Praxismanagement 17.04.2014

Zusammenführung zweier Einzelpraxen



Zusammenführung zweier Einzelpraxen

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Teil 2: Einstieg in die gemeinschaftliche Berufsausübung

Der Trend zu größeren Praxiseinheiten entwickelt sich dynamisch. Bei geplanten Veränderungen sind für die beteiligten Zahnärzte sowohl betriebswirtschaftliche als auch juristische Facetten relevant. Im Rahmen einer kleinen Serie schildern die Autorinnen einige Beispielfälle aus ihrer fachübergreifenden Beratung von Zahnarztpraxen.

Der zweite Teil der Serie befasst sich mit zwei Einzelpraxisinhabern, deren Praxen räumlich nah beieinander liegen. Die beiden kennen sich gut, pflegen ein wertschätzendes nachbarschaftliches Miteinander und verfügen über vergleichbare „Rahmendaten“: Mittleres Lebensalter, bis zum Ruhestand sind es noch rund 15 Jahre, die Praxiseinrichtungen sind in die Jahre gekommen, es stehen größere Investitionsentscheidungen an. Speziell in dieser Lebensphase wird gerne ebenso leidenschaftlich wie kontrovers diskutiert, ob die klassische Einzelpraxis langfristig überhaupt noch ein taugliches Zukunftsmodell sein kann.

Kristallisationspunkte sind:

  • Investitionsnotwendigkeit, um up to date zu bleiben
  • Relevanz von hochqualifiziertem Personal
  • serviceorientierte Behandlungszeiten
  • fachliches Spektrum – Spezialisierungsmöglichkeiten
  • Wunsch nach vertrauensvollem kollegialen Austausch
  • betriebswirtschaftliche Optimierung

Unsere Mandanten haben die Frage für sich beantwortet und eine Entscheidung für die Zusammenlegung der beiden Betriebe in den Räumen der größeren Praxis getroffen. Im Rahmen der nachfolgenden Beratung stellte sich ein extremes wirtschaftliches Ungleichgewicht der Praxen heraus; unter anderem erkennbar an Patientenfallzahlen und Praxisgewinn und persönlichen Vermögensstatus. Über verschiedene Gesprächsetappen wurde dafür schließlich eine anfangs eher unerwartete Lösung gefunden: Partner A gibt die Selbstständigkeit auf, verkauft seine Praxis an Partner B und lässt sich von ihm anstellen.

In der Folge war zu entscheiden, ob nur der materielle oder auch der immaterielle Praxiswert veräußert werden soll. Für einen Verkauf ausschließlich des materiellen Teils könnte sprechen, dass dann unter Umständen kein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB vorliegt und insoweit die bestehenden Arbeitsverhältnisse der zu kaufenden Praxis nicht übernommen werden müssen. Allerdings sollte hier ein besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung des Kaufvertrages gelegt und explizit eine Übertragung des Goodwills beziehungsweise des Patientenstamms ausgeschlossen werden. Der ausschließliche Verkauf des materiellen Wertes kann auch deshalb interessant sein, weil vom Goodwill-Verkaufserlös nach Steuern ohnehin nur ein Bruchteil übrig bliebe.

An die Stelle der einmaligen Vereinnahmung dieser Summe tritt ein Gehaltsplus auf Dauer: Rein wirtschaftlich behandelt Partner A in dieser Konstellation weiterhin primär seine eigenen Patienten. Daraus folgt, dass im Vergleich zu üblichen Anstellungskonditionen eine höhere umsatzabhängige Vergütungskomponente gerechtfertigt ist, die sich nachhaltig positiv auf die Gehaltseinkünfte des verkaufenden Partners auswirkt. Wird ausschließlich das materielle Praxisvermögen übertragen, kann der Erwerber kein Wettbewerbsverbot zulasten des Veräußerers beanspruchen. Der Goodwill wurde nicht übertragen, sodass der Verkäufer diesen weiterhin uneingeschränkt nutzen kann. Das war für den konkreten Praxis fall die beste Lösung.

Erfolgreiche Zusammenarbeit

Um sich mit gutem Gefühl auf das gemeinsame Konzept einlassen zu können, sind nicht nur finanzielle und rechtliche Absprachen wichtig. Elementare Bedeutung hat auch der möglicherweise moderierte Austausch zu den vielen kleinen Themen, die sowohl für ein harmonisches Miteinander als auch eine attraktive wirtschaftliche Performance zentral wichtig sind. Dazu gehört beispielsweise:

