Psychologie 27.08.2024

Zwischen Streben und Sein: Vom richtigen Dreh des Glücklichbleibens



Zwischen Streben und Sein: Vom richtigen Dreh des Glücklichbleibens

Foto: JenkoAtaman – stock.adobe.com

Dieser Artikel ist unter dem Titel „Vom richtigen Dreh des Glücklichbleibens“ in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

Das Wichtigste im Leben eines Menschen – und das würde sicherlich eine große Mehrheit der Leserschaft bestätigen – ist die Gesundheit. An zweiter Stelle liegt häufig direkt das Streben nach Glück. Doch das vermeintliche Paradies auf Erden, nämlich immerzu glücklich zu sein, ist utopisch. Denn selbst wenn wir einen Zustand absoluter Vollkommenheit für einen längeren Zeitraum erreichen sollten, käme unwillkürlich Langeweile auf und mit ihr die Unzufriedenheit. Nicht umsonst spricht man von „Glücksmomenten“, eben weil sie nie von Dauer sein können. Das einzig Stetige ist der Wechsel, die Veränderung. Ein Plädoyer für das kontinuierliche Streben nach neuen Herausforderungen in der Zahntechnik.

Erinnern Sie sich noch? Was war das schwer, die allererste Krone zu modellieren, doch nach ihrer Fertigstellung und Abnahme gab es diesen einen Glücksmoment – welch unbeschreibliches Gefühl! Doch wie sieht es nach der hundertsten oder tausendsten Krone aus? Sind wir ganz ehrlich, hat es eine gewisse Routine, die Glücksmomente allmählich verblassen lassen. Nach dem Erreichen des Ziels, auf das man all seine Energie verwendete, folgt im nächsten Augenblick eine Leere, da die Ausschüttung von Endorphinen nach Beendigung der Leistung ebenfalls endet. Es entsteht eine Art Vakuum und man fällt sinnbildlich in ein Loch, da die Arbeit abgeschlossen ist.

Und noch eine weitere Komponente ist entscheidend für unser Glück – die spielerische. Menschen lieben es einfach zu spielen. Die glücklichsten Personen, die ich kenne, leiten Firmen und Unternehmen, sind aber eigentlich nur am Spielen, denn sie nehmen ihr Leben, ihre Arbeit und ihre Umwelt in gewisser Weise spielerisch leicht. Indem sie ein selbst gesetztes Ziel erreichen, sie also den Erfolg spüren, kommt jedoch postwendend das Ende des „Spiels“. Wie schade! Erinnern Sie sich beispielsweise noch an diesen magischen Würfel mit den sechs Farben? Wochenlang wurde probiert, getüftelt und gedreht. Und irgendwann hatten Sie im wahrsten Sinne des Wortes „den Dreh raus“: Die Herausforderung des Würfels, die Sie einst Wochen in den Bann gezogen hatte, war bestanden – sei es allein oder mit Hilfe, Sie waren am Ziel. Das Beispiel lässt sich leicht auf den zahntechnischen Alltag übertragen, z. B. auf die Keramikschichtung.

In jahrelanger Spezialisierung und aufwendiger Handarbeit haben Sie Ihre Technik Stück für Stück verfeinert, haben Schicht für Schicht kleine Kunstwerke entstehen lassen, die es mittlerweile unmöglich machen, Zahnersatz und natürlichen Zahn noch auseinanderzuhalten. Ihr „Spiel“ war unermüdlich, die Kopien der Natur wurden immer besser – Sie verspürten den gewissen Kick. Doch mit dem Erfolg stellte sich auch hierbei ein Stück weit Routine ein. Obwohl jede zahntechnische Arbeit individuell ist und der Lohn – das Lächeln des glücklichen Patienten – auf dem Fuße folgt, macht sich nach jeder Eingliederung auch eine gewisse Traurigkeit breit, da der Erfolg das „Spiel“ beendete. Der anfängliche Kick wird vermutlich auch hier seltener, je besser Sie den Dreh raushaben. Was bleibt, ist die Option, andere an Ihren Qualitäten teilhaben zu lassen – sei es in der Wissensvermittlung unter Kollegen oder sogar als Referent bei entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen. Der Zuspruch von außen macht stolz und motiviert zugleich zu mehr.

Fazit

Um langfristig glücklich sein zu können, sollten Sie sich immer wieder selbst herausfordernde Ziele setzen. Den größten Benefit erreichen Sie, wenn Sie den Weg zum großen Ziel in kleine Etappen aufteilen, kleine Zwischenziele, die Ihnen jeweils schöne Glücksmomente bereiten. Haben Sie Ihre Aufgabe erledigt und das gesteckte Ziel erreicht, folgt oft eine Art Blues, der betrüben kann, denn nur Aktivitäten, Einsatz und Bewegung sind die Garanten für das Ausschütten von Dopamin. Fehlen Ihnen also diese Zwischenschritte, droht Ihnen der sinnbildliche Fall ins Loch des Unglücks. Die Lösung hierfür ist, dass Sie sich für diesen Zeitpunkt schon ein neues Projekt auserkoren haben sollten. Haben Sie etwa eine gesunde Routine im Bearbeiten von Kronen, brauchen Sie als neues Ziel vielleicht eine ebensolche im Fertigen von Brücken. Haben Sie im Idealfall immer ein oder zwei weitere Herausforderungen oder Projekte in petto – aus der Vorfreude darauf ergibt sich ganz von selbst jede Menge Energie, die Sie kontinuierlich vorantreibt, ohne dass Sie sie im Unterbewusstsein zum jetzigen oder zum nächsten Projekt klar zuordnen können. Freuen Sie sich darauf und genießen Sie Ihren „Arbeitsspass“ beim Spielen!

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