Praxismanagement 21.07.2025

TRAIN your BRAIN: Akzeptieren Sie, dass es nicht immer „nach oben“ geht!



Mit Sicherheit kennen Sie diese Momente, in denen alles schwerfällt. Es kann etwas völlig Banales sein wie zum Beispiel der Wechsel des Telefonanbieters oder überschneidende Urlaubsanträge zweier wich­tiger Mitarbeiter – es fehlt Ihnen einfach die Leichtigkeit und ge­wohnte Souveränität, damit umzu­gehen. Und anstatt die Themen in der Praxis zu lassen, tragen Sie sie auf schweren Schultern mit nach Hause. Unter Umständen geschieht dies sogar häufiger?!

TRAIN your BRAIN: Akzeptieren Sie, dass es nicht immer „nach oben“ geht!

Foto: Fukayamamo – unsplash.com

Grenzen des positiven Denkens

Man kann noch so gut mental trainiert haben, manchmal scheinen die Mittel nicht zu greifen, man ist deprimiert und hat Mühe, weiterzumachen. Doch heißt das sofort, dass man gescheitert ist? Keineswegs! Vor Kurzem begegnete mir eine Metapher,1 die einen herrlichen Bezug zu den herausfordernden Phasen unseres (Berufs-)Lebens herstellt und dessen Verinnerlichung sich außerdem gut als mentale Fitnessübung eignet.

Der Baum: Wurzelwerk und Früchte

War Ihnen bewusst, dass ein Baum in zwei Richtungen wächst? Er wächst gleichermaßen nach oben und nach unten. Besonders interessant daran ist, dass das Wurzelwerk des Baumes unter der Erde der Baumkrone über der Erde sehr stark ähnelt. Als „Gravitropismus“ wird das Wachstumsverhalten einer Pflanze als Reaktion auf die Schwerkraft bezeichnet. Das Wurzelwerk eines Baumes wächst positiv gravitrop, da es in den Boden hinein – also der Schwerkraft folgend – wächst. Der Teil des Baumes hingegen, der über der Erde wächst, wächst phototropisch und entgegen der Schwerkraft, da er Licht als Energiequelle und die Sonne als Orientierung nutzt.

Nehmen wir an, der Samen des Baumes gelangt in die Erde, dann wächst er zunächst stets nach unten. Hier ist es dunkel und feucht und es gibt sehr viel Widerstand. Die Wurzeln des Baumes müssen sich durch den Widerstand des Erdreichs hindurch­arbeiten, um immer weiter herunter zu gelangen, wo die besonders ergiebigen Nährstoffe lagern. Oberhalb der Erde sind keine vergleichbaren Widerstände. Der Baum orientiert sich dann einfach in Richtung des Lichtes. Soweit die Natur.

Was hat das mit Führung zu tun?

Diese Metapher lässt sich wunderbar auf das Berufsleben und den Entwicklungsweg von Führungskräften übertragen und stammt nicht zufällig von einem erfolgreichen Business Coach. Die Früchte unserer Arbeit, also das Wachstum des Baumes der Sonne entgegen, sichtbar zu machen, ist nicht schwer. Für Außenstehende sind sie das Erste, was sie von uns wahrnehmen. Durch die Möglichkeit der Positionierung und Selbstdarstellung auf sozialen Medien wird dieser Effekt noch zusätzlich verstärkt. Für andere unsichtbar aber bleibt unsere Arbeit im Dunklen. Die gravitrope Reise, die wir auf uns nehmen, wenn die Widerstände groß sind und die Herausforderungen überwältigend scheinen, bleibt oftmals verborgen. Dabei ist diese Reise, die das Fundament ausbaut und stärkt, genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als die offensichtlichen, leicht nachvollziehbaren Etappen und Erfolge.

To go up, you need to go down

Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass wir danach streben, nach den Sternen zu greifen, üppige Baumkronen bewundern und gerne reife Früchte ernten. Das eine geht jedoch nicht ohne das andere. Sind wir, insbesondere die Führungskräfte unter uns, nicht bereit, entgegen allen Widerständen in die Tiefe zu wachsen, dann werden unsere Baumkronen nicht die Basis haben, emporzusteigen, um sich von anderen zu unterscheiden.

Das Training

  • Punkt 1: Identifizieren Sie Ihre gravitropen Herausforderungen. Das können komplexere Problemstellungen, für deren Lösung, auch wenn Sie es schnell geklärt haben möchten, einfach mehr Zeit und Arbeit notwendig sind, oder aber auch Phasen einer gewissen Verlangsamung des eigenen Tempos sein. Man ist trotzdem handlungs- und entscheidungsfähig.
  • Punkt 2: Akzeptieren Sie, dass es nicht immer „nach oben“ gehen kann. Auch Plateaus haben ihre Berechtigung.
  • Punkt 3: Nutzen Sie Ihre gravitropen Herausforderungen, um weiter wachsen zu können. Wachstum ist kein Selbstläufer, vor allem wenn es um Führungsqualitäten geht.

Wenn Sie sich diese drei Aspekte bewusst halten können, dann ist das Tal, durch das Sie gehen – beispielsweise bei Konflikten im Team oder Herausforderungen im Mittelmanagement – schon gar nicht mehr so tief, denn Sie wissen, es dient letztlich Ihrem persönlichen Wachstum. Versuchen Sie nicht, gegen schwere Zeiten anzukämpfen. Teilen Sie Ihre Gedanken, Emotionen und Learnings im Familien- und Freundeskreis oder mit anderen Führungskräften in Ihrem Netzwerk – reflektierte Erfahrungen, ob eigene oder die anderer, sind ein Gewinn.

1 Die Metapher stammt von dem amerikanischen Business-Coach Myron Golden.

Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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