  • klare Festlegung von Aufgaben- und Verantwortungsbereichen der Zahnärzte
  • einvernehmliche Entscheidung für eine Praxissoftware
  • Verständigung auf ein bestenfalls einheitliches Therapiekonzept (Alternativen, Behandlungsschritte, Materialien etc.)
  • Absprachen zu internen Patientenüberweisungen für die Spezialgebiete der Behandler
  • Umgang mit der Prophylaxe, Entwicklung einheitlicher Sprachregelungen und Behandlungsabläufe
  • Erarbeitung eines für beide Zahnärzte akzeptablen Schichtplansystems
  • Vereinheitlichung von Preisen für Selbstzahler-/Zuzahlerleistungen
  • Vereinbarung zur Verteilung der Neupatienten
  • Verständigung auf die Kernfelder der weiteren Praxisentwicklung (z.B. CEREC, Erweiterung des Therapieangebotes, Marketingkonzept, Teamfragen etc. )

Darüber hinaus muss die unter Umständen gewünschte Übernahme einzelner Arbeitsverhältnisse der Verkäuferpraxis sorgfältig ausgestaltet werden. Käme ein Arbeitsgericht bei einer Überprüfung des Vertragswerkes zu dem Schluss, dass de facto eine Fortführung der Praxis vorgelegen hat und das immaterielle Praxisvermögen ausschließlich zur Umgehung des § 613a BGB nicht mitübertragen wurde, könnte es der Auffassung sein, dass tatsächlich doch ein Betriebsübergang und damit auch ein Übergang aller Arbeitsverhältnisse vorliegt.

Zwingend zu berücksichtigen für den anstellenden Zahnarzt sind zudem die Regelungen des § 4 Abs. 1 Bundesmantelvertrag Zahnärzte. Hiernach kann jeder mit einem vollen Versorgungsauftrag versehene Vertragszahnarzt jeweils zwei vollzeitbeschäftigte bzw. vier halbzeitbeschäftigte Zahnärzte anstellen. Im konkreten Fall ist durch den Wechsel von Partner A in die Anstellung eine Vollzeitbeschäftigung bereits belegt. Ferner ist zu entscheiden, wie der anzustellende Zahnarzt in Zukunft haftpflichtversichert sein soll. Es ist insbesondere zu überprüfen, welche Versicherungsgesellschaften bislang zuständig waren und welche Deckungssummen versichert sind.

Es bietet sich in der Regel an, den anzustellenden Zahnarzt in die Haftpflichtversicherung des anstellenden Zahnarztes aufzunehmen, um die Übereinstimmung der wichtigsten Parameter und vor allem die klare Zuständigkeit der Versicherungsgesellschaft zu gewährleisten.

Zusammenführung der Praxisteams

Unabhängig davon, in welcher rechtlichen Konstellation die Praxispartner zukünftig zusammenarbeiten wollen: In jedem Fall bietet eine sensible Informationspolitik unschätzbare Vorteile: Der Zusammenschluss von zwei Teams fordert die Emotionen heraus. Es empfiehlt sich dringend, mit professioneller Methodik zu arbeiten, die die Mitarbeiter menschlich und atmosphärisch abholt, vertrauensbildend wirkt, Teamgeist fördert und die Kräfte systematisch auf gemeinsame Zukunftsziele konzentriert. Ein planvoller Teamentwicklungsprozess umfasst beispielweise folgende Komponenten:

  • frühzeitige, offene und vor allem auch positive Kommunikation (zeitgleiche Teambesprechungen in beiden Praxen, vorherige Abstimmung der Inhalte, Erläuterung der Beweggründe und Zukunftsziele, offenes Visier, Ehrlichkeit)
  • moderiertes Kennenlernen, gemeinsame Kick-off-Veranstaltung
  • dichte Beteiligung der Mitarbeiter/-innen an dem Aufbau der zukünftigen Praxisstrukturen (Teamworkshops)
  • bewusstes Eingehen auf die „Schlüsselpersonen“ der beiden Praxisteams
  • gemeinsamer Aufbau des zukünftig gültigen Regelwerkes (Aufgabenund Verantwortungsklarheit, kleinteilige Festlegung der Ablaufprozesse in der Praxis, Belegung der Schichten etc.) in tätigkeitsorientiert gebildeten Gruppenarbeiten
  • schriftliche Dokumentation der gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse, jeder bekommt eine Ausfertigung
  • Betonung der Verbindlichkeit erarbeiteter Regelwerke für ausnahmslos alle Teammitglieder
  • Etablierung eines Modus der Kontrolle und systematischen Weiterentwicklung
  • persönliche Einwirkung der Praxisinhaber bei atmosphärischen Störungen oder organisatorischen Fehlentwicklungen

Die Relevanz dieses Handlungsfeldes kann nicht oft genug betont werden, denn der betriebswirtschaftliche Erfolg des Praxiszusammenschlusses hängt zentral von einer gelingenden Teambildung in Kombination mit planvoller Organisationsentwicklung ab. Ein größerer Praxisbetrieb braucht zwangsläufig ein dichteres internes Regelwerk, um effizient zu funktionieren.

Praxiscontrolling

Die ergänzende Verankerung eines betriebswirtschaftlichen Praxiscontrollings verschafft ein sicheres Gefühl und bietet pragmatischen Nutzen. Dazu lesen Sie mehr im dritten Beitrag dieser Serie.

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