Praxishygiene 26.08.2013
Der Amalgamabscheider
Stehen recycelte Amalgamauffangbehälter und Hygiene in Widerspruch? Und ist es tatsächlich so, dass die Austauschintervalle der Auffangbehälter immer kürzer werden? Der nachfolgende Artikel gibt wichtige Hinweise sowie Tipps und Tricks für die Praxis.
Schwester Hilde hat gerade den Telefonhörer aufgelegt. Der Termin mit dem Patienten ist eingetragen. Jetzt muss sie dringend den Behälter aus dem Amalgamabscheider wechseln. Schwester Hilde wundert sich, da sie doch den Behälter erst vor zwei Wochen getauscht hat. Früher hielt der Behälter bestimmt vier Monate. Die Pause der Praxis ist gleich vorbei und dann geht der Patientenbetrieb wieder weiter. Solange der Behälter nicht getauscht ist, funktioniert die Absaugung nicht, und dann kann auch nicht gearbeitet werden.
Schnell zieht sie sich ein paar Einweghandschuhe an und entnimmt den gefüllten Behälter aus dem Amalgamabscheider. Den Austauschbehälter hatte sie sich schon bereitgestellt, bevor das Telefon klingelte. Da hatte sie noch keine Handschuhe an. Jetzt setzt sie den leeren Behälter ein. Fertig. Den gefüllten Behälter verschließt sie, indem sie den Deckel zudrückt. Dann geht sie damit in den Abstellraum und packt ihn ins Regal. Wenn der Entsorger kommt, nimmt er die gefüllten Abscheiderbehälter mit und überlässt in gleicher Zahl leere Behälter, die recycelt wurden.
So oder so ähnlich erfolgt dieser Arbeitsschritt in vielen Zahnarztpraxen. Doch die Hygienekette ist schon unterbrochen, ohne dass Schwester Hilde sich dessen bewusst ist. Recycelte Amalgamauffangbehälter kommen nicht selten in einer Praxis zum Einsatz. Die Praxisbetreiber haben erkannt, dass man da den einen oder anderen Euro sparen kann. Warum auch nicht, muss ja nicht immer alles neu sein, oder? Der Einsatz von recycelten Amalgamauffangbehältern birgt im Bezug auf Hygiene, Funktionssicherheit und Gewährleistungsanspruch einige Risiken, die nachfolgend aufgezeigt werden sollen.
Hygiene
Die gefüllten Amalgamauffangbehälter werden von den Entsorgern entleert und gereinigt. Die Intensität der Reinigung ist von Entsorger zu Entsorger sehr unterschiedlich. Von einer minimalen Reinigung mit Wasser bis zu Reinigungsapparaturen, die mit Hochdruckstrahl arbeiten und im allerbesten Fall die Behälter mit einer Desinfektionslösung aussprühen, ist alles dabei. Mehr darf eine Praxis von einem recycelten Behälter nicht erwarten. Im Ergebnis sind die Behälter weder sauber noch keimfrei. Wer schon mal solche Behälter in der Hand hatte, sieht das nicht nur, er riecht es auch. Um keine Lücken in der Hygienekette in der Praxis aufzureißen, sollte also unbedingt darauf geachtet werden, dass
a. die recycelten Behälter nicht neben Sterilgut, Verbrauchsmaterialien oder sonstigen hygienisch einwandfreien Produkten gelagert werden,
b. der Umgang mit den Behältern stets und ausschließlich mit Einweghandschuhen erfolgt und
c. dass der Prozess im Hygieneplan dokumentiert wird, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter diese Vorgaben befolgen.
Funktionssicherheit
Führende Hersteller von Amalgamabscheidern haben ihre zugehörigen Auffangbehälter als Einwegbehälter deklariert. Und das aus gutem Grund. So sind z. B. die Rotoren für den Sirona-Amalgamabscheider aus technischen Gründen nicht recycelbar.
Die vier verschiedenen Auffangbehälter des Herstellers Dürr Dental sehen auf den ersten Blick hinsichtlich ihrer Konstruktion schon mal etwas einfacher aus. Doch auch hier birgt die Wiederaufbereitung der Behälter so einige Risiken. Die Behältererkennung funktioniert zum Teil magnetisch. Geht der Magnet bei der Aufbereitung verloren, so meldet der Amalgamabscheider trotz eingesetztem Auffangbehälter eine Störung.
Saubere und flexible Dichtungsringe sind wichtig, damit die amalgamhaltige Flüssigkeit während des Betriebes und beim späteren Transport nicht auslaufen kann. Und auch der eingesetzte Kunststoff ist inzwischen nicht mehr für eine Mehrfachverwendung konzipiert. Bei allen drei Punkten kann es beim Recyclingprozess zu Schäden am Behälter kommen. Da der recycelte Behälter keinem Funktionstest unterzogen wird, bevor er an den Kunden ausgeliefert wird, findet dieser quasi in der Praxis statt.
