Recht 06.08.2009
Der Internetauftritt des Zahnarztes - ein schmaler Grat zwischen Patienteninformation und rechtswidriger Werbung
Das Internet hat als Informationsmedium in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Dies erfasst alle Lebensbereiche und macht auch vor dem Gesundheitssektor nicht halt. So ist zwischen 2005 und 2007 in Deutschland die Internetnutzung in Gesundheitsfragen um 13 Prozentpunkte von 44 auf 57 Prozent angestiegen. Im Jahre 2007 hat beinahe jeder dritte Deutsche das Internet mindestens einmal im Monat genutzt, um zu Gesundheitsfragen zu recherchieren, aber auch, um online mit Gleichgesinnten oder Gesundheitsversorgern zu kommunizieren. Immerhin 37 Prozent der Deutschen betrachten das Internet als wichtiges Informations- und Kommunikationsmedium im Zusammenhang mit Fragen der Gesundheitsversorgung.1
Während die Bedeutung der traditionellen Informationsmedien bei der Suche nach gesundheitsbezogenen Informationen lediglich konstant geblieben bzw. für viele Medien sogar zurückgegangen ist, nahm die Bedeutung des Internets signifikant zu.
„Die Ärzteschaft muss sich darauf einstellen, dass die Anzahl der informierten und mündigen Bürger, die sich zu ihren Gesundheitsproblemen im Internet informieren, bevor sie einen Arztbesuch wahrnehmen, immer größer wird“, kommentiert Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch vom Lehrstuhl für Medizinische Informatik der Universität Erlangen-Nürnberg die Ergebnisse der Studie.
Diese gestiegene Nutzung des Internets kann sich der Zahnarzt zunutze machen, um künftige Patienten durch einen ansprechend und informativ gestalteten Internetauftritt auf die Praxis aufmerksam zu machen und über seine Leistungen zu informieren. Das (zahn-)ärztliche Berufsrecht hat in den vergangenen Jahren erhebliche Veränderungen erfahren. So zeigt sich insbesondere eine Tendenz zur behutsamen Liberalisierung des ehemals strengen Werbeverbotes. Ausschlaggebend hierfür ist insbesondere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2001 und 2002 (23.07.2001 – 1 BvR 873/00; 08.01.2002 – 1 BvR 1147/01) festgestellt hat, dass dem Interesse der Bevölkerung an Information besonders Rechnung getragen werden muss.
Ohne Ansehen des gewählten Informationsmediums sind dabei alle Werbeträger, wie z.B. Praxisschild, Briefbogen, Rezeptvordrucke oder Anzeigen sowie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (26.08.2003 – 1 BvR 1003/02) eben auch Internetauftritte gleich zu behandeln. Gleichwohl birgt gerade die Werbung im Internet, nicht zuletzt aufgrund der Ubiquität dieses Mediums, eine Reihe von rechtlichen Fallstricken.
Zunächst sind formale Kriterien zu beachten. So bestimmt etwa das Telemediengesetz Pflichtangaben, die auf der Homepage zwingend zu veröffentlichen sind. Verstöße können nicht nur mit empfindlichen Bußgeldern, sondern auch wettbewerbsrechtlich geahndet werden. Daneben ist auch eine Vielzahl inhaltlicher Vorgaben zu beachten. Maßgebliches Berufsrecht findet sich zunächst in den jeweiligen Berufsordnungen der Länder, die sich teilweise an der „Musterberufsordnung für Zahnärzte“ (MBO-Z) der Bundeszahnärztekammer orientieren. Insbesondere § 21 Absatz 1 MBO-Z sollte beherzigt werden. Danach ist dem Arzt berufswidrige Werbung untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Diese Begriffe sind typische, aber nur beispielhafte Formen berufswidriger Werbung. Die Aufzählung ist daher keinesfalls abschließend. Berufswidrig kann Werbung auch dann sein, wenn Werbemethoden der gewerblichen Wirtschaft übernommen werden.
Der Internetauftritt darf deshalb keine Angaben enthalten, die geeignet sind, potenzielle Patienten über die Person des Arztes, über die Praxis oder die Behandlung irrezuführen und Fehlvorstellungen hervorrufen, die maßgebliche Bedeutung für die Wahl des Arztes erlangen. Dies könnte unter anderem durch mehrdeutige, unvollständige und unklare Angaben und durch verschwiegene Tatsachen geschehen, beispielsweise durch Herausstellen einer nicht gegebenen medizinischen Exklusivität oder durch die Behauptung von Alleinstellungsmerkmalen. Schon bei der Wahl für die Bezeichnung der Internet-Domain ist dies zu berücksichtigen.
Ausdrücklich gestattet ist in § 21 Absatz 1 MBO-Z hingegen die sachliche Information. Diese ist im Hinblick auf das Informationsinteresse des Patienten sogar erwünscht. Die Informationen müssen aber wahr und sachgerecht sein, für den Patienten verständlich dargebracht und im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit vermittelt werden. Mit einem seriösen und informativen Auftritt im Internet kann also auch der Zahnarzt Patienten auf sich aufmerksam machen.
Bei jeglicher Form der Praxispräsentation im Internet müssen neben der MBO-Z eine Reihe von weiteren Vorschriften berücksichtigt werden, die die Werbung von Zahnärzten zusätzlich zur Berufsordnung eingrenzen. Dabei ist besonderes Augenmerk auf mögliche Verstöße gegen Regelungen aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) zu richten. Das HWG verbietet ebenso wie das UWG irreführende Werbung und enthält in § 11 einen Katalog von 15 Verboten für gewisse Erscheinungsformen der Publikumswerbung.
Für die Gestaltung des Internetauftritts besonders relevant sein dürfte das Verbot, außerhalb der Fachkreise mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen oder fachlichen Veröffentlichungen, der Wiedergabe von Krankengeschichten und Behandlungserfolgen (z.B. „Vorher-Nachher“-Bilder) sowie unter Verwendung fach- und fremdsprachlicher Bezeichnungen, die nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind, zu werben.
Im Ergebnis kommt es für die Entscheidung, was (noch) zulässige „sachliche Information“ oder aber (schon) „standes- oder sonst rechtswidrige Werbung“ ist, auf die konkrete Ausgestaltung von Form, Inhalt und Umfang und die Bewertung im Einzelfall an. Häufig wird hierfür der Rat eines entsprechend versierten Anwalts notwendig sein. Keinesfalls sollte die Gestaltung des Internetauftritts „auf die leichte Schulter“ genommen werden: neben standesrechtlichen Konsequenzen drohen auch und vor allem Abmahnungen und Unterlassungsklagen, die mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sein können.
1 Zu diesen Ergebnissen ist eine von der EU geförderte und kürzlich abgeschlossene Studie „eHealth Trends 2005-2007“ gekommen, die der Lehrstuhl für Medizinische Informatik der Universität Erlangen-Nürnberg gemeinsam mit sechs europäischen Partnern durchgeführt hat. Die wesentlichen Ergebnisse im Hinblick auf die Deutschen sind jetzt online publiziert worden und können unter http://www.egms.de/de/journals/mibe/2008-4/mibe000065.shtml eingesehen werden.
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