Marketing 07.08.2009
Marketing mit Konzept
Marketing in der Zahnarztpraxis im Sinne eines Marketings gegenüber dem Patienten wird ein immer wichtigerer Baustein jeder Praxisführung. Hinter jedem Marketingkonzept einer Praxis steckt das Ziel, Stammpatienten langfristig an die Praxis zu binden und neue Patienten für die Praxis zu gewinnen. In der heutigen Zeit, in der es auf dem Gesundheitsmarkt immer enger wird, kann sich eine Zahnarztpraxis kaum mehr erlauben, auf die Umsetzung eines umfassenden Marketingkonzepts zu verzichten.
Wie für alle anderen Ärzte auch war Werbung für Zahnärzte bis vor Kurzem grundsätzlich verboten. Schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts war es mit den standesrechtlichen Wertevorstellungen unvereinbar, dass Zahnärzte und Zahnarztpraxen aktiv Werbung betreiben. Nach ärztlicher Auffassung wurden mit dem Begriff Werbung zumeist unlautere und marktschreierische Reklame-Methoden verbunden, was zur Folge hatte, dass jegliche Information über Qualifikation und Leistungen der Zahnärzte im Rahmen der Musterberufsordnung unterbunden wurde. Werbung für Zahnärzte beschränkte sich daher in der Vergangenheit lediglich darauf, ein Praxisschild an die Eingangstür zu schrauben, welches einzig und allein auf die Existenz und die Sprechzeiten der Praxis hinweisen durfte. Die vielfältigen Restriktionen des Werbeverbots wurden schließlich im Rahmen einer umfassenden Reform gestrichen und in einer Generalklausel neu geregelt. Infolgedessen dürfen sich Zahnärzte heute in sachlicher Weise umfassend der Öffentlichkeit präsentieren. Dies schließt alle werblichen Maßnahmen ein, die der sachlichen und korrekten Information der Patienten über die Praxis und deren Leistungsangebot dienen. Es wäre allerdings ein erheblicher Irrtum anzunehmen, dass von nun an Zahnärzte schrankenlos werben dürfen. Denn mit den neuen Rechten zur Werbung sind den Zahnärzten gleichwohl neue Pflichten entstanden. Berufswidrige Werbung bleibt dem Zahnarzt weiterhin untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. So unterliegen Zahnärzte nicht mehr nur den Regelungen der Musterberufsordnung, sondern auch denen des allgemeinen Wettbewerbsrechts sowie des Heilmittelwerbegesetzes.
Die Notwendigkeit eines eigenen Marketingkonzeptes
Spätestens mit der Aufhebung des ärztlichen Werbeverbots ist der Markt für zahnärztliche Zusatzleistungen deutlich in Bewegung gekommen. Krankenkassen übernehmen mittlerweile nur noch die Kosten für Basisleistungen der zahnmedizinischen Versorgung und kürzen immer stärker die Zuschüsse für teure Zusatzleistungen, wie z.B. beim Zahnersatz. Im Zuge dessen werden Maßnahmen zur Prävention bzw. Gesunderhaltung der Zähne wie regelmäßige Prophylaxe in immer stärkerem Ausmaß von den Patienten nachgefragt. Ein gutes Marketing unterstützt die Praxis bei der Vermarktung solcher Selbstzahlerleistungen, indem es auf den Patientennutzen fokussiert und Vertrauen beim Patienten schafft. Die Folge sind motivierte Patienten, die für die Existenz einer Praxis von immenser Bedeutung sind.
Um auf das Leistungsangebot der Praxis und dessen Qualität aufmerksam zu machen, reicht das Prinzip der Mundpropaganda allein nicht mehr aus. Zahnärzte müssen mittlerweile selbst aktiv Marketing betreiben und ihr Leistungsangebot werblich präsentieren, um einerseits ihre betriebswirtschaftliche Situation aufzubessern und andererseits sich in ihrem individuellen Wettbewerbsumfeld erfolgreich zu behaupten. Wichtig hierbei ist, dass die gewählte Werbeform nicht aufdringlich wirkt, sondern den grundlegenden Anforderungen der Patienten gerecht wird. Diese Grundanforderungen sind mittlerweile nicht mehr nur auf das Bedürfnis nach umfassender und kompetenter medizinischer Hilfe beschränkt, sondern umfassen auch zunehmend den Wunsch nach Zuwendung, Information und Service. Praxismarketing geht daher mit seiner Wirkung über direkte, patientenbezogene Effekte hinaus. Patienten sprechen in ihrem persönlichen Umfeld über die Erfahrungen und Eindrücke, die sie im Zusammenhang mit der Praxis gesammelt haben. Teilweise ist der Einfluss, den sie auf ihr soziales Umfeld ausüben, so groß, dass es zu einem Nachahm-Effekt kommt. Man spricht in diesem Zusammenhang von Meinungsbildung. Ein erfolgreiches Praxismarketing greift diesen Effekt auf und führt zu einer Vervielfältigung positiver Eindrücke im Umkreis der Patienten.
