Praxismanagement 06.04.2021

Auswirkungen der Pandemie – ein Rück- und Ausblick

Auswirkungen der Pandemie –  ein Rück- und Ausblick

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Die Coronapandemie hat die Zahnarztpraxen mangels Schutzschirm während des Lockdowns im Frühjahr vergleichsweise hart getroffen. Doch mit Blick auf die relativ krisensichere Nachfrage nach zahnmedizinischen Leistungen besteht Aussicht auf eine Stabilisierung der Branche nach Abklingen der Pandemie. In diese Richtung deuten auch die jüngsten Umsatzdaten. Dennoch wird die Coronakrise in der Dentalbranche wohl noch länger Spuren hinterlassen.

Bei Beginn der Pandemie war zu den Übertragungswegen und -risiken des Virus nur wenig bekannt. ­Behandlungen im Mund- und Rachenraum wurden ­in Bezug auf die Ansteckungsgefahr als besonders kritisch gesehen. Obwohl die Praxen zumeist für ihre Patienten erreichbar blieben, reduzierten sie die Sprechzeiten deutlich. Dies geschah einerseits auf Empfehlung der zahnärztlichen Körperschaften, andererseits jedoch auch aufgrund von Terminabsagen durch die Patienten, Schwierigkeiten mit der ­Beschaffung von Schutzausrüstung oder wegen Personalmangels in der Praxis. Hinzu kommt: Viele der niedergelassenen Zahnärzte zählen selbst zur Risikogruppe. In den alten Bundesländern sind, laut aktuellen Zahlen der Bundeszahnärztekammer für 2019, 36 Prozent der Zahnärzte 55 Jahre und älter, in den neuen sogar 47 Prozent.

Während niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser als systemrelevant eingestuft und für ihren Umsatzausfall entschädigt wurden, mussten sich die Zahnärzte mit einem „Schutzschirm light“ in Form von ­Kredithilfen begnügen. Zwar wurde den niedergelassenen Zahnärzten für 2020 und 2021 die Auszahlung von 90 Prozent ihrer Gesamtvergütung des Jahres 2019 garantiert, letztendlich müssen sie jedoch die den tatsächlichen Honorarumsatz übersteigenden Honorarzahlungen wieder vollumfänglich in den Jahren 2022 und 2023 zurückzahlen. Zumindest wurde für 2021 und 2022 die Vergütungsobergrenze außer Kraft gesetzt, was den Zahnärzten die Vergütung der erwarteten Nachholeffekte sichert.

Entwicklung von Umsatz und Leistungs­erbringung während der Coronapandemie

Im Zeitraum März/April 2020 brach bei den nieder­gelassenen Zahnärzten laut ersten Ergebnissen des Forschungsprojekts COVID-GAMS der Umsatz im Schnitt um rund 55 Prozent ein, was in etwa dem Rückgang der Patientenzahlen entsprach (im Ver­gleich: niedergelassene Ärzte: 29 Prozent). Dabei waren die verschiedenen zahnmedizinischen Leistungsbereiche unterschiedlich stark betroffen: Während Akutfall­behandlungen nur marginal zurückgingen, waren andere Bereiche deutlich stärker rückläufig (Abb.1).

