Praxismanagement 12.03.2025

TRAIN your BRAIN: Augen auf beim „Blinden Fleck“!



TRAIN your BRAIN: Augen auf beim „Blinden Fleck“!

Foto: Lustre Art Group – stock.adobe.com

Wie gut performen Sie als Führungskraft? Schwierige Frage, ohne dass die Kriterien, nach welchen Ihre Performance gemessen wird, geklärt sind.

Zahnärztin, Trainerin für zahnärztliche Hypnose und Kommunikation und ZWP-Autorin Dr. Carla Benz steckt genau diese Kriterien ab und schlägt im zweiten Teil ihrer Reihe eine neue mentale Fitnessübung vor.

Übung 2 – konsequente Selbstrefelexion

Die aktuelle mentale Fitnessübung hat es in sich. Sie angemessen zu erläutern, könnte ein mitteldickes Buch füllen. Dies soll mich aber nicht daran hindern, sie Ihnen so kurz, aber präzise wie möglich vorzustellen. Es geht um die Reflexion Ihnen unbewusster Persönlichkeits- und Verhaltensmuster – den „Blinden Fleck“ Ihres eigenen Selbstbildes. Wenn Sie eine Führungs­person sein wollen, die sich von anderen unterscheidet, dann sollten Sie sich das Folgende be­wusst machen: Ihre Praxis mit Ihren Mitarbeiten­den, Ihren Patienten und Ihren Zahlen ist Ihr Spiegel und offenbart Ihnen schonungslos Ihre Performance.

Ihr Team und Sie – ein sensibles Mobile

Machen Sie das Gedankenexperiment und be­trachten Sie Ihre Praxis einmal als Mobile. Inner­halb dieses sensiblen Ensembles machen Sie das oberste Teil aus. Wenn Sie sich bewegen, dann bewegen sich die restlichen Teile – je nach Ver­bindungsstruktur – immer in der Folge. Entschei­dend ist, dass sich kein Teil bewegen kann, ohne, dass dies eine kinetische Konsequenz für das Ganze hätte.

Die Metapher des Mobiles lässt sich gut auf die Gruppendynamik eines Praxisteams übertragen. Dieses Wissen ist auch für Ihre mentale Gesund­heit aus einem Grund besonders entscheidend: Auch wenn es nicht so scheint, haben Sie im­mer einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Gruppendynamik in Ihrer Praxis. Und wenn es im Team „rund“ läuft, dann geht es rückwirkend auch Ihnen gut. Aber wie gelingt es Ihnen, auf eine möglichst ausgewogene, ja positive Atmosphäre einzuwirken?

Die Lösung ist einfach und schwierig zugleich, und ist außerdem wieder gut mit der Metapher des Mobiles zu verdeutlichen: Konsequente Selbst­reflexion.

Die Wirkung unbewusster Persönlichkeitsmerkmale

Ihre unbewussten Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale können Ihr Praxisgefüge ordentlich ins Wanken bringen. Da dies auf einer Ihnen unbewussten Ebene geschieht, wissen Sie nicht, warum die Dinge nicht „gut“ laufen. Zur Verdeutlichung habe ich ein Beispiel aus der Praxis:

Das Beispiel berichtet ein angestellter zahnärztlicher Kollege einer großen Mehrbehandler­praxis in der die Stimmung im Team seit Länge­rem schlecht ist. Es gibt viele Krankmeldungen und einige Kündigungen. Das Engagement der Mit­arbeitenden lässt zu wünschen übrig. Die viele Arbeit muss von den übrigen Zahnärzten kom­pensiert werden. Daher organisiert der Praxisinhaber eine Inhouse-Schulung zum Thema „Teamleitung in der Zahnarztpraxis“ für alle angestellten Zahnärzte und sich selbst. Im Nachgang berichtet der Kollege, wie der Chef gemeinsam mit der Praxismanagerin, die eigene Schulung torpedierten. Die engagierten Ideen der Teilnehmenden wurden belächelt, Lösungsvorschläge für vorliegende Probleme wurden abgetan. Der betroffene Kollege ärgert sich sehr über die blinde Ignoranz seines Chefs, in dem von sich selbst gewählten Seminar.

Offensichtlich hat der Chef nicht über seine eigene Rolle in der Sache reflektiert. Ganz im Gegenteil scheint ihm seine eigene Rolle und die Wirkung dieser auf das gesamte Team überhaupt nicht bewusst zu sein. Er scheint völlig „blind“ dafür zu sein.

Der „Blinde Fleck“

Die Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham illustrierten die unbewussten Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale 1955 mit dem „Blinden Fleck“ unseres Selbstbildes. Dieser steht symbolisch für Anteile unserer Persönlichkeit und unseres Verhaltens, für die wir kein Bewusstsein haben, die aber für unsere Mitmenschen und Beziehungen von maßgeblicher Bedeutung sein können. Sinngemäß haben wir kein Bewusstsein für unseren eigenen „Blinden Fleck“, können jedoch durch unsere Mitmenschen sowie unsere Umgebung (das Gefüge, in dem wir selbst auch hängen) darauf hingewiesen werden.

Der erste Schritt

Zu wissen, dass Sie bezüglich Ihres Verhaltens einen eigenen Blinden Fleck haben, ist immerhin schon der erste Schritt auf dem Weg, eine Führungs­persönlichkeit zu werden, die sich von anderen unterscheidet. Im Folgenden sollten Sie Ihre eigenen Sensoren schärfen, welche Informationen Sie unter ­Umständen unbewusst aussenden. Im oben genannten Beispiel hat der Praxisinhaber kein Bewusstsein für seine Position im sinnbildlichen Team-Mobile, weshalb sich auch mit Seminaren und Schulungen nichts verändern wird.

Fitnessübung – Rollentausch

Als Fitnessübung empfehle ich Ihnen, sich ab und zu Zeit zu nehmen, um sich selbst aus der Perspektive der Fremdwahrnehmung zu betrachten. Nehmen Sie dazu gänzlich die Rolle einzelner Teammitglieder ein und empfinden Sie nach, wie Sie und Ihr Verhalten auf diese Person wirken. Welche Emotionen lösen Sie aus? Welche Reaktionen provoziert Ihr Verhalten? Wann immer ich dieses Rollenspiel mit Kursteilnehmern durchführe, ist zunächst die Skepsis groß, die Selbsterfahrung dann jedoch überwältigend und lohnenswert. Als mentale Fitnessübung behalten Sie bitte das Stichwort Blinder Fleck im Kopf. Nutzen Sie Ihr eigenes Spiegelbild als Erinnerung dafür, Ihre eigenen unbewussten Persönlichkeits- und Verhaltensmuster durch Ihre Mitmenschen zu ergründen, nehmen Sie ab und zu deren Rolle ein und erspüren Sie Ihre eigene Wirkung auf andere.

Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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