Praxismanagement 22.01.2016
Mediation und Praxiswert im Zugewinn
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Öffentliche „Geldverbrennung“
Zu den unerfreulichsten Ereignissen im Leben eines Freiberuflers, zu denen Ärzte, Zahnärzte und andere Freiberufler in ähnlichen Einrichtungen gehören, zählen Auseinandersetzungen in Ehescheidungsverfahren. Sie können, wenn nicht vertragliche Regelungen getroffen worden sind, die eine Gütertrennung vorsehen, gar nicht so selten die Existenz und damit die finanzielle Unabhängigkeit bedrohen. Werden zusätzlich Unterhaltszahlungen fällig, gerät unter Umständen die Zahlungsfähigkeit der Praxis in Gefahr.
W enn in den sehr häufig erbitterten Schlachten um den Zugewinnausgleich erst einmal die Gerichte bemüht wurden, wird im wahrsten Sinne des Wortes Geld „öffentlich“ verbrannt. Die Kosten gehen zumeist in fünfstellige Dimensionen, und das steigert sich noch maßgeblich, wenn die Parteien uneinsichtig sind und Rachefeldzüge über weitere Instanzen anzetteln, koste es was es wolle. Eine professionelle vorgeschaltete Mediation ist zumeist eine preiswerte Lösung. Sie erspart zwar nicht den Rechtsbeistand durch befähigte Anwälte, erspart aber jahrelangen Abrieb von Nerven und Geld und vor allem bleibende Zerwürfnisse.
Die Situation
Die Eheleute sind seit Jahren zerstritten. Der Streit eskaliert und die Ehefrau hat angekündigt, nunmehr die Scheidung einzureichen. Sie hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Die Forderungen differieren in erheblichem Ausmaß. Die Klägerin fordert einen hohen Zugewinn, wobei der Wert der Praxis Pi mal Daumen auf einen Betrag von circa 350.000 EUR geschätzt wird. Eine konkrete Berechnungsgrundlage dafür gibt es nicht. Der Antragsgegner behauptet, seine Praxis mit abgeschriebenem Anlagevermögen habe bestenfalls einen Gegenwert um die 125.000 EUR. Auch hier fehlen konkrete Zahlen. Er hat ebenfalls einen Familienrechtler eingeschaltet. Der Streit, noch nicht gerichtsanhängig, kann also noch bei richtiger Handhabung in eine geordnete Abwicklung gebracht werden. Aber wie? Zunächst einmal sei dargestellt, mit welchem Aufwand und welchen Belastungen gerechnet werden muss, wenn moderate und im Sinne eines jeden Beteiligten nutzbare Möglichkeiten außer Acht gelassen werden.
Kosten
Schon wegen der extrem differierenden Vorstellungen über den Praxiswert ist ein professionelles Wertgutachten eines unabhängigen und vereidigten SV unentbehrlich. Hinzu kommen die Kosten der beiden Rechtsanwälte, aber das wäre noch zu verschmerzen. Wie der Autor aus unzähligen Verfahren in Zugewinnausgleichsverfahren zu berichten weiß, kann es danach ernst werden, wenn nämlich vor der gerichtlichen Übernahme des Verfahrens keine Einigung erzielt werden konnte. Das zuständige Gericht wird in jedem Fall ein Gutachten einholen, was neben den Kosten des Gutachters und des Gerichts zu teilweise unliebsamen Verzögerungen im Verfahren führt. Wird ein nicht qualifiziertes Gutachten vorgelegt – zumeist von in diesem Metier nicht Bewanderten – und wird dagegen Einspruch erhoben, bleibt dem Gericht zumeist keine andere Wahl, als ein Gegengutachten einzuholen. Je nachdem, wie verfahren die ganze Sache ist, kann es dann zu einem weitergehenden Verfahren vor der nächsten Instanz kommen, die ein Obergutachten einfordert. Damit sind, um es einmal vorsichtig zu berechnen, im Extremfall neben den Kosten der Gerichte und der Rechtsvertreter alleine im Rahmen der Berechnung des Praxiswertes zwischen 25.000 bis 30.000 EUR „verbrannt“. Diese Summe kann sich locker verdoppeln, rechnet man die Verfahrenskosten hinzu. Einmal ganz abgesehen von der zeitlichen Beanspruchung, der physischen und psychischen Belastung und den familiären Zerwürfnissen, denen die ehemaligen Ehepartner, nicht zuletzt aber die Kinder, ausgesetzt sind.
Rechtsanwälte unentbehrlich
Zumeist ist es unumgänglich, dass jede Partei einen erfahrenen Familienrechtler bzw. eine Familienrechtlerin einschaltet, damit die eigenen Interessen gewahrt werden. Rechtsanwälte, denen an der zügigen Abwicklung des Verfahrens gelegen ist, begrüßen in aller Regel das Vorschalten der Mediation, weshalb seitens des Autors in konkreten Fällen für die Mediation auch die vertretenden Rechtsanwälte zu dem Mediationsgespräch eingeladen werden. Gleiches gilt für die entscheidenden Gerichte. Deren zeitliche Überlastung und die dadurch mitunter jahrelangen Verfahren können damit auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
Mediation
Mit einer vorgeschalteten Mediation wird das Ziel verfolgt, Verfahren abzukürzen, insbesondere aber die Kosten zu minimieren. Ein Mediator muss in der Lage sein, sich die streitbelasteten Vorträge jeder Partei genauestens anzuhören und auf eine mehr oder weniger einvernehmliche Lösung hinzuarbeiten. Das ist bekanntermaßen kein leichtes Unterfangen und verlangt vom Mediator Einfühlungsvermögen, insbesondere aber umfassende Kenntnisse auf dem beruflichen Fachgebiet, weil sonst jeder Ansatz einer Einigung von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Das Ziel wird selten sein, in einem Mediationsgespräch unmittelbar eine Lösung dergestalt anbieten zu können, den exakten Wert der Einrichtung vor Ort zu bestimmen. Das ist wegen der Vielschichtigkeit der in die Wertermittlung einzubeziehenden Determinanten schlicht unmöglich. Vielmehr besteht die Aufgabe darin, den Parteien aufzuzeigen, dass eine professionelle Praxiswertbestimmung unumgänglich ist. Dabei werden die Inhalte, Berechnungsgänge und Terminabsprachen zu einer Vor-Ort-Datenbestandsaufnahme dargelegt, damit jede Partei exakt darüber ins Bild gesetzt wird, dass keine der wesentlichen Determinanten zur Wertbestimmung außer Acht bleiben. Wird das erkannt, was der Verfasser dieser Abhandlung in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle bestätigen kann, wird mit einem Abschlussprotokoll festgehalten, dass sich die Parteien dem neutral ermittelten Wert eines vereidigten Sachverständigen unterwerfen. Da die Rechtsvertreter zumeist dem Gespräch beiwohnen, können sie die Vorgehensweise nachvollziehen und das Verfahren im Sinne der Parteien und der Gerichte beschleunigt abhandeln. An Kosten entstehen – im Gegensatz zu lange anhaltenden Verfahren – die Gebühren der Rechtsanwälte, des Mediators und eines Wertgutachtens. Sie dürften nur einen geringen Teil der Kosten ausmachen, die in jahrelangen Verfahren (siehe oben) ansonsten anfallen.