Psychologie 23.02.2021

Zeiträuber der Digitalisierung: Vom Konsumverhalten zum Nutzverhalten



Zeiträuber der Digitalisierung: Vom Konsumverhalten zum Nutzverhalten

Foto: © Evgeniy Yatskov – Shutterstock.com

Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind überwältigend. Wenn Sie nicht aufpassen, umschlingt Sie der Krake mit seinen Armen aus Prime, Twitch, WhatsApp, Netflix, Google, Joyn, Mail, YouTube, Instagram, Sky, Clubhouse und Disney+ und lässt nicht mehr los. Ganz abgesehen von den Zeiträubern auf Smartphone und Tablet. Die folgenden Vorschläge sind ein kleiner Ausschnitt aus vielzähligen Anregungen, die den Alltag erleichtern können.

Eine Abschlussarbeit einer britischen Studentin 2019 zeigt auf, dass allein die vollständige Betrachtung der Neuheiten eines Jahres auf Netflix (neben Schlaf und Essen) 236 Tage, also fast acht Monate, Beschäftigungsmaterial bietet. Das Nutzungs­verhalten in unserer Gesellschaft stellt sich so dar, dass Mil­lennials – also Menschen zwischen 23 und 38 Jahren – im Durchschnitt 13 Jahre ihres Lebens mit Streamingdiensten verbringen. Dabei sind wir Deutschen im Vergleich zum weltweiten Nutzungsverhalten noch im Hintertreffen. Noch viel interessanter, als nur auf das Konsumverhalten zu blicken, ist die Frage, wie wir die Digitalisierung für uns gewinnbringend nutzen können: Welche Wege helfen uns, Zeit zu sparen, und wo lauern die unbewussten Zeiträuber? Was hält Sie auf und welche Tipps bringen Sie nach vorne?

Schwarmwissen nutzen

Früher galt es, sich Wissen zu Arbeitsabläufen, Geräten, Maschinen und Materialien durch Informationen von Kollegen einzuholen. Dies kann auch im digitalen Umfeld gut funk­tionieren:

Auf der einen Seite gibt es die Möglichkeit, sich in Apps direkt zu vernetzen, wie zum Beispiel „muffelforum“, und dort die einzelnen Untergruppen zu verfolgen. Andererseits gibt es Gruppen auf Netzwerken wie Facebook. Dort als Suchbegriffe „Dental“ oder „Zahntechnik“ eingeben, schon bekommen Sie eine Übersicht der verschiedenen Gruppen mit Teilnehmermenge und Ausrichtung angezeigt. Diese eignen sich gut, um über das Schwarmwissen Informationen zu erhalten. Beispielsweise können Sie ein Foto eines unbekannten Konstruktionselements posten, um ­Informationen zum Fabrikat zu bekommen. Oder Sie stellen eine Frage zu einer Neuanschaffung. Über die Menge der Kommentare von Nutzern können Sie einen guten Überblick bekommen. Menschen lieben es, zu helfen.

Diktieren, nicht tippen

Was ist das manchmal für ein hartes Brot, dieses Suchen der Buchstaben auf der Tastatur. Mittlerweile sind die Sprach­erkennungen so gut, dass ich mich jetzt jedes Mal freue, wenn ich meiner digitalen Miss Moneypenny einen Text diktieren darf. Einfach unten neben der Leertaste auf das Mikrofon drücken, schon hört sie zu und kann meine gerade gesprochenen Worte etwas zeitversetzt in dem Text nachverfolgen.

Bewertungen lesen

Da hat man im Netz ein Produkt gefunden, die Beschreibung wird studiert, man ist sicher, die richtige Auswahl getroffen zu haben. Oftmals gibt es Sternebewertungen privater Nutzer.

Durch Zufall sieht man bei der Ansicht der Sternebewertungen, dass es im Bereich von null und einem Stern ebenfalls Feedback gibt.

Sie finden dort Erfahrungen mit Reklamationen sowie Ersatz und finden ein Feedback von Menschen, die relativ neutral ihre ­Erlebnisse schildern. Meine Lehre daraus ist, dass ich nichts mehr im Netz in puncto Werkzeug oder Produkten oder Elek­tronik bestelle, wenn ich vorher nicht die Null- oder Ein-Sterne- ­bewertungen gänzlich gelesen habe.