Von der Ermittlung der Ausgangslage bis zum umfassenden Marketingkonzept
Hinter dem Begriff Praxismarketing steht ein Konzept, das Praxisleistungsangebot bewusst, zielgerichtet und geplant mit den Anforderungen der Patienten in Einklang zu bringen, um auf diese Weise die Ziele der Praxis schneller und einfacher zu erreichen. Ein umfassendes Marketingkonzept berücksichtigt alle Bereiche der Praxisarbeit: Von der Organisation der Praxisabläufe, über Führung der Mitarbeiter bis hin zur Ausstattung der Praxisräumlichkeiten sowie der Patientenbetreuung und Maßnahmen zur Patientenbindung. Sämtliche Maßnahmen, die zur Erreichung der Praxisziele eingesetzt werden, bezeichnet man als Marketinginstrumente. Diese können sowohl immateriell sein, wie z.B. die Art der Patientenkommunikation, als auch materiell, wie z.B. eine Informationsbroschüre, die auf die Besonderheiten und das Leistungsangebot der Praxis hinweist. Synergetische Effekte des Marketings können jedoch erst dann erzielt werden, wenn alle Marketingmaßnahmen wie Zahnräder eines Getriebes ineinander greifen. Man spricht dann vom sogenannten Marketing-Mix, bei dem die Wirkung der systematischen Kombination von aufeinander abgestimmten Marketinginstrumenten im Ganzen größer ist als die Wirkung eines jeden Marketinginstruments bei isolierter Betrachtung.
Bevor jedoch die für die Praxis geeigneten Marketinginstrumente entwickelt werden, empfiehlt es sich, eine umfassende Analyse der individuellen Situation der Praxis durchzuführen. Ein für diese Zwecke bewährtes Prinzip ist die SWOT-Analyse, bei der die internen Stärken (Strengths) und Schwächen (Weaknesses) sowie die externen Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats) der Praxis ermittelt und bewertet werden. Ein separates Prophylaxezimmer zum Beispiel kann eine Stärke der Praxis sein. Ein fehlendes patientengruppenbezogenes Prophylaxekonzept dagegen eine Schwäche. Ziel muss es in jedem Fall sein, die internen Stärken weiter auszubauen und im Umkehrschluss die internen Schwächen zu beseitigen. Externe Chancen werden in die Marketingplanung integriert, wohingegen die Abhängigkeit von externen Risiken nach Möglichkeit minimiert werden sollte.
Im Anschluss an die Analyse der Ausgangslage gilt es im Rahmen der Marketingforschung das Potenzial der Praxis bei der Vermarktung bestimmter Selbstzahlerleistungen zu ermitteln. Von besonderem Interesse ist hierbei, welche Leistungen am stärksten zum Praxiserfolg beitragen können und welche Zielgruppen innerhalb des Patientenstamms für diese Leistungen am ehesten infrage kommen. Patientenstrukturanalysen und Patientenzufriedenheitsbefragungen gehören hierbei ebenso dazu wie Analysen hinsichtlich des Konkurrenzumfelds oder möglicher Kooperationen.
Beantwortet die Analyse der internen und externen Umfeldfaktoren noch die Frage „Wo befinde ich mich mit meiner Praxis?“, befasst sich die Festlegung der Marketingziele mit der Frage „Wo will ich mit meiner Praxis hin?“. Marketingziele sind vorweggenommene Vorstellungen über das Ergebnis der Marketingarbeit und helfen, die Marketingarbeit zu koordinieren, zu steuern und zu kontrollieren. Sie sind für jede Praxis individuell zu definieren, können sich im Zeitverlauf jedoch verändern. Wichtig bei der Zielfestlegung ist, dass es sich um konkrete, realistische und messbare Größen handelt, die es in einem im Vorfeld festgelegten Zeitrahmen zu erreichen gilt. Eine Zielsetzung, die diese Kriterien erfüllt, könnte zum Beispiel lauten: „In den nächsten zwölf Monaten soll sich der Umsatz der Praxis bei Prophylaxe-Selbstzahlerleistungen im Vergleich zum Vorjahr um 10% steigern.“
Nachdem die Ziele der Praxis definiert sind, wird im Rahmen der Marketingstrategie festgelegt, wie diese Ziele letztlich erreicht werden sollen. Eine wichtige Frage, die im Rahmen dieses Prozesses beantwortet werden muss, ist die Frage nach der Identität bzw. Positionierung der Praxis. Die Positionierung einer Praxis steht für ein ganz bestimmtes Bild, das Patienten von ihrem Zahnarzt und der Leistungsqualität der Praxis gewonnen haben. Sie ist gleichbedeutend mit dem positiven Gesamteindruck, welcher die Praxis von anderen Praxen differenziert. Es sind oft nicht nur die harten medizinischen Fakten, sondern auch Aspekte wie die Praxisatmosphäre, die Art der Patientenbetreuung, die Ablauforganisation oder das Dienstleistungs- und Serviceangebot, die im Rahmen der Mund-zu-Mund-Propaganda an Dritte weitergegeben werden und auf diese Weise bei diesen wieder ein Bild der Praxis entstehen lassen. Die Frage nach der geeigneten Positionierung der Praxis ist demnach gleichbedeutend mit der Frage, warum sich der Patient ausgerechnet in dieser Praxis behandeln lassen soll. Derjenige Zahnarzt, der seine Praxis eindeutig positioniert hat, hat klare Wettbewerbsvorteile gegenüber seiner Konkurrenz.
