Praxismanagement 03.11.2023

Alltag als PM – Was kann passieren und wie kann ich es lösen?



Alltag als PM – Was kann passieren und wie kann ich es lösen?

Foto: deagreez – stock.adobe.com

In den ersten drei Artikeln wurden die Grundlagen besprochen: Was brauchen alle Beteiligten für den Anfang? Wie kann der Start gelingen? Wie aber wird im Folgenden der Alltag einer Praxismanagerin aussehen? Mit welchen Fallstricken ist zu rechnen?

Im alltäglichen Geschehen einer Praxismanagerin kann einiges passieren. Viele starten hoch motiviert nach ihrer Fortbildung in den Praxisalltag, wollen es allen Beteiligten recht machen, haben unzählige Ideen und noch mehr Power. Jedoch sind dann nach einigen Monaten viele frustriert, weil sie merken, dass sich die Hürden so hoch anfühlen und der Alltag mehr Frust als Lust bringt. Welche Themen können wie gelöst werden?

Die Freunde sind verunsichert

Es ist Alltag in vielen Praxen: Alle sind sie wie eine Familie und oft entsteht untereinander eine enge Bindung. Oft fühlt es sich wie eine Freundschaft an und in vielen Fällen entstehen auch tatsächlich freundschaftliche Verbindungen. Man tauscht viel miteinander aus – auch sehr private Details, steht sich in guten wie in schweren Zeiten bei. Jeder hat seinen Platz in dem Team, man lacht miteinander und weiß, wie die andere so tickt. Nun macht eine Person aus dem Team, die vielleicht zuvor immer mal Abrechnungen gemacht hat oder an der Rezeption saß, die Fortbildung zur Praxismanagerin. Sie taucht damit in eine andere Welt ein, lernt dabei andere Menschen kennen, kriegt viele tolle Ideen und kehrt dann zurück in die Praxis. Sie hat gelernt, mehr im Sinne der Praxis zu denken und zu handeln. Sie hat auch gelernt, wie man ein Team führt, wie man Gespräche führt und (vielleicht auch) wie man Konflikte löst. Sie ist zur Führungskraft geworden – zumindest auf dem Papier. Die Feuertaufe kommt dann im Alltag. Ist es z. B. ihre Aufgabe, einer Kollegin und damit einer Freundin ihren Urlaubswunsch abzulehnen oder mit dieser ein kritisches Gespräch zu führen – dann fühlt es sich erstmal komisch an. Oft reagieren diese Kolleginnen mit Unverständnis und sagen Dinge wie: „Hey du bist doch meine Freundin – warum gibst du mir meinen Urlaub nicht?“ Oder – im Falle eines kritischen Gesprächs – hört die Praxismanagerin Sätze wie: „Das finde ich echt blöd, dass du mir so etwas sagst.“ Beide sind also verunsichert und vielleicht auch enttäuscht voneinander. So wie es jetzt der Praxismanagerin geht, geht es übrigens allen Führungskräften, die aus einem Team heraus zur Führungskraft werden. Diese Verunsicherung besteht auf beiden Seiten und resultiert daraus, dass beide nun in neuen Rollen miteinander kommunizieren. Zur Rolle Kollegin und Freundin kommt jetzt noch die Rolle Führungskraft hinzu. Und genau das ist ein erster und wichtiger Lösungsansatz: genau dies zu sagen, wenn man z. B. über die Absage des Urlaubswunsches spricht. So kann die Praxismanagerin die Gründe nennen, warum der Urlaub nicht möglich ist (an diesen Tagen sind schon andere im Urlaub und wir brauchen dich in der Assistenz), und erklären, welche Regeln sie dabei beachtet hat (wir haben die Vereinbarung in unserer Praxis, dass pro Behandler immer mindestens eine Assistenz da ist) und welche Möglichkeiten es eventuell gibt (du könntest eine der Kolleginnen fragen, ob sie tauschen möchten). Hier hilft auch der Hinweis, dass man sich an die Regeln der Praxis hält und niemanden bevorzugen oder benachteiligen möchte. So eine Einsicht dauert lange und wächst mit der Menge der Erfahrungen, die die Kolleginnen machen.