Spam ist erdrückend

Je länger man eine E-Mail-Adresse besitzt, umso mehr Mails werden einem von unbekannten Adressaten zugesandt. Hier gibt es zwei Möglichkeiten, um dem ganzen Einhalt zu gebieten. Auf der einen Seite kann man in dem Mail-Programm die Absenderadresse blockieren. Das hat bereits eine Reduzierung zur Folge. Doch noch besser ist es, den Button zur Abbestellung der E-Mail zu drücken. Auch wenn dieser Einsatz ein ganzes Wochenende dauern kann. Land, Ort und Adresse der Adressaten sind in den meisten Fällen identisch. Hat man begonnen, sich von einer abzumelden, sind etliche andere auf einmal nicht mehr vorstellig. Von fast 1.000 meiner ungewünschten Mails in den letzten Wochen sind es jetzt nur noch zwanzig – es reicht also aus, einmal die Woche nachzuschauen.

Unnötiges still stellen

Die Hersteller der meisten Apps sind darauf aus, dass diese so oft es geht auch genutzt werden. Hierbei geht es nicht um die Freigabe des Zugriffs auf die GPS-Daten oder die Kontakte. Damit möglichst häufig auf die App zugegriffen wird, sind Animationen voreingestellt. Immer wieder erwischt man sich, wie man mit dem Handy eine Aufgabe erledigen will und dabei von den angezeigten Benachrichtigungen oder Zahlen in der Bildschirmecke verleitet wird, bitte nachzuschauen. Sucht man irgendwann in der App die Möglichkeit, diese Banner und Benachrichtigungen zu minimieren oder abzuwählen, findet man keine Möglichkeit. Trotzdem kann man sich dem entledigen. In den Einstellungen sucht man sich das Icon der App und öffnet hier die Grundeinstellungen für den Dienst. Hier kann man alles abstellen, was von den Aufgaben ablenkt.

Ruhemodus nutzen

Ich wünsche Ihnen, dass sie den Flugmodus an Ihrem Telefon kennen. Hier kann man aktiv alle Informationen oder einen Teil der Informationen zulassen oder abstellen. Dies kann man frei justieren, es muss jedoch jedes Mal aktiv eingeschaltet und natürlich auch wieder aktiv abgestellt werden. Die Krönung ist jedoch der Ruhemodus. Hier kann man eine Tages- oder Nachtzeit festlegen, in der das Telefon oder das Tablet nicht aktiv wird. Alle Informationen kommen trotzdem an, werden jedoch zurückgehalten und zu der vereinbarten Zeit angezeigt. Nichts ist besser für eine geregelte Privatsphäre und einen angenehmen ruhigen Schlaf.

Trotzdem kann man hier noch viel einstellen, sodass man bei dringend notwendiger Erreichbarkeit zum Beispiel durch doppeltes Anklingeln durchgelassen wird. Auch die Beschränkung, für wen etwas gilt, ist einstellbar. So ist man zum Beispiel für die Familie erreichbar, für renitente Kunden aber nicht.

Mittels Brotkorb zu mehr Kommunikation

Wenn man sich unter Freunden trifft, will man mit ihnen kommunizieren und wünscht sich einigermaßen aktive Beteiligung an der Gemeinschaft. Wir kennen das Problem, dass wir, egal ob es das Handy oder die am Handgelenk befindliche Uhr ist, stets von der physischen Kommunikation in die digitale Welt wechseln. Der Reiz ist groß. Abhilfe schafft hier „der Brotkorb“. Im Vorfeld wird sich geeinigt, dass alle Teilnehmer ihre mit sich getragenen digitalen Helfer in den besagten Brotkorb legen. Gleichzeitig wird vereinbart, dass sich diejenigen, die sich vor Ende des Treffens genötigt sehen, ihr persönliches Device herausnehmen zu müssen, den Nachmittag oder den Abend bestreiten (die Rechnung für alle bezahlen) dürfen.

Wichtig hierbei ist, dass alles Digitale in den Korb wandert. Für manche Teilnehmer ist dieser aktive Verzicht auf digitale Kommunikation sehr schwer auszuhalten, für andere ist es eine Leichtigkeit. Doch am Ende sind meist alle überzeugt und der Meinung, es war ein guter Schritt.

Der Beitrag ist in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

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