.
• Auch das „Trennen der Basis“ nach BEL 7220 darf berechnet werden
• und die Schraube „selbst“ ist als „Wachstumsschraube“ zu kennzeichnen und unter „Material“ aufzuführen.
Bitte beachten Sie folgende Hinweise zur Kassenlaborabrechnung beim herausnehmbaren Lückenhalter:
• Eine Honorarabrechnung für die Abformung eines Kiefers und die spätere Herstellung des herausnehmbaren Lückenhalters (als „vorbereitende Maßnahme“) ist nicht möglich. Lediglich Material- und Laborkosten für das Abformmaterial und das Gipsmodell nach BEL 0010 sind berechnungsfähig.
• Ein Gegenkiefermodell (für die richtige Höhe des Aufbisses beim herausnehmbaren Lückenhalten) wird von den meisten KZVen nur im Einzelfall akzeptiert. Die standardmäßige Berechnung eines Gegenkiefermodels oder einer Wachstumsschraube bei der Herstellung eines Lückenhalters wird als nicht wirtschaftlich angesehen: Hier gilt es, das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten!
Ihre professionellen, teils komplexen und modernen kieferorthopädischen Behandlungen sollten sich immer in einer perfekten Honorar- und Laborabrechnung widerspiegeln. Verzichten Sie nicht auf Ihren wohlverdienten Umsatz. Bei der Abrechnung von KFO-Leistungen sollten Sie immer am Ball bleiben. KFO-Management Berlin unterstützt Sie gern dabei.
Kontakt
Dipl.-Kffr. Ursula Duncker
KFO-Management Berlin
Lyckallee 19
14055 Berlin
Tel.: +49 30 9606-5590
Fax: +49 30 9606-5591
info@kfo-abrechnung.de
www.kfo-abrechnung.de
Dieser Beitrag ist in den KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.