Praxismanagement 09.08.2013

Ruhestand des Praxispartners – wie geht es weiter?



Ruhestand des Praxispartners – wie geht es weiter?

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Im ersten Teil der Serie geht es um eine langjährig etablierte, wirtschaftlich sehr erfolgreiche Gemeinschaftspraxis mit zwei gleichberechtigten Partnern. Die beiden Gesellschafter betreiben unter dem Dach der Gemeinschaftspraxis ein breit gefächertes Therapiekonzept; jeder hat sein eigenes Prophylaxe- und Assistenzteam.

Der Mitarbeiterstamm umfasst rund 15 Personen inklusive eines angestellten Zahnarztes. Der ältere Partner hat das Rentenalter erreicht. Über einen längeren Zeitraum suchte er einen Praxisnachfolger. Es gab auch einige Interessenten, er konnte jedoch seine Kaufpreisvorstellung nicht durchsetzen. Natürlich ist ihm auch daran gelegen, eine Person zu finden, die harmonisch ins Gesamtgefüge passt. Der jüngere Partner verfolgte die Aktivitäten aufmerksam; schließlich will er mit dem zukünftigen Partner ebenso vertrauensvoll zusammenarbeiten wie mit dem jetzigen. Die Zeit verging, ohne dass ein Zukunftsweg gefunden werden konnte. In dieser Phase wurde uns das Mandat angetragen mit der Bitte um Inspiration und gemeinsame Lösungsfindung.

Solche Entscheidungssituationen sind für alle Beteiligten eine Herausforderung. Nach unserer Überzeugung sieht die nachhaltig glückliche Lösung nicht nur das juristisch und betriebswirtschaftliche Funktionierende, sondern befasst sich auch mit den Menschen, die dahinter stehen: Die persönliche Lebenssituation der Gesellschafter, ihre jeweilige finanzielle Lage, ihre individuellen Antriebsfedern und Belastungsgrenzen sind zu hinterfragen. Ferner ist es sinnvoll, auch die anstehenden Veränderungen für das Praxisteam und die späteren organisatorischen Anpassungen frühzeitig im Blick zu haben.

Finanzen analysieren

Kernthema war in dieser Praxis zunächst die ausgewogene finanzielle Lösung für den Praxiskaufpreis. Dafür wurden Fallzahlen und diverse Honorarstatistiken systematisch analysiert, Kostenstrukturen erhoben, zukünftig angepeilte Leistungen und Umsatzgrößen diskutiert, Hochrechnungen erstellt und ein Preiskorridor errechnet. Auf Basis der damit erreichten Zahlentransparenz und Planungssicherheit entschied der jüngere Partner schließlich, den Praxisanteil selbst zu kaufen, also die Gemeinschaftspraxis auf eine Einzelpraxis umzustellen, die fortan mit zwei angestellten Zahnärzten arbeitet.

Die Parteien wurden sich einig darüber, dass der Verkäufer auch nach seinem Ausscheiden als Gesellschafter noch zwei oder drei Jahre für den Erwerber tätig sein sollte. Um den Steuervorteil, welcher dem Verkäufer aufgrund der Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit zustand, nicht zu verlieren, war die Begründung eines Anstellungsverhältnisses hierfür die einzige Möglichkeit. Im vorliegenden Fall waren beide Parteien zu je 50 Prozent am Praxisvermögen beteiligt, sodass im Rahmen eines Praxisanteilsübertragungsvertrages der Verkauf der restlichen 50 Prozent, das Ausscheiden des Verkäufers aus der Gesellschaft sowie dessen anschließende Tätigkeit für den Käufer geregelt werden mussten. Wichtig ist hier eine dezidierte Rechnungsabgrenzung, um die Haftung für die Verbindlichkeiten nach dem Zeitpunkt des Verkaufes für den Ausscheidenden auszuschließen.

Daneben ist auch sicherzustellen, dass Forderungen ab dem Verkaufszeitpunkt allein dem Praxiskäufer zustehen und Regelungen festgelegt werden, wie mit Verbindlichkeiten umgegangen wird, welche zwar aus der Zeit der gemeinsamen Tätigkeit herrühren, jedoch erst nach dem Verkauf bekannt werden. In diesem Stadium sind in der betriebswirtschaftlichen Beratung neben einer passgenauen Finanzierungslösung für den Erwerber auch Konditionen für den nachlaufenden Anstellungsvertrag des Praxisverkäufers zu entwickeln. Hierbei ist darauf zu achten, dass zwar die Kombination eines Festgehaltes mit einer umsatzabhängigen Vergütung grundsätzlich möglich ist, die umsatzabhängige Komponente aber keinen zu großen Anteil am Gesamtgehalt haben darf: Weil die Finanzbehörden ansonsten davon ausgehen, dass der Verkäufer seinen Patientenstamm weiterhin nutzt und damit die für die Geltendmachung des Steuervorteils notwendige vollständige Übertragung des Patientenstammes auf den Erwerber nicht vorliegt. Im konkreten Fall wurde für die Anstellungskonditionen die umsatzabhängige Vergütungskomponente mit einer zweistufigen Quotenstaffel entwickelt und eine umsatzabhängige Komponente für die in dem AbgeberTeam sehr hohen Prophylaxeleistungen hinzugefügt. Um spätere Enttäuschungen zu vermeiden, ist es unverzichtbar, die konkreten Zahlen anhand realistischer Umsatzplanungen in ihrer finanziellen Auswirkung für beide Parteien für mehrere Zukunftsjahre konkret durchzurechnen, die Ergebnisse präzise zu erläutern und gegebenenfalls gemeinsam nachzujustieren.

Konkurrenzschutz definieren

Für den Erwerber ist auch die Vereinbarung eines rechtswirksamen Konkurrenzschutzes von entscheidender Bedeutung. Ein solcher ist auf die Dauer von zwei Jahren beschränkt und muss räumlich sehr genau definiert werden, um einer eventuellen späteren gerichtlichen Überprüfung standzuhalten. Im vorliegenden Fall war zudem die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Konkurrenzschutz nicht wie üblich im Anschluss an das Ausscheiden des Verkäufers aus der Gesellschaft beginnen musste, sondern erst im Anschluss an die Beendigung seiner Tätigkeit als angestellter Zahnarzt für den Erwerber. Nachdem die Verträge geschlossen und die Praxis einige Wochen später übertragen wurde, richtete sich der Blick auf Management und Führung: Es wurde ein betriebswirtschaftliches Controlling installiert, das dem nun alleinverantwortlichen Inhaber in seiner stark gewachsenen kaufmännischen Aufgabenstellung stützt und leitet. Ferner auch die Daten liefert für die umsatzabhängige Vergütung des Kollegen. Darüber hinaus wurde mit systematischer Teamarbeit angesetzt: Die Mitarbeiter/-innen brauchen Aufgabenklarheit und eine wirksame Führungskultur, um sich in der neuen Konstellation zurechtfinden und einen positiven Beitrag zum Praxisergebnis beitragen zu können.

Im Rahmen des nächsten Beitrages stellen wir unter anderem dar, mit welcher Methodik die praxisinterne Organisationsentwicklung und Bündelung der Teamkräfte auf die zentralen Zukunftsziele der Praxis gelingt.

Positionierungs-Leitfaden für mehr Erfolg im Praxismarketing
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