Praxismanagement 15.05.2025
EU AI Act: Was Zahnarztpraxen jetzt wissen müssen
KI im Praxisalltag: Weshalb Zahnarztpraxen betroffen sind
Künstliche Intelligenz hat in vielen Zahnarztpraxen bereits Einzug gehalten, oftmals ohne dass dies im Detail reflektiert wurde. Dabei sind die Einsatzmöglichkeiten vielfältig und reichen von der Patientenkommunikation über Verwaltungstätigkeiten bis hin zur Diagnostik. Ein klassisches Beispiel ist der Einsatz von Sprachmodellen wie ChatGPT für die Erstellung von Praxisbriefen an Patienten oder Krankenkassen. Auch das Verfassen von Arbeitszeugnissen oder Texten für Social-Media-Plattformen erfolgt zunehmend unter Zuhilfenahme von KI-Tools. In vielen Fällen unterstützen solche Systeme auch bei der Beantwortung von Bewertungen oder beim Texten von Newslettern. Im medizinischen Bereich findet die künstliche bzw. generative Intelligenz Anwendung bei der Analyse von Röntgenbildern (beispielsweise hinsichtlich der Kariesfrüherkennung) oder zur Beurteilung des Parodontalstatus‘. Ebenso helfen Programme bei der Planung von Implantaten oder schlagen automatisiert Behandlungsoptionen vor. Auch in der Abrechnung kommen zunehmend Tools zum Einsatz, die Leistungen aus der (mittlerweile auch gesprochenen) Dokumentation erkennen oder Heil- und Kostenpläne optimieren. All diese Beispiele zeigen: KI ist bereits heute in nahezu jeder Zahnarztpraxis präsent. Demnach fallen diese unter die Anforderungen des EU AI Acts.
Artikel vier des EU AI Acts: Fachwissen ist Pflicht
Ein zentraler Punkt der Verordnung ist Artikel vier. Dieser verpflichtet auch Anwender von KI-Systemen, sicherzustellen, dass alle mit KI arbeitenden Personen über ausreichende Kenntnisse im Umgang mit der jeweiligen Technologie verfügen. Das betrifft sowohl Zahnärztinnen und Zahnärzte, die KI-gestützte Diagnosetools verwenden, als auch zahnmedizinische Fachangestellte, Verwaltungsmitarbeiterinnen sowie Praxismanager.
So muss eine Zahnärztin, die eine Software zur Analyse von Röntgenbildern nutzt, nicht nur das medizinische Ergebnis bewerten, sondern auch verstehen können, wie die KI zu ihrer Empfehlung gelangt ist. Eine ZMV, die KI-basierte Textgeneratoren für Korrespondenz verwendet, muss beurteilen können, ob Inhalte korrekt sowie datenschutzkonform erstellt wurden und wie dies entsprechend gekennzeichnet wird. Auch die Auswahl von KI-Tools, die Integration in Arbeitsprozesse und die Einhaltung rechtlicher Vorgaben fallen in den Aufgabenbereich des Praxisteams. Hier sind also alle Beteiligten gefragt, sich kompetent und verantwortungsvoll aufzustellen.
Wissen schützt vor Sanktionen und schafft Sicherheit
Vor diesem Hintergrund ist eine umfassende und zielgerichtete Schulung des gesamten Praxisteams unerlässlich. Denn Unwissenheit schützt nicht vor Konsequenzen. Im Zweifelsfall haftet der Praxisinhaber. Speziell auf diese Themen konzipierte Fortbildungen vermitteln nicht nur die Grundlagen des EU AI Acts, sondern vertiefen insbesondere die Anforderungen des Artikels vier.
In solchen Schulungsmaßnahmen muss erläutert werden, welche KI-Systeme in der Zahnmedizin relevant sind, wie mit ihnen korrekt umgegangen wird und wie die notwendigen Kompetenzen dokumentiert werden können. Ziel einer solchen Schulungsmaßnahme oder eines individuellen Praxisworkshops muss es folglich sein, das gesamte Praxisteam so aufzustellen, dass alle Anforderungen rechtskonform erfüllt werden.
Qualifizierte Fortbildungsinstitute und Referenten können Teilnehmenden nach dem Workshop-Abschluss ein Zertifikat ausstellen, welches die erlangten Kenntnisse nachweist und somit ein wichtiges Dokument für die interne Qualitätssicherung (Stichwort: Qualitätsmanagement-Handbuch) darstellt. Darauf wird im Folgenden näher eingegangen.
KI-Richtlinie im QM-Handbuch: Pflichtdokumentation für jede Praxis
Neben der Schulung der Mitarbeitenden verlangt der EU AI Act auch eine Dokumentation der eingesetzten Systeme und deren verantwortungsvollen Umgang. Diese Dokumentation sollte Teil des Qualitätsmanagement-Handbuchs der Praxis sein. Eine solche KI-Richtlinie beschreibt konkret, welche Systeme zum Einsatz kommen, in welchen Arbeitsbereichen sie verwendet werden, welche Schulungen erfolgt sind und wie der Umgang mit möglichen Risiken gestaltet ist. Auch der Nachweis der Patiententransparenz – etwa durch einen Hinweis auf KI-generierte Inhalte – sollte hier dokumentiert werden. Die Integration dieser Punkte in das bestehende QM-System schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern stärkt auch das Vertrauen von Patienten und Mitarbeitenden. Im Rahmen geeigneter Fortbildungen sollten Praxen auch bei der Erstellung dieser Richtlinie unterstützt werden. Dies kann mittels erprobter Vorlagen, konkreter Formulierungshilfen und der Anpassung an individuelle Praxisgegebenheiten erfolgen.
Jetzt aktiv werden für eine sichere und moderne Zahnarztpraxis
Der EU AI Act ist ein wichtiges Instrument für mehr Transparenz, Sicherheit und Verantwortlichkeit im Umgang mit künstlicher Intelligenz. Zahnarztpraxen stehen vor der Herausforderung, diese Anforderungen rechtzeitig und vollständig umzusetzen. Wer frühzeitig handelt, kann nicht nur rechtliche Fallstricke vermeiden, sondern auch die Vorteile digitaler Systeme sicher und gewinnbringend nutzen.