Nach der Bestimmung der Positionierung der Praxis gilt es den Einsatz der verschiedenen zur Auswahl stehenden Marketinginstrumente zu definieren. Grundsätzlich können Marketinginstrumente in allen nachfolgend aufgezählten Kontaktphasen zwischen Praxis und Patient eingesetzt werden:
- beim Erstkontakt bzw. bei der Bekanntmachung der Praxis
- bei der Vereinbarung eines Termins
- beim Aufbau eines Außen- und Inneneindrucks der Praxis
- beim Empfangsbereich der Praxis
- beim Kontakt mit den Mitarbeitern der Praxis
- bei der Form und Gestaltung der Korrespondenz der Praxis
- beim Service und Komfort im Wartebereich
- beim Kontakt mit dem behandelnden Arzt
- bei der Verabschiedung durch den Arzt und das Praxispersonal.
Insbesondere beim Erstkontakt mit potenziellen neuen Patienten gilt ein einfacher Grundsatz: Wenn die Patienten die Praxis nicht kennen, muss die Praxis als solche und das, wofür sie steht, bekannt gemacht werden. Hierfür stehen einerseits die typischen Informationsmedien wie Arztsuchdienste, eine eigene Praxis-Broschüre, Praxis-Zeitungen und Newsletter, Presseartikel und mittlerweile auch Anzeigen zur Verfügung. Aber auch vergleichsweise neue Medien wie das Internet halten inzwischen vermehrt Einzug in die Marketingkonzepte von Zahnarztpraxen. Galt eine eigene Praxis-Homepage noch vor wenigen Jahren als überflüssige Spielerei, hat die Bedeutung dieses Mediums in der Zwischenzeit deutlich zugenommen. Das Internet als eines der wichtigsten Informationsmedien der heutigen Zeit genießt eine weiterhin steigende Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung und erfährt eine zunehmende Verbreiterung auch innerhalb der medizinischen Fachkreise. Eine eigene Homepage lohnt sich für eine Praxis daher nicht nur aus Gründen eines positiven und fortschrittlichen Imagetransfers, sondern auch zum Zwecke der gezielten Unterstützung von Weiterempfehlungen und der Präsentation des Leistungsangebots der Praxis.
Ein wesentlicher Punkt bei der Gestaltung aller Marketinginstrumente ist die Entwicklung und strikte Einhaltung eines Corporate Designs. Angefangen vom Logo sowie allen Formen der Korrespondenz bis hin zur Gestaltung der Praxisräume und der Praxiseinrichtung, bezeichnet das Corporate Design die allumfassende visuelle Klammer für alle Gestaltungselemente der Praxis. Es dient der visuellen Identifizierung und Differenzierung der Praxis und stellt ein Marken- und Gütezeichen der Praxis dar. Ein Corporate Design ist damit das stärkste aller visuellen Erkennungsmerkmale einer Praxis und sollte als einmal festgelegtes Erscheinungsbild nach Möglichkeit nicht mehr verändert werden. Schließlich wird es durch seine Kontinuität und gleichförmige Wiederholung im Bewusstsein der Patienten langfristig verankert.
Wichtigste Voraussetzung ist die Einsicht etwas ändern zu müssen
Für die Entwicklung und die Umsetzung eines individuellen Marketingkonzepts benötigt man kein besonderes Talent. Es ist viel eher die individuelle Bereitschaft, bestimmte Dinge im Praxisablauf und natürlich auch das eigene Verhalten zu ändern, die von entscheidender Bedeutung ist. Vielen Zahnärzten fehlt jedoch leider immer noch diese Einsicht: „Schließlich ging es in der Vergangenheit doch auch ohne Werbung …“ Dass Wettbewerber im unmittelbaren Umfeld jedoch bereits ein umfassendes Marketingkonzept erfolgreich implementiert haben und damit eine ernsthafte Bedrohung für die eigene Praxis darstellen können, wird oftmals verdrängt. Andere Zahnärzte zögern noch, da sie sich einerseits nicht sicher sind, was nach der Aufhebung des Werbeverbots überhaupt gestattet ist und was nicht. Andererseits scheuen sie oftmals den zeitlichen Aufwand, den die Planung, Entwicklung und Umsetzung einer Marketingstrategie möglicherweise mit sich bringen kann. Aus diesem Grund empfiehlt sich der Einsatz professioneller Agenturen, die sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Implementierung eines Marketingkonzepts helfen können.
Peter Bischoff, Unterschleißheim