Psychologie 08.03.2013

Konflikte mit „der Neuen“



Konflikte mit „der Neuen“

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An dieser Stelle können unsere Leser der langjährigen ZWP-Autorin Dr. Lea Höfel Fragen im Bereich Psychologie stellen – in Bezug auf Patienten, das Team und sich selbst. Die Fragen und Antworten finden Sie hier redaktionell aufbereitet wieder. In dieser Ausgabe der ZWP geht es um ein faires Miteinander innerhalb des Zahnarztteams. Psychologin Dr. Lea Höfel antwortet.

Anfrage: Bis vor Kurzem arbeiteten in meiner Zahnarztpraxis ich als Zahnarzt und vier Helferinnen. Die Schwerpunkte der einzelnen Personen sind unterschiedlich gelagert, sodass jede ihre persönlichen Stärken optimal einbringen kann. Bisher konnte ich mich hundertprozentig auf alle verlassen, ohne jeden Schritt zu überprüfen. Da es im Rahmen des Qualitätsmanagements zu Unstimmigkeiten und Lustlosigkeit kam, habe ich auf Stundenbasis eine weitere sehr erfahrene Dame eingestellt, die dafür zuständig sein soll, die Praxisabläufe nach den Vorgaben des Qualitätsmanagements zu optimieren und die Kolleginnen zu motivieren. Die erwünschten Erfolge bleiben jedoch aus, da meine bisherigen Mitarbeiterinnen den Anweisungen der Kollegin nicht Folge leisten. Zudem beschweren sie sich, dass ich „die Neue“ bevorzugen würde und dass ich ihnen nicht trauen würde. Wie kann ich meine Idee der guten Zusammenarbeit und der Erfüllung der QM-Richtlinien umsetzen? Vorab möchte ich erwähnen, dass Ihre Anfrage redaktionell etwas gekürzt wurde. Ich hoffe, es wird auch bei der verkürzten Version deutlich, dass Sie Ihren Mitarbeiterinnen großes Vertrauen entgegenbringen und alles daran setzen möchten, dass sie weiterhin zufrieden und interessenorientiert arbeiten können. Sie haben Ihre Mitarbeiterinnen bisher relativ selbstständig je nach Kompetenzbereich arbeiten lassen. In der momentanen Situation scheint es sich um zwei Formen des Konflikts zu handeln. Zum einen ist ein Zielkonflikt aufgetreten.

Sie möchten gern die QM-Richtlinien auf hohem Niveau erfüllen, während ihr bisheriges Team sich dafür nicht zuständig fühlt. Zum anderen wird ein Verteilungskonflikt deutlich. Das alte Team fühlt sich durch die neue Kollegin bedroht und fürchtet, dass diese bevorzugt wird. Es ist für sie alle wichtig, diese Konfliktarten getrennt voneinander zu klären. Zielkonflikt klärenSie beschreiben bei dem Thema Qualitätsmanagement „Unstimmigkeiten und Lustlosigkeit“. Was sich genau dahinter verbirgt, kann ich an dieser Stelle nur erahnen. Möglicherweise empfinden es Ihre Angestellten als zu viel Bürokratie, als zu strukturiert oder als kontrollierend. Häufig bedeu-tet Qualitätsmanagement eine Umstellung der Abläufe bei gleichbleibender Routine, was kaum möglich ist. Auch wenn es Ihr Team gewohnt ist, sehr selbstständig arbeiten und entscheiden zu dürfen, kann es sich an diesem Punkt nicht den Vorgaben entziehen. Sie haben sich von der neuen Angestellten erhofft, dass diese den Part übernimmt, Ihr Team zu motivieren. Dennoch ist es Chefsache, das Team darauf vorzubereiten. Ansonsten kommt es zur Ablehnung der Kollegin, die in der Hierarchie an sich keine Vorgesetzte ist und doch teilweise die Rolle einer solchen übernehmen soll. Sie möchten als Chef das Qualitätsmanagement optimieren und das muss Ihren Angestellten klar sein. Die neue Kollegin ist dafür da, diesen – Ihren – Wunsch umzusetzen. Erläutern Sie, vielleicht gemeinsam mit der neuen Kollegin, weshalb QM-Maßnahmen wichtig sind, um die Bereitschaft für die Sache an sich zu erhöhen. Sobald das geklärt ist, können Sie sich dem Verteilungskonflikt widmen.

Verteilungskonflikt klären

Bei einem Verteilungskonflikt geht es immer darum, dass angenehme Dinge (z.B. Gehalt, Lob, Vorteile bei der Urlaubsplanung) und unangenehme Aspekte (z.B. Notdienste, Müllentsorgung) ungleich verteilt zu sein scheinen. Sie haben eine Mitarbeiterin eingestellt, die neu ins Team kommt und bisherige Abläufe überprüfen und gegebenenfalls verändern soll. Was bei der Verteilung der angenehmen Dinge wahrgenommen wird, ist beispielsweise, dass „die Neue“ mehr Aufmerksamkeit von Ihnen erhält und dass sie eine höhere Position einnimmt als der Rest des Teams. Möglicherweise fühlt sich das Team auch bei den negativen Aspekten benachteiligt. „Die Neue“ muss keinen Müll entsorgen und darf unabhängig von der Fülle des Wartezimmers pünktlich zum Feierabend die Praxis verlassen. Da sie zudem in das Arbeitsgeschehen der anderen eingreifen darf, ist es nicht wirklich verwunderlich, dass sie als Bedrohung wahrgenommen werden kann. Es ist in dieser Konstellation wichtig, dass Sie Ihren bisherigen Mitarbeiterinnen erklären, dass die neue Mitarbeiterin da ist, um den alten Team-mitgliedern unangenehme Aufgaben abzunehmen. Keine war wirklich daran interessiert, sich der Thematik Qualitätsmanagement anzunehmen. Dass es jetzt nötig ist, haben Sie vorab geklärt (siehe Zielkonflikt klären). Die neue Kollegin übernimmt also mit Freude die Bereiche, die für die anderen langweilig und scheinbar sinnlos sind. Vielleicht erwähnen Sie auch noch zwischendurch, dass „die Neue“ nur auf Stundenbasis angestellt ist und somit niemandem den Arbeitsplatz streitig macht. Loben Sie Ihr Stammteam für die bisherigen und andauernden guten Leistungen, die es für die Zahnarztpraxis erbringt. Mit einem klaren Ziel vor Augen und einer transparenten Aufgabenteilung wird „die Neue“ das Praxisteam nicht mehr radikal verändern, sondern unterstützend ergänzen.

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