Die Praxismanagerin erfährt nicht mehr alles

Vertrauen muss wachsen und kann nicht eingefordert werden. Das Vertrauen, was sich zuvor über eine lange Zeit aufgebaut hat, unter den Kolleginnen und der neuen Praxismanagerin, kann sich schnell abbauen. Beide Seiten müssen damit leben lernen. Die Praxismanagerin muss lernen und akzeptieren können, dass ihre Kolleginnen nicht mehr alles mit ihr teilen. Es ist ja keine Ablehnung ihrer Person, sondern lediglich ihrer (neuen) Rolle. Und die Erfahrung zeigt: Wenn die Kolleginnen merken, welche Erleichterung eine Praxismanagerin auch für sie hat UND wenn sie die Erfahrung machen, dass sie ihrer Freundin weiterhin alles anvertrauen können – dann kommt das Vertrauen wieder zurück. Darauf zu beharren oder enttäuscht zu sein, ist der falsche Weg. Stattdessen hilft es, wenn beide Seiten offen darüber reden. So kann die Praxismanagerin auch sagen, welche Vorteile ihr Job für das Team (und damit die Kollegen) hat: Jede Mitarbeiterin hat nun eine feste Ansprechpartnerin für ihre Wünsche und Fragen – was die Praxisleitung selbst oft nicht mehr hat. Die Praxismanagerin kann sich für ihre Wünsche und Positionen bei der Praxisleitung einsetzen. Sie hat sozusagen einen Fürsprecher gefunden. Auch gehen nun bestimmte Prozesse und Entscheidungen schneller als zuvor. Es gibt also eine Menge Vorteile für das Team, wenn es eine Praxismanagerin gibt. Das zu wissen und zu erfahren ist einer der Gründe, weshalb das Vertrauen irgendwann wieder zurückkommt.

Loyalität ist das Fundament

Wenn die Praxismanagerin in ihren Gesprächen mit einem Mitarbeiter etwas Unangenehmes oder Schamhaftes über Kollegen erfährt (z. B. eine anstehende Kündigung oder Abmahnung), so ist es ihre Aufgabe darüber zu schweigen. So etwas fällt schwer – besonders zu Beginn der Laufbahn. Manchmal wühlt es einen auch auf und man kann sich mit der Praxisleitung austauschen, aber nicht mit den Freundinnen. Das darf man auch nicht – Verschwiegenheit ist eine hohe Kunst und gleichzeitig die Grundlage für diesen Job. Was also nun tun, wenn man etwas weiß, was einen beschäftigt? Der Austausch mit der Praxisleitung oder mit komplett Unbeteiligten, von denen man weiß, dass diese schweigen können, kann helfen. Vielleicht kennt man auch noch jemanden aus der Fortbildung, der einem helfen kann? Anderen hilft es, über solche Dinge ein Tagebuch zu führen. So merkt man, wie man im Laufe der Zeit stärker und sicherer wird. Die Erfahrung zeigt: Man gewöhnt sich im Laufe der Zeit an diese Bürde.

Die Kollegen haben Recht – Wie verhalte ich mich?

Auch solche Situationen sind Alltag und immer wieder eine Herausforderung. Die Praxisleitung beschließt oder verkündet etwas und alle im Team sind darüber erbost, verärgert oder lehnen es ab. Sie berichten dies der Praxismanagerin. Auch die Praxismanagerin findet die neue Regelung unklug oder unpassend. Vielleicht hat es auch negative Auswirkungen für sie selbst? Soll sie sich jetzt auf die Seite der Kollegen schlagen und gegen die neue Regelung wettern? Andererseits ist es ihr Job, diese Regelung im Team zu verteidigen, weil sie ja die Vertretung der Praxisleitung ist. Hier hilft es, versöhnliche und klare Worte zu finden: Ich kann einerseits euren Ärger nachvollziehen, aber die Praxisleitung hat es so entschieden und daher setzen wir nun gemeinsam diese Regelung um. Vielleicht hilft es der Praxismanagerin dann, nochmal mit der Praxisleitung zu sprechen und um Argumente für die Regelung zu bitten? Wenn sie einige Argumente für die neue Regelung hat, dann kann sie diese dem Team besser erklären. Sie kann dann auch erklären, WARUM diese Regelung umgesetzt werden soll, weil sie diese nun selbst auch besser versteht. Nie darf sie in Gegenwart der Kollegen Anweisungen der Praxisleitung lächerlich machen oder in Zweifel ziehen. Sie schadet nicht nur dem Ansehen der Praxisleitung, sondern auch der eigenen Autorität.

Der Job als Praxismanagerin ist verantwortungsvoll, spannend und motivierend. Man hat einen großen Wirkungskreis, weil man viel steuern, motivieren, beeinflussen, voranbringen kann. Und man reift mit dieser Rolle. Man kann dann mehr werden als nur eine Freundin, sondern eine echte Hilfe für das Team und für die Praxisleitung.

Dieser Beitrag ist im PJ Prophylaxe Journal erschienen.

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