Bei den Privatleistungen zeigten sich wesentlich größere Umsatzrückgänge als bei den gesetzlichen Kassenleistungen. 77 Prozent der Zahnarztpraxen nutzten die Möglichkeit, für ihre Mitarbeiter Kurzarbeit anzu­melden (Arztpraxen: 10 Prozent). Der „solvi Leistungsindex in der Coronavirus-Pandemie“ (SLIC) beleuchtet fortlaufend die Entwicklung der Kassen- sowie Privat­honorare niedergelassener Zahnärzte (Abb. 2). Nach einem starken Leistungsrückgang während des ersten Lockdowns fand im Jahresverlauf eine deutliche Er­holung statt, welche die starken Umsatzrückgänge im Frühjahr wieder weitgehend kompensierte. Wie die ­Ergebnisse der zweiten Befragungswelle im Rahmen der COVID-GAMS (Befragungszeitraum November ­bis Dezember 2020) belegen, reagieren Patienten wie Praxen trotz steigender Inzidenzzahlen mittlerweile gelassener. Auch wenn Terminanfragen im Befragungszeitraum deutlich zurückgingen, wurden bereits vereinbarte Termine weitgehend wahrgenommen, und auch die Praxen hielten ihr Behandlungsangebot größten­teils weiter aufrecht (Abb. 3). So wurden Prophylaxe­behandlungen von rund 93 Prozent der Zahnarztpraxen weiterhin angeboten. Gleiches galt für Zahnersatzbehandlungen (ca. 97 Prozent) sowie für kieferortho­pädische Behandlungen (rund 96 Prozent). In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr entwickelte sich der Umsatz aufgrund der erneuten Kontaktbeschränkungen sowie der Feiertage allerdings wieder deutlich rückläufig. Dennoch summiert sich der von solvi berechnete Umsatzrückgang der Zahnärzte für das Gesamtjahr 2020 nur auf rund ein Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der überwiegende Teil der Zahnärzte scheint somit trotz zeitweilig starker Leistungseinbrüche das Jahr ohne (größere) Verluste abgeschlossen ­zu haben. Im Sommer 2020 war man noch von einem deutlich stärkeren Jahresumsatzeinbruch von 3 bis 5 Prozent ausgegangen. Das neue Jahr startete dann sogar mit höheren Indexwerten als im Vorjahr vor ­Beginn der Coronakrise. Ausgehend von einer zunehmenden Durchimpfung dürfte sich die Inanspruchnahme zahnmedizinischer Leistungen und somit die Lage der Zahnärzte weiter normalisieren.

Auswirkungen der Krise zeigen sich auch bei der Ausbildung

Obwohl die Zahnärzte inzwischen wieder merklich optimistischer in die Zukunft blicken, hat sich die ­Unsicherheit vom ersten Halbjahr 2020 bereits laut Angaben der Bundeszahnärztekammer in einer spürbar geringeren Zahl neuer Ausbildungsverhältnisse (Abnahme um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr) beim Praxispersonal manifestiert. Dies dürfte den ­ohnehin bestehenden Fachkräftemangel weiter verschärfen. Selbst wenn der überwiegende Teil der Zahnarztpraxen bislang vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen ist, hat es einige auch ­hart getroffen, beispielsweise Praxen mit vorwiegend älterem Patientenstamm oder solche mit hohen ­Kreditbelastungen (insbesondere bei Praxislagen in Regionen mit höheren COVID-19-Inzidenzen). Pra­xisgründer können allerdings aufatmen. Für diese Gruppe hat der Gesetzgeber inzwischen nachge­steuert: Gründer, die sich zwischen 2019 und 2021 neu niedergelassen haben, erhalten eine nicht zu­rückzuzahlende Förderung aus dem Strukturfonds.

Weitere Kriseneffekte sind unter anderem mit Blick auf die künftigen Unwägbarkeiten sowie auf die in ­Zusammenhang mit der Pandemie stehenden zu­sätzlichen organisatorischen und bürokratischen Belastungen möglich. So wäre es denkbar, dass einige der niedergelassenen Zahnärzte im Rentenalter von ihrem ursprünglichen Plan, noch ein paar Jahre länger im Berufsleben zu verbleiben, nun doch wieder Abstand nehmen. Dies würde eine Verstärkung des ohnehin bestehenden Überangebots an abzugebenden Praxen zur Folge haben, was die Übernahmepreise drücken und einige Private-Equity-Investoren in ­Aktion treten lassen dürfte. Ein positiver Nebeneffekt der Krise ist der Digitalisierungsschub, der auch in der Dentalbranche festzustellen ist – beispielsweise ­in den Bereichen Praxisverwaltung, Einkauf oder
auch bei der Nutzung telemedizinischer Angebote ­
wie Videosprechstunden.

Weitere Informationen zum Dentalmarkt und zur aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung bei den Heilberufen finden sich unter www.e-marktwissen.de

Autorin: Verena Heinzmann, www.rebmann-research.de

Der Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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