Der Auffangbehälter von Metasys ist konstruktionstechnisch noch einfacher gestaltet. Hier ist jedoch zu beachten, dass der Abscheider mit einer optischen Füllstandsanzeige arbeitet. Wurde der Behälter in sensiblen Bereichen nicht einwandfrei gereinigt, funktioniert die optische Steuerung nicht. Dies hat zur Folge, dass der Amalgamabscheider ständig signalisiert, er sei voll, obwohl dies gar nicht der Fall ist. Der Kunststoffbehälter wird über die Zeit porös und die Dichtungen am Deckel undicht. Auch der Metasys-Behälter ist herstellerseitig nur zur Einmalverwendung vorgesehen und er wird bei den Entsorgern keinem Funktionstest unterzogen. Es gibt keine allgemeingültigen Qualitätsanforderungen zum Recyceln dieser Behälter. Häufig werden die Behälter zig-fach gereinigt und wieder in Verkehr gebracht.
Man kann klar zusammenfassen: Wer Behälter aus Amalgamabscheidern recycelt, obwohl diese seitens des Herstellers als Einwegbehälter deklariert sind, muss auch Einbußen bei der technischen Sicherheit in Kauf nehmen. Die Auswirkung auf Gewährleistungsansprüche wird im Folgenden näher erläutert.
Gewährleistungsansprüche
Wer hat eigentlich den Schaden, wenn ein recycelter Behälter zu Funktionsstörungen führt? Hat der Praxisbetreiber Anspruch auf Reparatur bzw. Ersatz und bestehen bei z. B. Wasserschäden Schadenersatzansprüche? Legt der Hersteller des Amalgamabscheiders bzw. des entsprechenden Auffangbehälters fest, dass der Behälter ein Einwegartikel ist, so bestehen bei einem Schadensfall, der zurückzuführen ist auf einen recycelten Behälter, keine Gewährleistungs- oder gar Schadenersatzansprüche gegenüber dem Hersteller.
Nun stellt sich die Frage, ob ggf. Ansprüche gegenüber dem Recyclingbetrieb bestehen. Hier sind zwei Fallkonstellationen zu betrachten. Würde der Praxisbetreiber seinen eigenen Behälter, den er zur Entsorgung abgegeben hat, wiederbekommen, so ist die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen weitestgehend ausgeschlossen. Der Praxisbetreiber hat den Entsorger mit der Entleerung und Reinigung des Behälters beauftragt. Der Entsorger kommt seiner Pflicht nach und gibt den Behälter wieder an die Praxis zurück. Während des gesamten Prozesses bleibt der Praxisbetreiber Eigentümer des Behälters. Er handelt auf eigene Verantwortung und muss bei Schäden selbst dafür aufkommen.
In der Realität jedoch erhalten die Praxen eben nicht ihren eigenen Behälter zurück, sondern irgendeinen anderen Behälter, der recycelt wurde. Hier ist die Rechtslage anders. In diesem Fall erwirbt die Praxis vom Entsorger einen Behälter (hier recycelt) und damit übernimmt der Entsorger auch sämtliche Pflichten, die mit dem Verkauf eines Medizinproduktes einhergehen. Verursacht der recycelte Behälter nun Störungen, hat der Betreiber alle Rechte, als hätte er einen neuen Behälter gekauft. Ob die Praxis ihren Anspruch gegenüber dem Entsorger durchsetzen kann, ist eine andere Frage. Letzten Endes muss der Praxisbetreiber entscheiden, an welchen Stellen er den Rotstift ansetzt.
TIPP
Wichtiger Hinweis für die zuvor genannten Ausführungen
Grundsätzlich ist zwischen zwei Arten von Amalgamabscheidern zu unterscheiden:
a. Amalgamabscheider und Auffangbehälter sind zwei separate Komponenten (Bsp.: Sirona, Metasys, Dürr Dental)
b. Amalgamabscheider und Auffangbehälter sind in einer Einheit dergestalt zusammengefasst, dass mit der Entsorgung des Auffangbehälters quasi auch der Amalgamabscheider entsorgt wird (SRAB, RASCH, AMALSED)
Im Fall b. werden technisch bedingt und vom Hersteller vorgeschrieben, der Behälter und damit der gesamte Amalgamabscheider gereinigt und wieder in Verkehr gebracht bzw. gereinigt und entsorgt.
Veröffentlichung aus der ZWP extra von Dürr Dental, enretec und W&H; RKI/Hygiene 1/2013.